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Formate für Medien



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72cu
Beiträge: 3

Formate für Medien

Beitrag von 72cu »

Hallo allerseits,

gerne würde ich ein paar Fragen zu Video- und Audioformaten auf verschiedene Veröffentlichungsmedien bezogen stellen.
Mein Vorwissen im Bereich Film ist eigentlich Null. Photographie, Computergraphik in 2D und 3D, und Animation ist aber kein Problem für mich.

Ich möchte einen Kinofilm produzieren, der aber auch auf anderen Medien (Fernsehen, Streaming) laufen können soll. Zeitlich denke ich an einen Rahmen von mehreren Jahren, was auch bzgl. der Technik berücksichtigt werden soll.

Jetzt habe ich mich umgesehen, was dazu geschrieben wird, damit ich technisch das richtige Ziel anstrebe. Vielleicht kann mir auch jemand einen Link oder eine Buchempfehlung geben. Vor allem aber: was hat sich in der Praxis bewährt?

Video:
  • Welche Auflösung sollte man anstreben, oder in welcher Auflösung arbeiten?
    Meine Recherche vor einiger Zeit ergab, dass man am besten 4096x2160 verwenden sollte - und habe schon Animation in dieser Auflösung vorbereitet. Jetzt sehe ich aber in DCP-o-matic, dass man besser 3996x2160 verwenden sollte. Für das Fernsehen sollte wohl 1920x1080 das Ziel sein. Sollte ich bei 4096x2160 bleiben, und den fertigen Film auf die jeweiligen Formate zuschneiden?
    Wie steht Ihr zum Skalieren? Ich sehe das kritisch wegen des Qualitätsverlustes und dem Auffüllen mit schwarzem Rand. Macht das im professionellen Bereich möglicherweise auch einen schlechten Eindruck?

    Wie seht Ihr das mit der Auflösung von Animationen und allgemein computergenerierten Bildern? Ich habe gelesen, es würde oft so gemacht, dass man beispielsweise bei 4k in 2k rendert.

    In welcher Auflösung sollte man filmen?
    Weil ich einige hochwertige Canon-Objektive (für Spiegelreflexkameras) habe, denke ich an die Verwendung beispielsweise einer Canon R5 C. Diese hat aber bei 12 Bit RAW offenbar gar kein 4K. Nimmt man als Profi möglichst immer die endgültige Auflösung, oder verwendet man auch einmal eine höhere, skaliert, oder nutzt eine zusätzliche Auflösung auch für einen Ausschnitt oder zur digitalen "Bildstabilisierung"?
  • Welche Farbtiefe sollte das Film- und Computergraphikmaterial haben?
    Gelesen habe ich, dass man im Kino 12 Bit verwenden würde.
  • Wie sieht es mit der Framerate aus?
    Kinos sollen wohl mit 24 fps arbeiten, das Fersehen mit 25 fps. Mit welcher Framerate filmt man? Konvertiert/Interpoliert man, fügt doppelte Frames ein, oder lässt man den Film im Fernsehen einfach schneller laufen?
Audio:
  • In welchem Audioformat sollte man arbeiten?
    Ist 7.1 bei 48kHz und 24 Bit in Ordnung?
    Wie sollte der Audiopegel sein, für Kino, Fernsehen...?
    Vom Audiobereich habe ich ganz wenig Ahnung. Ich habe zwar ein paar Beispiele gefunden, fürs Kino, wie beispielsweise "Normale Sprache: -27 bis -24 dBFS". Die Analyse in DCP-o-matic zeigt mir aber für meine Animation für den Mittelwert bis zu ca. -25dB und leiser an, aber für den Spitzenwert -2,77dB.
    Wie kann ich die Lautstärke sauber einrichten? - Welches Ziel bzgl. Spitzenwert anstreben?
  • Welche Spuren sollte oder muss man anlegen?
    Sollte man Sprache, Umgebungsgeräusche, Musik etc. trennen? Ich denke hier auch an eine Synchronisation.
    Was muss man ganz allgemein alles berücksichtigen, damit ein Film übersetzt werden kann?
Untertitel, Audiodeskription:
  • Was ist hier Standard?
    Sollte man Englisch auf jeden Fall hinzufügen?
Konventionen bzgl. Titel und Abspann etc.:
  • Was muss man noch in die Dateien packen? Filmbeschreibung, Bilder, Plakete für Kinowerbung und Programmzeitschriften?
  • Gibt es so etwas wie Pflichtangaben im oder zum Film, als zusätzliche Information oder im Bild/Abspann?
Sollte ich für die Veröffentlichung über verschiedene Medien eine Software nutzen, welche den jeweiligen Export ermöglicht?

