Hallo Ihr,
ist ja klar das Fersehfilme nicht mit einer Sony PD 170 gedreht werden,
aber die ein oder andere Bericht zb. über Verkehrsunfälle wird schon mitunter mit sowas gedreht ( Ich kenne da auch jemanden, der seine Berichte an TV Sender verkauft)
Das ein Profi Kameramann mit einer DV Kamera nicht zufrieden ist zeigt folgender Bericht
Ist ein wenig lang aber für Nicht Profis ( Wie mich) ganz lehrreich....
Im letzten Heft des Film&TV Kameramanns habe ich die Erfahrungen bei der Arbeit mit einer PD150 aufgeschrieben, die ich den interessierten Kollegen nicht vorenthalten möchte. Der Artikel hat sehr viele zustimmende und ablehnende Reaktionen bekommen. Dass man mit diesem Kamera Typ auch gute Bilder machen kann, hat bei den Inselfimern gerade
Roland Wagner mit "Black Diamond" gezeigt. Es kommt doch immer auf den Kopf an, der hinter dem Sucher steckt.
Der Film, um den es hier geht, läuft übrigens am Mittwoch den 4. Dezember um 15.15 Uhr in 3 SAT in der Reihe " Aus anderer Sicht".
Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!
Hans Albrecht Lusznat
www.lusznat.de
Nie wieder DV
Erfahrungsbericht über einen neuerlichen enttäuschenden Versuch
Es gibt immer wieder Leute die behaupten, dass man mit einer DV Kamera die anderen Bilder bekommt, die sich mit einer großen Kamera nicht einfangen lassen, und wenn ich den Ausführungen und ihren schwärmenden Worten lausche, dann träume ich von Bildern, die ich ach so gerne machen würde. Hin und wieder habe ich kleine Kameras erfolgreich eingesetzt, um bestimmte Bilder zu bekommen, habe gebaut, geschraubt, mir Monitore vor den Bauch gebunden und SP-Rekorder in Rucksäcken auf dem Rücken mitgeschleppt und Bilder gemacht, bei denen die anderen sich über deren Entstehungsgeschichte den Kopf zerbrochen haben. Das ist jetzt 10 Jahre her und wir haben uns weiterentwickelt; die Kameras auch.
Kann man nun mit den DV Kameras wirklich die besseren, die näheren, die packenderen Bilder machen oder ist das ganze Gerede darum nur eine Verbrämung bei geringerem Mitteleinsatz die Wertschöpfung zu optimieren?
Für eine Wallfahrt nach Lourdes habe ich mich wider besseres Wissen – die letzten negativen Erfahrungen waren zu schnell vergessen - zu einer kompletten DV Produktion überreden lassen. Die Pilgergruppe mit vielen Rollstuhlfahrern war in einem voll besetzten Reisebus unterwegs, 43 Personen, jeder Platz besetzt, ein Mittelgang von knappen 50 cm, Enge , Stolpern... da war die kleine Kamera eine Lösung und versprach wesentliche Erleichterung. Warum soll man es sich unnötig schwer machen. Mit Regisseur Thomas Koerner und Tonfrau Ellena Staroske zog ich so leicht bepackt auf nach Lourdes innerlich hoffend, dass Traum von den besseren Bildern sich wundersam erfüllen möge.
Um eine möglichst gute Qualität zu bekommen, hatte wir uns für eine Sony PD 150 DVCAM Kamera entschieden, die neben der besseren Aufzeichnungsqualität auch 2 Canon XLR Toneingänge hat. Den Fummelkram mit Untersatz und Klinkenstecker, wie es ihn für die DXC1000der Kamera gibt, hatte ich von Anfang an ausgeschlossen. Um an der leichten Kamera nicht ein ebenso schweres Spiralkabel zum Mischer hängen zu haben, habe ich die Tonverbindung über eine Sennheiser Diversity Funkverbindung EK3041 hergestellt. Auch beim Stativ hatte ich auf die Qualität geachtet und auf schwererer Ausrüstung bestanden, denn die DV Stative verdrehen beim Schwenken gern die Beine und sind ansonsten eine wackelige Angelegenheit. Die Entscheidung für das Sachtler Video 18P – es war bei der Produktionsfirma vorhanden - war ein fataler Fehler, denn die Gewichtbalance kann man nicht völlig abschalten und so muss man bei Vertikalschwenks immer Kraft
aufbringen, um der Feder entgegen zu wirken und die Kamera in der Endposition zu halten.
Das Fazit all meiner Erfahrungen gleich vorneweg: Nie wieder DV! Und weil man die durchlittenen Qualen zu schnell vergisst, sind sie hier zur Erinnerung alle einmal zusammengefasst, dem Ich von morgen zum Nachlesen empfohlen, bevor man sich möglicher Weise nochmals zum Einsatz einer solchen Kamera breitschlagen lässt.
