Frauldabissen hat geschrieben:Hmm. Wahrscheinlich fehlt mir ein wenig das Grundwissen für das Thema.
Könnt ihr mir eine Quelle empfehlen aus der ich mir die Grundlagen für das Streamen, Videograbbing etc. erarbeiten kann?
mach dir keine großen selbstvorwürfe. live video produktion übers netz ist eine ganz spezielle geschichte, mit der viele von uns im alltag nicht viel zu tun haben. wenn man damit aber nicht praktisch konfrontiert wird, schwimmt man da gleich einmal ziemlich herum und findet kaum halt und orientierung.
ich selbst hab mit diesen geschichten seit sehr langer zeit immer wieder zu tun. schon damals, als mit der
trojan room cofee machine die erste live webcam im netz zu bestaunen war, haben wir uns gleich dahintergeklemmt, etwas derartiges nachzuprogrammieren und hier in der stadt auszuprobieren. so konnten wir dann ein paar wochen später auch eine der allerersten webcams bzw. live WWW-bildübertragungen im zuge einer medienkunst performance präsentieren. es waren halt noch klobige PCs, imposante framegraber-karten und bild-für-bild kompression notwendig, um wenigsten im sekundenrythmus briefmarkengroße unscharfe farbkleckse live über die ISDN leitungen auszuliefern...
heute geht das zum glück ein bisserl einfacher und technisch befriedigender.
so ganz ist die kluft zwischen den unbrauchbaren spielzeuglösungen -- webcams etc. -- und jenen ansätzen, die auch an der qualität der bilder interessierten video-schaffenden befiedigend erscheinen, leider noch immer nicht geschlossen.
gerade jener punkt, den du in deiner fiktiven skizze so locker hinschreibst:
"Kamera nimmt Bild auf und schickt es per WLAN über einen Router in den PC", gehört in wahrheit noch immer zu den herausforderndsten aufgabenstellungen, wenn man es wirklich in sendetauglicher qualität umsetzten möchte.
die entsprechenden technischen standards, die es dafür seit einigen jahren bereits gibt (bspw. SMTPE 2022-6), bemötigen nämlich selbst für mikrige HD auflösung nicht ganz billige 10GB verkablung und netzwerkswitches. der rechenaufwand dafür ist derart groß, dass man bis vor kurzem allgemein der meinung war, dass es überhaupt nur mit hilfe spezieller hardware-konverter umzusetzten ist und softwareseitig auf einem normalen PC nicht zu schaffen ist. mittlerweile wurde das zwar bereits ganz praktisch widerlegt -- es gibt also bereits eine funktionierende
SMPTE 2022-6 umsetzung weitgehend in software --, trotzdem ist das für deine anwendungswecke viel zu aufwendig.
das oben schon erwähnte NDI ist vermutlich die erste lösung, die auch uns normalsterblichen mit überschaubaren budgets hier völlig neue möglichkeiten eröffnet. damit ist es nun plötzlich auch auf normalen PCs und in gebräuchlichen gigabit netzwerken möglich, mehrere videostreams in brauchbarer produktionsqualität über die leitungen zu schicken. natürlich ist das ganze auch mit technischen kompromissen verbunden. es ist nicht völlig verlustfrei und unkomprimiert, wie bei SMPTE 2022-6, aber zumindest auf jenem technischen niveau, wie wir es etwa von ProRes oder DNxHD kennen. das reicht in den allermeisten fällen. im übrigen sind die verzögerungen bei NDI derart niedrig, dass selbst die üblichen studio playout lösungen über sepezielle SDI I/O-karten dagegen matt aussehen. lauter features also, die zu einiger hoffnung anlass geben.
die frage ist halt, ob dein anliegen tatsächlich mit solch hohen ansprüchen verbunden ist? für einfaches web-streaming gibt's in der tat deutlich einfachere und noch billigere lösungen. von denen darf man sich dann halt leider qualitativ nicht wirklich sonderlich viel erwarten.
ich selber bin kein so großer freund von den diversen fertiglösungen, die es dafür gibt. man darf einfach nicht übersehen, dass die verbaute hardware in den betreffenden produkten meist noch viel schlechter bzw. leistungsschwächer als in einem billigen haushalts-PC. mit guter software (bspw. dem schon erwähnten 'open broadcast encoder') kann man es also im normalfall mindestens genauso befriedigend hinbekommen. im übrigen gibt's in diesem umfeld laufend derart große entwicklungsfortschritte, dass man mit modularen eigenen lösungen oft flexibler reagieren bzw. laufend verbesserungen anbringen kann, als das mit einer fertigen backbox eines beliebigen hardwareherstellers der fall ist.
die befriedigende auslieferung von entsprechendem live-content ist natürlich wieder eine ähnlich gelagerte geschichte. im normalfall wird man dabei auf irgendwelche anbieter draußen im netz zurückgreifen, die einem den großteil der arbeit abnehmen. wirklich gut und befriedigend funktioniert es jedenfalls nur, wenn -- ganz so, wie du das ohnehin beschrieben hast -- ein möglichst hochwertiger video feed auf den servern in echtzeit rekomprimiert und in verschiedenen bandbreiten und automatischer adaptiver anpassung ausgeliefert wird. das ist leider ein ziemlich komplizierte geschichte, weil die vielfalt und inkompatiblität der diversen endgeräte auf zuseherseite praktisch erzwingt, dass man ständig eine ganze menge am protokollen und kodierungen parallel anbietet. eine lösunge, die das derzeit ziemlich sauber und vorbildlich hinbekommt, ist der
dash repacker aus dem
kaltura projekt. aber, wie gesagt, um diesen teil des geschehens wird man sich in der praxis kaum selbst bemühen, wenn man nicht eigene server betreibt oder übermäßige freude am herausfordernden spiel verspürt. es erscheint mir trotzdem wichtig, dass man wenigstens ganz passiv auch diesen teil ein klein wenig aus der ferne kennt, weil man sonst über die tatsächliche tauglichkeit der verschiedenen alternativen und angebote im netz kaum ein urteil fällen kann.
Frauldabissen hat geschrieben:Im Grunde funktioniert das auch nach einem Test mit einer IP Überwachungskamera. Ich habe nur festgestellt dass der Rechner dabei arg ins Schwitzen kommt und die Bildqualität der Testkamera eher fragwürdig ist.
du sagst es! -- der springende punkt ist einzig und allein die qualität (...natürlich immer in realation zu den verwendeten mitteln bzw. verfügbarem budget!)
Frauldabissen hat geschrieben:Für mich das Interessante ist es eine Budgetlösung zu finden die akzeptable Ergebnisse nach dem KISS (Keep it Small and Simple) Prinzip liefert.
du wirst schone eine lösung nach deinem geschmack finden!
das spektrum der möglichkeiten und ansätze ist hier halt einfach derart breit, dass dir fast jeder unterschiedliche ratschläge und einschätzungen liefern wird. wenn man sich aber einmal ganz praktisch durchkämpft, hat man zumindest für's nächste mal wieder eine ganze menge dazugelernt -- auch wenn sich das alles ständig derart schnell ändert, dass es in wahrheit bald wieder schnee von gestern ist...