Gerne lese ich auch Buchempfehlungen. Ein passendes Buch, das auch zeitgemäß ist, habe ich aber leider nicht finden können.

Bereits im Voraus vielen Dank!

Gruss

72cu



pillepalle
Beiträge: 10638

Re: Formate für Medien

Beitrag von pillepalle »

Viele Fragen zu einem komplizierten Thema :)

Zuersteinmal würde ich mir persönlich ein paar Fragen beantworten, dann ergeben sich viele Dinge von alleine.

Im Kino gibt es nur 2 Formate, Flat oder Scope. Alles andere wird durch Balken maskiert. Du musst dich also vorher entscheiden in welchem Format du drehen möchtest und daraus ergibt sich in welchen Container das Format im DCP gepackt wird. Im Fernsehn hat man 4K UHD mit einem etwas anderen Seitenverhältnis als im Kino. Wenn Kino die wichtigere Verwertung ist, dann dreh in 24p, für's TV nimmt man 25p. Man kann beides nachträglich für das jeweilige Format umwandeln. Drehen kannst du auch in einer höheren Auflösung, liefern würde ich aber am Ende ein 4K Format.

Du musst für's Kino und Fernsehn ohnehin unterschiedliche Deliveries machen (unterschiedliche Formate liefern). Von da her sind mehrere Verwertungswege auch immer mit zusätzlicher Arbeit verbunden.

Das gleiche gilt für den Ton. Da gibt es für unterschiedliche Plattformen auch unterschiedliche Standards. Mit einem festen Bett (wie bei 5.1 oder 7.1) musst du unterschiedliche Mixe liefern (7.1,Stereo), bei neueren objektbasierten Formaten (z.B Atmos) werden die Mixe über die Metadaten an die jeweiligen Beschallungsanlagen angepasst. Aufnehmen wirst du den Ton meist Mono, oder Stereo. Ggf. mal eine Atmo in Surround. Am Ende wird der Ton dann beim Soundediting gemixt und gemastert.

Nur mal in Kürze was mir dazu einfällt. Es gibt ein paar Leute hier im Forum die dir dazu sicher mehr Tips geben können.

VG

PS: Spaßeshalber kannst du dir ja auch mal die Spezifikationen von Streaminganbietern (wie Netflix) anschauen.

https://partnerhelp.netflixstudios.com/ ... quirements
Es geht doch nichts über ein solides Halbwissen.



72cu
Beiträge: 3

Re: Formate für Medien

Beitrag von 72cu »

Vielen Dank für Deine Antwort!
pillepalle hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 13:58 Zuersteinmal würde ich mir persönlich ein paar Fragen beantworten, dann ergeben sich viele Dinge von alleine.