Wir wollten eine Gruppe bei ihren alltäglichen Erlebnissen in einer Ausnahmesituation begleiten. Da muss man beobachten und jeder Zeit bereit sein, schnell und unauffällig. Unauffälliger ist die kleine Kamera schon vielleicht der Größe wegen, aber das soll man nicht überbewerten. Hecktische Bewegungen sind evolutionsgeschichtlich bedingt viel auffälliger und kommen beim Bedienen der kleinen Kamera weit häufiger vor. Einschalten und losdrehen ist eine filmtechnische Errungenschaft seit Anbeginn, die sich auch in der Videotechnik nach einigem Entwicklungsaufwand durchgesetzt hat. Schaltet man die PD 150 an, begrüßt einen zuerst einmal auf blauem Grund das Sony Lithium Ionen System. Fehlt eigentlich nur der Spruch: „Wir beglückwünschen sie zum Kauf dieser Kamera“. Wertvolle 3 Sekunden vergehen, bis das Bild erscheint.
Wenn alles auf Automatik gestellt ist, kann man losdrehen. Eins ist sicher, die Belichtung wird dann nur stimmen, wenn man ein ausgewogenes Motiv hat, und das ist nicht der Fall. Menschen im Bus, außen hell, innen die Gesichter zu dunkel. Da braucht man nur die Blende auf manuell stellen, Druckknopf links an der Kamera, und dann am Drehrad in Richtung Plus drehen. Starre Verbindung sind in einer sich permanent ändernden Welt nicht mehr zeitgemäß. Deshalb kann man das Rad drehen soviel man will, zeitversetzt springt die Blende hinterher, wohlgemerkt sie springt. 2/2.4/2.8/3.4/4/5.6/6.8/8/9.6/11/ Close. Dieser elektronische Regelkreis funktioniert viel zu langsam nicht in Echtzeit. Da drehe ich die Blende schon mal ganz zu, beim Versuch abzublenden, reiße sie wieder auf, um nach einigem hin und her endlich den richtigen Wert zu finden. Trotz manueller Blende regelt die Kamera weiter die Belichtung und jede Lichtveränderung draußen vorm Bus macht die Gesichter innen heller und dunkler. Auf der Rückseite der Kamera kann man die Empfindlichkeitsregelung (Gain) durch Druckknopf und
Regelrädchen auf feste Werte stellen: 0dB 3, 6, 12, 18dB. Die 0 dB bekomme ich im Sucher angezeigt, die Blende kann ich ebenfalls sehen und immer noch arbeitet die Automatik unermüdlich weiter. Das kann nur noch die Verschlusszeit sein, die da macht was sie will. Ebenfalls durch Druckknopf an der Rückseite und Regelrad wird sie auf 1/50 festgenagelt, auch das sieht man im Sucher. Endlich ist man da, wo man vor der Erfindung der Automatisierung war. Keine Helligkeitsschwankungen trüben mein Bild, der Apparat macht was ich will.
Die Freude währt nur kurze Zeit. Bei meiner Kamera muss ich doch noch immer die Schärfe einstellen, wie sieht es damit aus? An der linken Seite kann man sie ebenfalls auf manuellen Betrieb umschalten und bekommt prompt eine Hand ins Sucherbild eingespiegelt, die bei Drehen am Schärfenring sich auch schon mal in ein Gebirge verwandelt, dann hat man unendlich eingestellt. Den Schärfenring kann man unendlich lang drehen, auch er hat wie auch der Zoomring keine starre Kopplung an die Optik. Mit solcher Technik wird das Schärfeziehen zum Glücksspiel.
