Wer diese Diskussion als banal abtut ist schlichtweg der Diskussion nicht gewachsen.
Akademiker-Bashing ist ja derzeit gross in Mode, und es ist auch durchaus nachvollziehbar wenn man nicht versteht, warum scheinbar simple Fragen soviel Diskussionsstoff bieten - dennoch erwarte ich von einem Webmagazin wie slashCAM, dass man sich nicht auf dieses billige Niveau begibt.
Für einen praktischen Filmemacher scheint die Frage nach der ontologischen Wahrheit des Bildes vielleicht simpel und banal, aber immerhin ist es genau diese Frage, welche die philosophischen Grössen des 20. Jahrhunderts beschäftigt hat (Deleuze, Merleau-Ponty, etc.).
Im März 2001 wurde in Amerika dieser Pilotfilm zur Fox-Tv-Serie The Lone Gunmen ausgestrahlt. Ich sah den Clip bei einem Bekannten, der mir eine wirre Verschwörungstheorie auftischen wollte. Daran glaube ich, ich möchte das klarstellen, überhaupt nicht.
Wie erklärt man nun, dass es einen in 2000 produzierten Fernsehfilm gibt, in dem eine Boeing in das World Trade Center gesteuert wird, um einen Vorwand zu liefern für einen "war against terror"? Wie erklärt man es, ohne eine "Verschwörung bis in die höchsten Ränge der Regierung" anzunehmen?
Es sind Bilder! Kommunikation läuft über Bilder. Das WTC war das stärkste Bild des internationalen Kapitalismus, seine Schändung existierte bereits in den Köpfen sowohl seiner Anhänger wie seiner Gegner. Das ganze Szenario war schon Teil des kollektiven Unterbewusstseins, dass es früher oder später realisiert wurde, sehr wahrscheinlich. Dass es eine Waffenlobby gibt, die nach dem Ende des Ost-West-Gerangels ein neues Feindbild suchte: Wer würde das bestreiten?
Bilder sind nicht unschuldig. Wir nehmen Bilder für wahr (Es ist umgekehrt nicht nur vermessen, sondern schlicht falsch, zu sagen, Bilder könnten "die Wahrheit" zeigen). Sie bilden nicht bloß ab, sie formen unser Bild von der Vergangenheit, der Gegenwart, ja, und sogar der Zukunft. Wer Bilder produziert, hält eines der stärksten Werkzeuge oder eine der stärksten Waffen in Händen.
Der Talmud hat geschrieben:Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.
Anders: Auch, wer mit dem besten Vorsatz beginnt, objektive Tatsachen zu dokumentieren, wird zu dem Punkt kommen (oder mit der Entscheidung für ein Thema bereits mit diesem Ausgangspunkt beginnen), eine Auswahl zu treffen. Erst damit erhält die Dokumentation Gewicht, aber bereits damit verliert sie ihren Anspruch, objektiv zu sein.
Die Techniken der Aufzeichnung, die der Artikel nennt, sehe ich nicht als vom Wesen her unterschiedlich. Stille Post in Zeiten vor der Schrift, Steintafel-Chronisten im Altertum, Foto, Film, Video, wenn man auf den Inhalt sieht, verblassen alle Unterschiede.
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