Im Kino gibt es nur 2 Formate, Flat oder Scope.
Da wäre ich eindeutig bei Flat.
pillepalle hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 13:58 Du musst für's Kino und Fernsehn ohnehin unterschiedliche Deliveries machen (unterschiedliche Formate liefern). Von da her sind mehrere Verwertungswege auch immer mit zusätzlicher Arbeit verbunden.
Sehe ich es demnach richtig, dass es keine Software gibt, welche aus der gleichen Datei für Kino, Fernsehen usw. exportieren kann?
Kino würde ich bevorzugen.
pillepalle hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 13:58 PS: Spaßeshalber kannst du dir ja auch mal die Spezifikationen von Streaminganbietern (wie Netflix) anschauen.

https://partnerhelp.netflixstudios.com/ ... quirements
Oh je. ;-)



pillepalle
Beiträge: 10638

Re: Formate für Medien

Beitrag von pillepalle »

72cu hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 14:32 Sehe ich es demnach richtig, dass es keine Software gibt, welche aus der gleichen Datei für Kino, Fernsehen usw. exportieren kann?
Kino würde ich bevorzugen.
Ich bin jetzt kein Experte auf dem Gebiet, weil ich nicht für's Kino, oder die Streamingdienste arbeite. Aber die Erstellung eines DCPs macht man in der Regel mit einer speziellen Software. Es gibt auch Programme, wie z.B. Davinci Resolve, die auch ein DCP erstellen können, aber hier liegt die Tücke meist im Detail. Gerade für Kinoverwertungen empfiehlt es sich, vorher mal in einem kleinen Kino einen Probelauf zu machen, ob das DCP auch richtig läuft.

Für Streaminganbieter macht man meines Wissens auch ein DCP, für's Fernsehn aber eigentlich nicht. Die Standards für TV kenne ich auch auch nicht auswendig. Kann man aber alles nachlesen.

Ich würde mir nur nicht zu früh zu viele Gedanken über einzelne Formate machen. Nimm das Bild und den Ton so gut auf wie du kannst und suche dir dann Leute die dir dabei helfen die Deliveries zu machen. Ich weiß ja auch nicht was für eine Art Film es werden soll und wieviele Leute daran mitarbeiten.

VG
Es geht doch nichts über ein solides Halbwissen.



dienstag_01
Beiträge: 14490

Re: Formate für Medien

Beitrag von dienstag_01 »

DCP und TV-Format haben eine kleine Differenz, damit müssen alle leben.



Bluboy
Beiträge: 5345

Re: Formate für Medien

Beitrag von Bluboy »

pillepalle hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 14:41 Ich würde mir nur nicht zu früh zu viele Gedanken über einzelne Formate machen. Nimm das Bild und den Ton so gut auf wie du kannst und suche dir dann Leute die dir dabei helfen die Deliveries zu machen. Ich weiß ja auch nicht was für eine Art Film es werden soll und wieviele Leute daran mitarbeiten.

VG
So seh ich das auch und im zweifelsfall würde ich drauf setzen, dass digitale Projectoren auch Blu ray abspielen können



freezer
Beiträge: 3572

Re: Formate für Medien

Beitrag von freezer »

72cu hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 13:28 Mein Vorwissen im Bereich Film ist eigentlich Null. Photographie, Computergraphik in 2D und 3D, und Animation ist aber kein Problem für mich.

Ich möchte einen Kinofilm produzieren, der aber auch auf anderen Medien (Fernsehen, Streaming) laufen können soll.
Ich will Dich nicht entmutigen, aber die Chance, dass Dein allererster Kinofilm im Kino mehr als nur eine Privatpremiere erleben wird oder gar im Fernsehen laufen wird, geht gegen Null.
Streaming irgendwo ja, aber rechne mit keinerlei Einnahmen.

Ich schreibe hier mit 20 Jahren Erfahrung in diesem Bereich und 7 Spielfilmen, die in Kinos liefen, sowie auf Amazon Prime, iTunes, JOYN udgl. erhältlich sind. Sowie ein knappes Dutzend an Kurzfilmen.
Es ist extrem schwierig geworden in unserer Branche - alle verdienen Geld, außer denjenigen welche die Filme eigentlich machen.

Und mit keiner Vorerfahrung wird das erfahrungsgemäß kein Unicorn-Projekt (also der rare Ausnahmefall der aufgrund eines Supertalents oder purem Glück durch die Decke geht und dann gerne als Beispiel zitiert wird).

