Hallo liebe Antwortgeber,
der Beginn des Threads ist ja schon eine Weile her, doch ich wollte mich - als Threadersteller - noch nachträglich bei allen Hinweisgebern bedanken!
Gottlob hatten wir in dem geschilderten Fall letztlich doch die Möglichkeit, mit symmetrischen Ausgängen vom Mischpult in die Kamera zu gehen (was das Ausgangsproblem war).
Nachdem wir inzwischen mehrere solche Fälle hatten, möchte ich Euch abschließend nur noch mal meine ersten Erfahrungen mit Live-Tonmitschnitten weitergeben:
- Man sollte für den Aufnahmetag auf alle Eventualitäten vorbereitet sein und sich nicht auf die Zusagen des Auftraggebers verlassen. Man kann ja nicht immer mal eben kurz nach Hause fahren oder in einen Hifi-Laden um die Ecke gehen, um einen fehlenden Adapter oder Kabel zu besorgen. Auch hat man selten die Gelegenheit, das Vor-Ort-Equipment selbst in Augenschein zu nehmen. Aufnahmetag ist Show-down-Tag! Am Schluss, wie es der User Login_vergessen weiter oben schon angedeutet hat, fällt ein aus technischen Gründen geplatzer Termin oder eine versaute Aufnahmequalität immer auf einen selbst zurück und schadet dem Ruf. Also lieber mal ein Kabel oder Verländerungskabel mehr einpacken als man denkt zu benötigen...
Es ist oft leider nicht so wie in einem Tonstudio, wo die Techniker und die Regie schallisoliert von den Musikern sitzen und die Musik rein über die Aufnahmegeräte beurteilen können. Wenn sich der für den Tonmitschnitt Verantwortliche im gleichen Raum wie die Musiker aufhält, kommt es je nach Raumakustik und Sitzposition des Technikers zu Fehlbeurteilungen der Intensität der einzelnen Instrumente bzw. Stimmen. Was sich vor Ort in den Kopfhörern im Mix noch gut anhört (man muss ja alle Kanäle gleichzeitig aufnehmen und bewerten), klingt später am PC eventuell grauselig.
Gerade unprofessionelle Bands sind nicht in der Lage, bei Wiederholungen von Aufnahmen (um z.B. verschiedene Kameraeinstellungen aufzunehmen) den ein- und denselben Song mit annähernd gleicher Taktrate und Bühnenperformance wiederzugeben. Schneidet man später die verschiedenen Takes zusammen, muss man höllisch aufpassen, dass man erstens überhaupt so etwas wie Conituity hinbekommt (damit meine ich Bild UND Ton!), zweitens (da man über einen Bildschnitt den gleichen Ton eines der Takes benutzen muss) das Bild einigermaßen synchron mit dem Ton bleibt, drittens im Falle von Tonschnitten dabei Aussteuerungsangleichungen zwischen den Takes vornimmt.
Die XLR-Mikroeingänge der DVX100 scheinen recht hochwertig zu sein. Bei Aufnahmen mit guten Mikrofonen in schallisolierter Umgebung bekamen wir bei Demoaufnahmen einen recht guten, ja CD-verdächtigen Klang auf das Video. Hier hatten wir allerdings auch mehr Zeit, die Abmischung der Instrumente, Aussteuerung am Mischpult und in der Kamera ordentlich einzustellen, und es waren auch nur drei Musikinstrumente gleichzeitig, die aufgezeichnet wurden. Wir haben es sogar hingekriegt, ohne Kompressor oder ähnliches keinerlei Übersteuerungen oder Verzerrungen zu bekommen. Da die Musiker sehr professionell agieren, gab es auch keine Probleme mit wiederholten Takes wie oben beschrieben.
Man sollte jedoch bevorzugen, sofern die Band schon ein Demo-Tape oder sogar CDs herausgebracht hat, dieses als Mastersignal für die Action auf der Bühne (oder wo auch immer die Band spielt) zu verwenden (die CD-Musik sollte dann aber auch immer mit aufs Videoband) und die Musiker stumm (d.h. unaufgezeichnet) synchron dazu spielen zu lassen. Was man dabei beachten sollte (v.a. für das lippensynchrone Aufnehmen), ist an diversen Stellen bei slashcam und dvxusers schon diskutiert worden. Auf jeden Fall erspart man sich damit den Ärger mit der Synchronisation und hat gleichzeitig eine bereits gut abgemischte Musikspur für das spätere Video.
Noch ein Tipp, der eigentlich selbstredend sein sollte, aber bei Nichtbeachtung doch immer wieder zu Überraschungen führt:
Gerade bei Videoaufnahmen mit jungen Bands besteht eine hohe Erwartungshaltung seitens der Musiker. Die Aufnahmen sind meist für alle Beteiligten sehr anstrengend (z.B. Wiederholung von Takes), sie geben eine (aus ihrer Sicht) beträchtliche Summe für ein Demo aus, von dem sie noch nicht wissen, wie erfolgreich es sein wird, man muss sich extra für einen oder einen halben Tag frei nehmen etc. Im Profibereich ist der Einsatz von Mitteln und die dafür gezahlten Beträge um ein Vielfaches höher, dennoch erwartet die Band ein Video in MTV-Qualität mit Special Effects und Glitzerkram. Daher sollte das zu erwartende Ergebnis vorher mit dem Auftraggeber sehr gut durchgesprochen werden. Gemotzt wird hinterher ohnehin immer, dann sollten es aber Punkte sein, die den Videofilmer nicht angreifbar machen, weil er vielleicht Dinge versprochen hat, die er nicht halten konnte, oder falsche Erwartungen nicht korrigiert wurden.
Viel Spaß beim Filmen,
Harry