Das Problem der Zeitungen ist folgendes: Video wird immer mehr gefordert, damit man sich im Wettbewerb mit anderen Newsportalen behaupten kann. Gerade im regionalen Bereich kann man hier punkten, weil im Video über Themen berichtet wird, die die anderen nicht haben.
Allerdings fällt es extrem schwer, die Videos auch zu monetarisieren. Während Texte und Fotos häufig aus dem Printprodukt übernommen werden und kaum bis keine Zusatzkosten anfallen, kostet ein Video von der ersten Sekunde an bares Geld. Wenn man nicht gerade einen Sponsor findet, ist die einzige direkte Erlösquelle ein vorgeschalteter Werbeblock.
Kunden für diesen Werbeblock findet man im regionalen Umfeld kaum, weil so etwas hier noch kein Thema ist. Deshalb wird meistens überregionale Werbung von einem zentralen Vermarkter genommen. Hier liegt der durchschnittliche TKP (Tausender-Kontakt-Preis) bei ca. 20,- EUR bis 30,- EUR, wovon der Verlag die Hälfte bekommt. Um also mit einem einzelnen Video einen Erlös von - sagen wir mal - 125,- EUR zu erzielen (durchaus realistisch gezahlter Preis an VJs), müsste dieses eine Video 20.000 Mal angeschaut werden. (12,50 EUR Erlös pro 1000 Views, wobei Werbung in der Regel nur vor jedes zweite Video geschaltet wird.)
Und wie häufig werden die Videos nun wirklich geschaut? Das ist fast proportional zu den Zugriffszahlen auf die jeweilige Website. Wenn's gut läuft, wird von jedem 50. Besucher ein Video angeschaut. Um also einen einzelnen Videobeitrag refinanzieren zu können, brauche ich 1.000.000 Besuche (Visits) auf meiner Website.
Wenn man sich jetzt mal die IVW-Zahlen von regionalen Tageszeitungsverlagen anschaut (
http://ausweisung.ivw-online.de/), wird man feststellen, das kaum ein regionaler Verlag auf diese Anzahl Visits kommt - er könnte also mit Werbung nicht mal einen einzelnen Beitrag finanzieren.
Aus Sicht der Verlage sollte es also klar sein, dass für Videos bei weitem nicht das gezahlt werden kann, was im TV-Bereich üblich und reell ist. Die Lösung? Man nimmt ungelernte VJs, freie Mitarbeiter, Hobby-Videografen oder Learning-by-doing-Kandidaten, stattet sie mit Consumer-Camcordern aus, und ab geht die Post. Problem dabei ist allerdings nicht mal die technische Qualität (Aufnahme, Schnitt usw.). Der durchschnittliche Internetvideogucker ist durch Youtube & Co. eine dermaßen schlechte Qualität gewöhnt, dass diese mit nur wenig Aufwand übertroffen wird. Hochglanzvideos werden auf Zeitungswebsites weder erwartet noch durch mehr Klicks honoriert (nachgewiesen).
Probleme sind eher redaktioneller Art, da ungelernte VJs teilweise erst den Umgang mit den "W"-Fragen lernen müssen, sowie der Zeitdruck, viele Sachen untertägig produzieren zu müssen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Natürlich machen diese "Billigheimer" die "Preise kaputt" und sorgen dafür, dass Profi-VJs Probleme bekommen, ihre guten Arbeiten zu einem guten Preis zu verkaufen. Allerdings können die Entscheider in der Regel sehr gut unterscheiden, was sie für ihr Geld bekommen. Und die Messlatte ist hier (noch) nicht sehr hoch.
Ich hoffe, ich konnte ein wenig dazu beitragen zu erklären, warum Verlage nur niedrige Preise zahlen (können). Wer mehr braucht, für den sind Verlage nicht die richtige Kundenzielgruppe.
VG J.
PS: Die genannten Fakten sind Praxiswerte aus mehreren regionalen Tageszeitungsverlagen. Details kann ich selbstverständlich nicht preisgeben.