Drehformat wäre entweder DCI 4096x2160 oder DCI Scope 4096x1716, wobei in Deinem Fall vermutlich DCI 4096x2160 und späterer Beschnitt auf Scope - falls gewollt - besser wäre.

Das Kino erhält dann das entsprechende DCP, welches dann einfach links und rechts auf 3996x2160 beschnitten wird. Skalieren ist heutzutage kein Thema und führt einmalig zu keinem sichtbaren Qualitätsverlust.

Du filmst in der höchsten Auflösung und mit der höchsten Farbtiefe, welche Deine Kamera beherrscht. Computergrafik ist 16bit. Resolve arbeitet intern mit viel höherer Farbtiefe, welche dann bei der Ausgabe entsprechend gewandelt wird.

Wenn Deine Zielgruppe TV in der EU ist, dann könntest Du Dein Projekt von Anfang an in 25p anlegen, das kann auch im Kino das DCP so abspielen.
Wenn es international sein soll, dann 24p für Kino und Streaming. Für US-Broadcast-TV eher 23,976p.
Wenn von 24p auf 25p - dann ist es am besten einfach schneller laufen zu lassen - der 4% PAL-Speedup. Der Ton wird mit Timestretching entsprechend gewandelt, sodass er schneller läuft aber die korrekte Tonhöhe erhalten bleibt.

Audio fürs Kino sollte mindestens 3.0 sein (Links / Mitte Dialog / Rechts), am besten 5.1 - aber ohne Know How in dem Bereich wird das sowieso nichts.

Fürs Kino sollte DCP-o-matic als Richtwert einen LUFS von -18dbFS anzeigen, aber das ist nur ein Richtwert und von der Art des Films und der Tonmischung abhängig.

Ich hoffe, Du denkst nicht hier im Forum für alle diese Dinge ausführliche Antworten zu erfahren - das ist unmöglich und keiner hier kann Dir mal nebenher die nötigen Kompetenzen beibringen. Kann man alles lernen, aber es braucht Jahre und Erfahrung vieler Projekte.

Für den Ton trennst Du alles - Sprache nach Sprecher/Figur, Atmo nach Einsatz im Mix, Soundeffekte nach Art der benötigten Weiterverarbeitung, Musik natürlich ebenso. Das können je nach Projekt schon mal 100 oder mehr Spuren werden. Final gibt man dann mehrere Versionen der Audiospuren aus: Surroundmix, Stereomix, STEMS mit Dialog, SFX, Musik getrennt.

Untertitel sind dazu gedacht Dialog lesbar oder transkribiert zu machen, Audiodescription oder auch Closed Captions sind für Gehörlose oder Menschen mit Hörbehinderung gedacht und benötigen mehr als nur die Dialoge. Es müssen auch die Geräusche sowie die Musik beschrieben werden. Ein ziemlicher Aufwand, für US-Streaming aber unabdingbar.

Jeder Streamingdienst hat für die Deliverables - also die abzugebenden Dateien - eigene Vorschriften und die Deliverables durchlaufen dann auch eine Qualitätskontrolle.
iTunes lässt nur ProRes Masterdateien zu und alles muss an zertifizierte Dienstleiste übergeben werden, welches das Encoding und zusammenstellen des Paketes gegen Geld übernehmen.
Zudem benötigt man in Deutschland eine kostenpflichtige FSK-Prüfung des Films, der Trailer und sonstigen Begleitmaterials wie Making Of. Auch fürs Kino.
Amazon Prime nimmt seit einiger Zeit keine Indies mehr auf.
Netflix wird sich nur für das Projekt interessieren, wenn es ein außergewöhnliches Thema mit einer außergewöhnlich hochwertigen Umsetzung ist, möglichst hochkarätig besetzt.
JOYN will derzeit wieder XDCAM 1080i 25 mit 8 Audiospuren aber nur 2 davon genutzt mit Stereo.
TV-Sender sind ebenfalls sehr selektiv und Kaltakquise funktioniert genau gar nicht mehr.
Es gäbe noch die Selbstvermarktung über den Filmmarkt zB in Cannes oder der Berlinale, mit sehr geringen Erfolgsaussichten und hohen Kosten.
Dann bleiben noch Online-Vertriebswege wie Filmhub.

