ChillClip hat geschrieben:Kann die Diskussion hier überhaupt nicht nachvollziehen. Hier wird so getan, als ob in USA nur geniale Filme gemacht werden, dabei wird dort lediglich eine Unmenge mehr produziert. Da darf ja dann auch mal der in oder andere brauchbare Film dabei abfallen. Ansonsten ist die große Masse der Produktionen einfach nur Schrott.
Sehe ich genauso. Die angebliche Überlegenheit der Hollywood-Produktionen ist ein populärer Irrtum - wie so viele andere.
Wenn man sich z. B. am Samstagnachmittag auf zweitklassigen Privatsendern die amerikanischen Genre-Fernsehfilme anschaut, kommt man von der "Hollywood macht alles besser"-Schiene ganz schnell weg. Die sind oft so einfallslos und mit so dümmlichen Dialogen garniert, dass man nur erschaudern kann.
In Deutschland wird viel Mist produziert, aber in Amerika eben auch.
Vieles was an deutschen Produktionen nervt, kommt doch ursprünglich von dort. Klischeehafte Handlungen aus dem Drehbuchbaukasten bis zum Erbrechen wieder und wieder in Neuproduktionen verpackt, obwohl es immer dasselbe ist - genau das ist im Wesentlichen eine Erfindung Hollywoods.
Gerade die "Drehbuchbaukästen" sind ein großes Übel und haben z. T. auch zum Niedergang des Kinofilms der letzten Jahre beigetragen. Da wird den Autoren allen Ernstes gesagt, auf Seite 5 des Drehbuchs müsse die Hauptfigur einem Mentor begegnen, auf Seite 17 müsse er eine große Entscheidung treffen usw. Kein Wunder, dass sich viele Filme - besonders innerhalb eines Genres - so gleichen.
Den einzigen Unterschied erkenne ich im Budget. Da wird halt mehr geklotzt. Aber wer das sich für Deutschland wünscht, veräppelt sich doch selber. Ein schrottiger Film wird doch nicht besser, nur weil er aufwändiger hergestellt ist.
Außerdem fließt in Hollywood längst nicht das ganze Geld in bessere Ausstattung und Drehbucharbeit. Sehr viel geht in die absurd hohen Gagen der "Stars", von deren Namen man sich mehr Erfolg an den Kinokassen erhofft. Ob das unterm Strich funktioniert, ist durchaus umstritten.
Unumstritten ist, dass der Star-Wahn schon so einige Fehlbesetzungen hervorgebracht hat.
Was hier an ausländischen Filmen zu sehen ist, sind ja in der Regel nur die Kassenerfolge. Ansonsten gibt's auch dort sicherlich einen Großteil an völlig schlechten und belanglosen Produktionen, von denen man hier halt nichts mitbekommt.
Umso erschreckender ist die Auswahl amerikanischer Filme, die bei uns im Kino laufen. Die meisten sind hirnlose Actionkracher und "Romantic Comedy" von der Stange: Hat man einen davon gesehen, kennt man alle.
Das heutige amerikanische Kino ist stark geprägt von ekligem Hyper-Patriotismus, stumpfsinnigem "Gut gegen Böse" und der Überzeugung, Probleme könne man am besten mit Gewalt lösen. So manche Denke, die in den Filmen transportiert wird, kommt mitten aus der amerikanischen Gesellschaft - man denke nur das altertümliche Strafrecht, das immer noch auf dem Sühneprinzip aufbaut, von dem wir in Europa (mit Erfolg) immer mehr abgekommen sind. Auch einige der vielgelobten Serien der letzten Jahre leiden an diesen fragwürdigen Prinzipien; wie da mit der Ausübung staatlicher Gewalt umgegangen wird, ist erschreckend - und bestimmt kein gutes Vorbild.
Gute amerikanische Filme und Serien, die feiner gezeichnete Charaktere und vielschichtigere Handlungsstränge haben, gibt es auch. Aber die muss man in der großen Masse erst mal finden.
Mag ja sein, dass auch einfacher gestrickte Zuschauer in Deutschland auf die Rezepte der Art "Der Gute muss den Bösen besiegen, egal mit welchen Mitteln" abfahren. Das mag dann auch in einzelnen Fällen die Besucherzahlen erhöhen. Aber ist das ein Qualitätsbeweis für diese Filme? Wollen wir da hin? Wollen wir, dass unser Tatort-Kommisar im Stil von Jack Bauer seine Verdächtigen foltert und dies mit der nationalen Sicherheit rechtfertigt?
Kassenerfolg ist sicherlich wichtig für den langfristigen Erfolg von Filmen, aber ein bisschen Hirn sollte trotzdem noch drinstecken - und man sollte sich als Filmemacher auch fragen, was eine bestimmte Art von Filmen mit den Zuschauern langfristig macht. Wenn diese Denke "typisch deutsch" ist, dann stehe ich dazu. Wobei das auch wieder ein populärer Irrtum sein könnte, da es auch genug amerikanische Filmemacher mit Prinzipien gibt.
Wenn wir nur noch auf den Kassenerfolg schauen, könnten wir auch die Mehzahl unserer Zeitungen einstampfen und alle nur noch die "Bild" lesen, und statt der Tagesschau schauen wir dann alle die "RTL II News".
Aber wenn man in Deutschland mehr innovativ wäre, würde das vermutlich auch nicht ankommen, da es dann nicht "amerikanisch" genug wäre. Das ist ja das Komische: man beklagt sich über die mangelnde Qualität deutscher Produktionen und will sie im Grunde genommen "amerikanischer" haben, weil das nunmal der Geschmack ist, der uns am meisten prägt.
Das ist vielleicht die Tragik in Deutschland.
Als ich das erste Mal in den USA war, bin ich ein paar Stunden lang mit dem Mietwagen durch Wohngegenden gefahren und konnte es kaum glauben: Da sieht alles aus wie in den Filmen, die mich seit meiner Kindheit begleiten! Nach zwei, drei Städten hatte ich allerdings das Gefühl, alles gesehen zu haben. Die meisten amerikanischen Städte sehen sich doch sehr ähnlich. Alles, was zunächst besonders aussah, war dann schon normal für mich.
Später habe ich mich mit einem Amerikaner unterhalten, der schon öfter in Deutschland herumgereist war. Der sagte mir, was ihm an Deutschland so gefalle, sei die Tatsache, dass hier alle Orte gleich aussehen - während doch in Amerika jede Stadt völlig anders sei.
Das hat mir ein bisschen die Augen geöffnet für Sichtweisen. Vieles, was deutsche Zuschauer an amerikanischen Filmen interessant finden, fällt den amerikanischen Zuschauern vielleicht gar nicht auf, weil es zu ihrer Lebensnormalität gehört.
Wäre mal interessant, eine amerikanische Serie komplett in Deutschland zu drehen. Das wäre für die Amis ein ganz neuer Look. ;)