Jensli hat geschrieben:Das Intro mit dem mysteriösen Off-Stimme passt zu einem Horror-Movie, hier ist das einfach komplett deplaziert [...] Fazit: Ich verstehe einfach nicht, was du mit deinem Film ausdrücken möchtest, auch hat er kein Anfang und kein Ende.
Um den Film kurz zu zerpflücken: "The Last Lament", zu Deutsch "Das Letzte Lamento", wobei ein "Lamento" in der Lyrik als ein Klagelied oder Trauergesang verstanden wird.
Wenn man sich vorab NUR die Gliederung der Doku anschaut, so stößt man auf einen ziemlich symmetrischen, stringenten Aufbau: Wir haben als Einführung die erste von drei Gedichtstrophe, die von einem "mysteriösen Off-Sprecher" eingesprochen wird. Inhaltlich thematisiert das Gedicht die Gedankenwelt eines fiktiven, von der Katastrophe direkt betroffenen Individuums. Es folgt die erste Bilderstrecke aus der Sperrzone und anschließend die Introduktion einer Rücksiedlerin. Nun folgt die zweite große visuelle Strophe, eingeleitet von der zweiten eingesprochen lyrischen Strophe, Bilder aus der Sperrzone, Einführung der zweiten Rücksiederlin. Dritte visuelle Strophe [...]. Der Film ist also trotz des dokumentarischen Charakters, eher als ein großes visuelles Gedicht komponiert worden, ein "Trauergesang" (Lamento) halt. Jedem Trauergesang gemein ist eine klagende Monotonie, die sich auch im Film widerspiegelt. Wir haben keinen Spannungsbogen, sondern eine relativ monotone Grundstimmung, und das ist gewollt. Einen thematischen Anfang und ein Ende ist meines Erachtens nicht unbedingt von Nöten, zumal dem Zuschauer nicht alles vorgekaut werden soll. Der Film soll natürlich zum Denken anrengen, weshalb ich auch froh über diese belebte Konversation hier bin ;)
Jensli hat geschrieben: Hier hätte [...] ein neutraler Sprecher, der Infos über damals und heute erzählt, wesentlich besser gepasst.
Klar, hätte man so machen können. Neben der Tatsache, dass es bereits zig informative Dokus über Tschernobyl gibt, hätte ich mir als unwissender Zuschauer dann aber lieber eine professionell recherchierte BBC-Doku reingezogen, und keine 10-Minuten-Amateurdokumentation.
Jensli hat geschrieben:leider macht aber die permanente Gruselkino-Musik alles wieder kaputt, hier hätte ich gar keine Musik untergelegt und die Bilder für sich alleine sprechen lassen.
Die ersten zwei Minuten sind tatsächlich etwas düster. Vielleicht hätte hier anders gearbeitet werden müssen. Wenn man die auditive Stimmung des ersten visuellen Blocks in seiner Gänze betrachtet, so empfinde ich den ersten Block jedoch als den am musikalisch Friedlichsten. Der zweite Block birgt eine gewisse apokalyptische Hoffnung, wohingegen der dritte Block musikalisch düsterer und "grauer" ist. Das musikalische Spektrum bedient meiner Meinung nach relativ viele Facetten und ist für mich daher auch nicht wegdenkbar. Hättest Du komplett auf Musik verzichtet? Mal abgesehen von dem musikalischen Einfluss auf den zuschauer: Würdest Du Dir diese Dokumentation gänzlich ohne Musik überhaupt anschauen? Die Kraft der Musik sollte nicht unterschätzt werden.
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Man mag ja von meinem kleinen Filmchen halten was man mag, mich freut es aber erst mal innständig, dass die Meinungen und Interpretationen so auseinandergehen ;)
Nochmals danke für den Input und die Auffassungen.
LGJ[/quote]