An Büchern kann ich Dir (aus meiner persönlichen Bibliothek) empfehlen:

Michael Rabiger "Directing - Film Techniques and Aesthetics" - anders als der Titel es vermuten lässt, führt er durch die komplette Produktionskette.
Dennis Eick "Exposee, Treatment und Konzept" für die Vorproduktion
Peter Dress "Vor Drehbeginn" auch sehr veraltet aber trotzdem hilfreich als Grundlage für die Kalkulation udgl.
Sibylle Kurz, Esther van Messel, Björn Koll "Low-Budget-Film" Marketing und Vertrieb optimieren <- viele der Passagen sind aber nicht mehr zeitgemäß, es hat sich zuviel zu schnell gewandelt
Reinhard Kungel "Filmmusik für Filmemacher"
Vanessa Theme Ament "The Foley Grail" - The Art of Performing Sound for Film, Games and Animation
Tomlinson Holman "Surround Sound Up and Running" vom Entwickler des THX Sounds für Lucasfilm
Bob Katz "Mastering Audio - The Art and the Science"
LAUFBILDkommission
Robert Niessner - Graz - Austria
Blackmagic Cinema Blog
www.laufbildkommission.wordpress.com



72cu
Beiträge: 3

Re: Formate für Medien

Beitrag von 72cu »

Vielen Dank für Deine sehr interessante und ausführliche Antwort!
Gerne möchte ich aus Interesse an allen Aspekten an dem Projekt so viel wie möglich selbst machen. Das heißt aber natürlich nicht, dass ich unbedingt alles selbst machen "muss".
Angenommen, ich würde in einem Schnittprogramm (welchem?) alles so aufbereiten, wie Du geschrieben hast, also mit allen Kanälen gertennt etc., so dass ein Profi damit weiterarbeiten könnte, - eine bestimmt schwierige Frage - wie hoch wären dann ganz grob die Kosten, das professionell überarbeiten und für eines der Medien aufbereiten zu lassen? - Sagen wir der Einfachheit wegen am Beispiel eines Tatorts (Meine Idee ist ganz weit weg von einem Tatort, aber nur mal als Anhaltspunkt.) Ich habe mir gedacht, dass ich bei den Gesamtkosten gerne unter 100000 € bleiben wollen würde.

Die Vermarktung ist natürlich eine extrem wichtige Sache. Davon habe ich natürlich erst recht keine Ahnung, und habe noch fast gar nicht darüber nachgedacht. Es geht mir aber auch darum, die Erfahrung einmal gemacht zu haben. Erfolg dabei ist natürlich wünschenswert.

Wie hoch sind die Kosten, wenn man in Cannes oder der Berlinale mitmacht?



freezer
Beiträge: 3572

Re: Formate für Medien

Beitrag von freezer »

