Axel hat geschrieben:
Okay, gehen wir mal davon aus, dass du und ich mehr Durchblick haben als deine Eltern, weil wir uns anders informieren. Wir bilden uns also ein, dass unsere Meinung relevanter ist, weil wir skeptischer sind.
oder vielleicht weil wir uns - im Unterschied zu o.g. überhaupt mit bestimmten Themen befassen?
Für wen ist denn Meinung wichtig? Ist Meinung etwas, das mich selbst definiert? Ändert sie den Alltag? Ändert sie die Perspektive?
Eindeutig ja. Sie ändert das Kauf- und Wahlverhalten. Sie ändert - in unserem Fall - den Inhalt der persönlichen Filmproduktion.
Führst du nicht so mehr oder weniger dasselbe Leben wie deine Eltern, verbrauchst du nicht dieselben Ressourcen und sorgst du nicht ebenfalls für Nachkommen, die neben was zum Kauen noch den Luxus einer Meinung genießen wollen?
Nein, eben nicht. Bin aufgrund eines langen Prozesses des Nachdenkens z.B. Vegetarier geworden, habe weniger Verlangen nach Statussymbolen (mein Auto ist ein unscheinbarer alter Bus und kein Audi-Cabrio), fahre fast immer Fahrrad (ausser wenn Berlin wettertechnisch gräßlich ist:-) und komme bislang ohne das bürgerliche Sicherheitsdenken aus (= kein Angestelltenverhältnis, weniger Versicherungen, keinen Bausparvertrag etc.) Das alleine rettet nicht die Welt, aber ich fühle mich bedeutend besser in irgendeiner Form verantwortlich zu handeln. Für meine Eltern ist das teilweise nicht nachvollziehbar..:-)
Materialistisch betrachtet sind all die hypothetischen Betrachtungen, die man über die Welt anstellen kann, gar nicht existent.
???
Lediglich der Handelnde tritt in Erscheinung. Was du tust und wie du lebst, das formt die Welt, ob du es in Bescheidenheit und Zufriedenheit tust oder im ständig erneuertem Wissen und rastloser Suche nach Antworten: Egal!
Das sehe ich auch so. Aber: Das Sein bestimmt meiner Meinung nach das Bewußtsein stärker als umgekehrt.
Hmm, ich habe nicht den Eindruck, dass es so besonders darauf ankommt, welche Partei man heute wählt, solange es nicht die Ultrarechten sind. Würden - nur zum Beispiel - die Grünen sofort alle AKWs abschalten lassen? Hätten sie - im Amt und kurz vor Wahlen - tatsächlich gesagt, jo, wir ziehen gegen Gaddafi?
Das halte ich für eine komplett falsche Annahme. Im Detail ist es ein doch gewaltiger Unterschied ob z.B. die Grünen die Grenzwerte für Gifte in Nahrungsmitteln hochsetzen oder die CSU die Werte praktisch freigibt. Ob wir mit Stoiber Kriegspartei im Irak geworden wären, ob die CDU den Atomausstieg rückgängig macht oder Rotgrün ihn wieder in Gang setzt - ob sich das Gesamtschulsystem oder die Bürgerversicherung durchsetzt, Studiengebühren erhoben werden oder nicht - das sind unabhängig von der persönlichen Wahrnehmung große und messbare Unterschiede, die teilweise sehr tief in den Alltag und die private Lebensgestaltung eingreifen...! Zu behaupten, alle Parteien seien gleich halte ich für fast schon fatalistisch.
NEEL hat geschrieben:Für die breite Masse dürfte immer noch gelten, daß das, was in den ÖRs nicht behandelt wird, schlicht nicht existiert.
Die breite Masse ist keine schöne Vorstellung und hat auch in geschichtlichem Rückblick noch nie angenehme Aspekte mit sich gebracht.
Nein! Entschiedener Einspruch! So würde man jede Diktatur begründen! Es gehört doch gerade zu den elementaren Erkenntnissen der Demokratietheorie, daß die breite, freie und selbstbestimmte Masse anders bestimmt und - als bekanntestes Beispiel - Kriege zwischen Demokratien stets verhindert. Einzige bekannte Ausnahme: Der englisch-amerikanische Seekrieg von 1812...(!) Eine Volksabstimmung zur Gentechnik wird mit Sicherheit anders aussehen, als die jüngste Entscheidung der CDU-Ministerpräsidenten. Ich vertraue der -aufgeklärten! - breiten Masse mehr als bestechlichen Politikern, weswegen ich z.B. Volksentscheide in elementaren Sachfragen für notwendig halte. Aber: Eine gute Aufklärung ist die Grundlage für ethisch wertvolle bzw. sachlich richtige Entscheidungen! Und eben hier setzen meiner Meinung nach die beobachtbaren Lenkungs- und Manipulationsversuche seitens der Medien an...
Ziemlich unwahrscheinlich, dass sich das mit einem wertvolleren ÖR-TV ändern würde. Dann würde die breite Masse das eben nicht mehr ansehen.[
Das glaube ich nicht. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Die breite Masse wird das ÖR-Angebot in jedem Falle weiter sehen. Zudem: Es soll ja nicht zugehen wie im Schulunterricht... Gutes Niveau ist durch intelligenten Witz geprägt und nicht durch Langeweile. Ich glaube schon an den Erfolg von guten Sendungen und Filmen, vor allem wenn sie häufiger werden und ein Gewohnheitseffekt eintritt. Auf dem Kinosektor ist das deutlich zu beobachten: Das Angebot schafft das Bewusstsein. In Städten wie Freiburg und Münster ist es auch für Hausfrauen völlig normal, in eines der vielen Programmkinos zu gehen, während diese in anderen Städten - aufgrund es Seltenheitswertes - nur von Studenten besucht werden. Das ist Inhalt einer FFA-Studie, die für viel Wirbel gesorgt hat, weil sie etliche Vorurteile im Hinblick auf gute Filme in Frage stellt. Qualität braucht offenbar eine kritische Mindestmasse, damit sie sich durchsetzt, dann wird sie aber auch zur Leitinstanz, weil sie schlicht erfüllender ist (= mehr Spass macht!)...:-)