72cu hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 22:00 Vielen Dank für Deine sehr interessante und ausführliche Antwort!
Gerne möchte ich aus Interesse an allen Aspekten an dem Projekt so viel wie möglich selbst machen. Das heißt aber natürlich nicht, dass ich unbedingt alles selbst machen "muss".
Das wird auch gar nicht möglich sein. So ziemlich jeder Hauptposten in einem Filmteam ist ein Fulltime Job. Als Einzelkämpfer wirst Du nicht weit kommen. Alleine sich um die Vermarktung zu kümmern ist viel zeitaufwändiger als sich Außenstehende das überhaupt vorstellen können. Und wenn einem die Erfahrung fehlt, dann braucht man für alles noch viel, viel länger und macht zudem auch noch dauernd Fehler.
72cu hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 22:00 Angenommen, ich würde in einem Schnittprogramm (welchem?) alles so aufbereiten, wie Du geschrieben hast, also mit allen Kanälen gertennt etc., so dass ein Profi damit weiterarbeiten könnte,
Schneiden kannst Du in vielen Programmen, ob das nun Premiere Pro, Davinci Resolve, Magix Vegas oder was auch immer ist. Im Schnitt legt man gezielt Spuren für bestimmte Audioteile an, zb jeden Darsteller auf eine eigene Spur. Diese Spuren werden später in einem sogenannten Bus zusammengefasst. Quasi ein Ordner für die zusammengehörigen Spuren.
Dann kann man Effekte und Bearbeitungsschritt auf diese Gruppe, oder eben auch auf die einzelnen Spuren anwenden.
Bei den Soundeffekten verfährt man ebenso, ähnliche Geräusche auf einer Spur oder in einer Spurgruppe.
Atmo, Musik usw.
Wenn am Schnitt nichts mehr geändert wird - also der aktuelle Stand eingefroren wird, dann kann man diese Audiospuren in einem speziellen Austauschformat an die Tonbearbeitung weitergeben. Das sind aber alles Workflows die man vorher mit den entsprechenden Gewerken besprechen und testen muss. Wenn man das Know-How zur Tonbearbeitung und zum Mischen selbst hat, kann man eventuell auch in seiner Schnittsoftware bleiben, bei Davinci Resolve wäre das zum Beispiel die Fairlight Page. Meist kommen eine ganze Reihe von verschiedenen Programmen und Tools zum Einsatz.

Als Beispiel nehme ich unseren Film "Das Neue Normal" her.
Gedreht auf einer Sony FX6. Ich habe mit der Kamerafrau in der Vorproduktion Tests gemacht um für uns die besten Einstellungen im Setup zu finden. Daraus habe ich dann eine technische Richtlinie verfasst, welcher Codec, welche Settings, Dateibenennung, tägliche Sicherungen des Materials, wie die Tonaufnahme und das Syncen abzulaufen hat.
Das Team hat dann in mehreren Wochen-Blöcken gedreht, das gesicherte Material kam täglich zu mir zum groben Vorsichten, Tonsyncen und für die Dailies (Videovorschauen mit einer Show-LUT, also einem Look damit man sieht wie es aussieht und eingebrannten Metadaten als Info) - alles in Davinci Resolve. Nach den Drehblöcken habe ich dann mit dem Regisseur an dem grundsätzlichen Look gearbeitet und eine grobe Farbkorrektur erstellt. Er bekam dann von mir diese Vorschauen mit dem groben Grading und angezeigten Timecodes und anderen Infos für den Schnitt.
Diese Vorarbeiten von mir waren schon mal zwei Wochen Arbeit, oder mehr.
Den ersten Schnitt hat der Regisseur in knapp drei Wochen gemacht (Premiere Pro), danach noch eine Woche Musiksuche, einpassen, ersten Soundeffekte usw.
Danach kam das Projekt zu mir und ich verschaffte mir einen Überblick über das verwendete Material und die Problemstellen bei Bild und Ton. Damit konnte ich für die Farbkorrektur schon vorselektieren und den Look verfeinern.
Es waren viele Außenshots auf einem Hochhausdach mit ständig wechselnden Lichtverhältnissen, die zueinander vereinheitlicht werden mussten.
Nach einer Woche Pause machte sich der Regisseur an die zweiten Überarbeitung des Schnitts, dann die dritte und vierte Verfeinerungsrunde. Nochmals ein paar Wochen. Danach exportierte ich das Projekt als XML aus Premiere und importierte es in Davinci Resolve. Die komplette Farbkorrektur dauerte ca. 3 Wochen. Danach zum Feedback an Regie und Kamera. Mit deren Feedback ging es dann nochmals 1 Woche ans Überarbeiten.
Als nächstes ging ich den Ton an. Die Dialoge mussten sauber aus der in den Aufnahmen allgegenwärtigen Stadtatmo herausgearbeitet werden, Lautstärken angeglichen, Störgeräusche reduziert oder entfernt werden. Die Soundkulisse musste nun erweitert oder neu gebaut werden, passende Sounds gefunden und eingesetzt werden. Der Film war sehr dialoglastig und brauchte nur wenige SFX, aber viel zusätzliche Atmo.
Die Musik kam von Artlist, wurde von mir aber für den Mix extra überarbeitet. Und natürlich muss die auch auf Surround hochgemischt werden.
Wenn das alles steht, erfolgt die Mischung, mir war es wichtig, dass der Dialog eine gute Sprachverständlichkeit aufweist. Im Mix muss man also alle Elemente zusammenbringen, aber gleichzeitig darauf schauen, dass alles ausgewogen klingt und die Musik oder SFX nicht die Sprache übertönt und unverständlich werden lässt.
Die Tonbearbeitung insgesamt waren nochmals 3-4 Wochen Arbeit. Bei einem Actionfilm dauert das noch viel länger.
Vor- und Abspann müssen designed werden, die Liste der zu erwähnenden Personen wird immer länger und ist doch lückenhaft. Irgendjemanden vergisst man immer zu danken, irgendein Name ist immer falsch geschrieben. Logos der Sponsoren müssen aufgetrieben werden, oftmals noch überarbeitet (weil nicht alle schicken ordentliche Qualität im geforderten Dateiformat).

Danach eine neue Version fürs Feedback, nochmals Änderungen und Anpassungen.
Dann ein erstes DCP fürs Kino, Probeschauen in einem Kino, Notizen, Änderungen, Anpassungen.
Und das ganz nochmals von vorn. Mehrfach. Irgendwas ist immer.

Als nächstes die Untertitel. Basierend auf einer deutschen Transkription und dem Drehbuch setzt man die ersten Untertitel, das Timing ist wichtig, die Länge der Untertitel zu berücksichtigen. Sie sollen sich so lesen lassen, als wäre es der gesprochene Dialog. Arbeit: ca. 5 Tage, jetzt dank Spracherkennungstools ginge es schneller, vielleicht sogar in 2-3 Tagen. Dann die englische Übersetzung der Untertitel, es muss im Kontext und sinngemäß übersetzt werden, Wortwitze, Scherze, kulturelle Eigenheiten verständlich übertragen werden. Das Timing der Untertitel muss adaptiert werden an die andere Sprache. Für Festivals sind Untertitel Pflicht.

Parallel dazu kurbelt der Produzent im Hintergrund, versucht Medientermine zu bekommen, Zeitungsartikel, TV-Beiträge, Interviews - einfach alles, was das Interesse weckt. Verhandlungen mit Kinos, Vertrieben müssen geführt werden. Die Premiere organisiert, weitere Sponsoren aufgetrieben werden. Festivals gecheckt und Einreichungen erstellt.
72cu hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 22:00 eine bestimmt schwierige Frage - wie hoch wären dann ganz grob die Kosten, das professionell überarbeiten und für eines der Medien aufbereiten zu lassen? - Sagen wir der Einfachheit wegen am Beispiel eines Tatorts (Meine Idee ist ganz weit weg von einem Tatort, aber nur mal als Anhaltspunkt.) Ich habe mir gedacht, dass ich bei den Gesamtkosten gerne unter 100000 € bleiben wollen würde.
Ich kann nicht für den Tatort sprechen, aber für ein gutes Tonstudio für Filmton und Mischung würde ich mal von rund 1.000 Euro oder mehr am Tag ausgehen - bei 6-8 Wochen vielleicht 30.000 Euro. Das kann auch weniger sein mit der Gefahr dass die Qualität nicht so gut ist (da haben wir selbst schon schlechte Erfahrungen gemacht, weshalb ich mir das Knowhow dann über die Jahre angeeignet habe, in entsprechende Ausstattung investierte und es für unsere Projekt nun selbst mache).
Und im Kino hört man gnadenlos jede Schwachstelle im Ton.
72cu hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 22:00 Die Vermarktung ist natürlich eine extrem wichtige Sache. Davon habe ich natürlich erst recht keine Ahnung, und habe noch fast gar nicht darüber nachgedacht. Es geht mir aber auch darum, die Erfahrung einmal gemacht zu haben. Erfolg dabei ist natürlich wünschenswert.
Man kann sein Geld auch gemütlicher verbrennen... ;-)
72cu hat geschrieben: Mo 21 Jul, 2025 22:00 Wie hoch sind die Kosten, wenn man in Cannes oder der Berlinale mitmacht?
Die Wahrscheinlichkeit in Aufführungsliste von Cannes oder der Berlinale zu kommen, ist eher gering. Aber das sind gar nicht die Kosten die ich meine. Während bei Cannes und bei der Berlinale Filme gezeigt werden, läuft im Hintergrund der Filmmarkt, wo sich Filmanbieter und internationale Einkäufer treffen können.
In der Zeit ist in Cannes alles sauteuer, vom Kaffee und Essen angefangen bis zum Hotel. Das alles kostet richtig viel Geld. Und im Vorfeld muss man auch schon Monate vorher Netzwerken um überhaupt vielleicht an Einkäufer ranzukommen. Verhandlungssicheres Englisch braucht man auch.
Als Niemand nimmt einen da keiner wahr. Kosten? Viele Tausend Euro jeweils.
LAUFBILDkommission
Robert Niessner - Graz - Austria
Blackmagic Cinema Blog
www.laufbildkommission.wordpress.com



pillepalle
Beiträge: 10638

Re: Formate für Medien

Beitrag von pillepalle »

Bei Youtube gibt's einige Erklär-Videos zu dem Thema mit denen du dir erstmal einen groben Überblick über die Phasen und Abläufe machen kannst. Natürlich mit Beispielen aus großen Produktionen, aber auch wenn bei dir alles viel kleiner sein wird, der Prozess und die Schritte ähneln sich. Ich gehe mal davon aus das du was Szenisches machen möchtest. Bei Dokumentarfilmen, oder speziellen Genres, kann das natürlich auch variieren.











VG
Es geht doch nichts über ein solides Halbwissen.



pillepalle
Beiträge: 10638

Re: Formate für Medien

Beitrag von pillepalle »

Und eine Nummer kleiner passt vermutlich besser :)





VG
Es geht doch nichts über ein solides Halbwissen.



dienstag_01
Beiträge: 14490

Re: Formate für Medien

Beitrag von dienstag_01 »

Ich war ja mal bei einem Festival im Wettbewerb mit einem Film, der danach den Auslands-Oscar gewonnen hat (also der andere). Kann man sich ungefähr so vorstellen: ich, zu Fuß, daneben landet ein Düsenjet (oder mehrere).
Und das war im Verhältnis zu Hollywood eine kleine Produktion. Die haben den Preis einkassiert und sind direkt zum nächsten Festival geflogen, so ein halbes, dreiviertel Jahr on Tour. Festival, Preis, weiter. Hat geklappt ;)



cantsin
Beiträge: 16312

Re: Formate für Medien

Beitrag von cantsin »

Ich kann nur einen (gelegentlichen) YouTuber als Resource für szenisches DIY-/No Budget-/Indie-Filmemachen empfehlen:
https://www.youtube.com/@D4Darious

Er dreht No Budget-Kurzspielfilme, hat selbst an einer Filmhochschule studiert, und erklärt in seinen Videos wirklich jeden Aspekt der Drehpraxis (dazu noch extrem gepackt-informationsreich, kompakt und mit einer guten Prise Humor). Und verkauft eben nicht, wie praktisch alle anderen YouTuber, Technikprodukte als Lösungen.
"Wieso eigentlich überhaupt was drehen? Warum nicht jahrelang nur darüber philosophieren?" -stip



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