Sind die Gesichter jetzt wirklich scharf? In dem sw "Precision“ LCD Sucherbild kann ich die Schärfe nicht sehen. Ich zoome hin. Sie liegt daneben, nachregeln und wieder in die Anfangseinstellung zurück. Aber verdammt noch mal jetzt ist es erst recht unscharf. Ein festen Auflagemaß gibt es bei dieser Kamera nicht, wahrscheinlich ist die Kombination eines die Schärfe ändernden Zooms zusammen mit einem Autofocus billiger. Bei offener Blende - und die liegt Brennweiten abhängig zwischen 1.6 und 2.4 - ist die Bildschärfe deutlich schlechter als bei F.4 obwohl bei den kleinen Chips die Tiefenschärfe von Haus aus enorm ist. Den Weitwinkelvorsatz auf der Leihkamera hatte ich schon gleich entfernt, weil er sich mehr als ein Weichzeichnervorsatz entpuppt hatte. An Steller der normalen Gummisonnenblende war ein Chrosziel Kompendium mit zwei 3x3 Filtern gekommen, damit ich auch Pol und Verlauffilter verwenden kann. Dass die Optik nicht ein Highlight ist, sieht man an eben diesen Highlights: wenn das Draußen überstrahlt und als blaues Dunstgeisterbild an anderer Stelle nochmals auftritt. Zurück zur Handhabung:
Eine ganz normale Drehsituation: Die Kamera steht schon auf dem Stativ und dieses ist bereits auf die richtige Höhe gezogen. Eine Szene bahnt sich an. Ich habe die Kamera eingeschaltet und drücke schon mal vorsorglich den Auslöser auf der rechten Kameraseite, wofür ich den Schwenkhebel loslassen muss. Mit der linken Hand kann man die Kamera auf dem Stativ nicht auslösen ohne sich total zu verrenken. Das Sucherbild erscheint, Blende aufdrehen! Fummeln nach dem Drehrädchen für die Blende hochreißen bis F2.0 - da muss der Graufilter raus, damit mehr Schärfe ins Bild kommt schalten von ND2 auf ND1 durch Hebel, Blendenring suchen, wieder hoch regeln. Die Blende schießt über den Wert hinaus und macht zu. Blende wieder etwas öffnen. Noch ist es nicht scharf. Erwische ich doch den Zoomring, der hat zwar eine feinere Riffelung und ist nicht so breit wie der Focus Ring aber das passiert halt mal, jetzt Schärfe drehen, da jetzt ist leider der erste Teil der Szene schon vorbei.
In der Kirche, der Pfarrer im Auflicht - Tageslicht durch die Kuppel sehr schön - Gläubige im Gegenlicht des Portals, minus 2 Blenden. Ein Schwenk ist unmöglich, denn beim Nachregeln hat man immer die Lichtsprünge im Bild. Aber schon so wird die abwechselnde Aufnahme zur Tortur und dann beim Betätigen der Zoomwippe passiert es: ich komme auf die Phototaste, das Bild friert ein die Kamera läuft weiter und zeichnet das Photo auf. Wenigsten ist der Ton drauf denke ich, konzentriere mich auf das Bild nach dem Photo und übersehe, dass sich die Kamera nach Aufzeichnung des Photos von selber in Standby geht. Jetzt fehlt auch der Ton.
Wenn man das Ding in die Hand nimmt, wird alles noch schlimmer! Mal drückt man versehentlich auf die Fadertaste und erlebt eine Abblende, ein anderes Mal blockiert der Edit Search die Arbeit.
Der ausklappbare Farb LCD mit seinem Buntbild ist zwar hilfreich, für altersweitsichtige Kameraleute aber nur mit Lesebrille zu sehen, wenn man bei Aussendreh überhaupt etwas sieht. Man soll mit der Kamera bewegte Bilder aus der Hand drehen können aber auch ohne Kompendium ist der Apparat kopflastig und dreht einem unangenehm die Hand weg. Dass man leichtere Kameras ruhiger halten kann trifft vielleicht auf die ganz kleine Kameras zu aber die PD150 wackelt trotz Steadyshot ganz schön, vor allem bei Gängen, weil ihr die Masse für die notwendige Trägheit fehlt. Die Arri IIc war eine ideale Handkamera, gut zu greifen, leicht genug und trotzdem die notwendige Masse und eine Haltung bei der man die Kamera vors Auge presst und mit der Hand frei führt. Presse ich die PD150 vors Auge und bewege mich, klappt plötzlich der Sucher nach oben weg, weil er sich in keinem Winkel feststellen lässt und vermasselt mir die ruhige Kameraführung.
LCD Sucher mögen zwar billig sein, aber zur Bildbeurteilung taugen sie nicht, weder in Hinblick auf die Schärfe noch auf die Helligkeit, die sich je nach Einblickwinkel ändert. Gäbe es das Zebra nicht, ich wäre verzweifelt.
Mitten drin kommt mir die Erkenntnis. Es muss doch ein Programm geben, dass die Automatikblende korrigiert in einer Richtung. Back Licht und Spotlight helfen nicht, und AE-Shift an der Kamerarückseite zeigt keine Wirkung. Wie ich dann herausfinde muss man erst wieder die manuellen Steuerung ausschalten, um das AE-Shift Programm zu aktivieren, dann kann man die manuellen Einstellungen wieder alle einschalten. Das AE-Shift Programm wirkt dann immer, wenn man kurzzeitig die Automatiktaste drückt. Mit minus 4 bin ich beim extremen Korrekturwert und bekommt in etwa das, was ich mir vorstelle.
Die PD150 - und sie steht nur für eine Kategorie von Kameras, denn andere Hersteller haben nichts Besseres zu bieten - ist immer noch für eine Überraschung gut. Mit Funkstrecke vom Mischer zur Kamera sollte man hin und wieder auch einmal den Ton kontrollieren. Das gelingt ganz einfach durch einen Druckknopf an der Kamera Rückseite. Dann bekommt man im Sucherbild ein Diagramm eingeblendet, auf dem die Aussteuerung der beiden Tonkanäle kontrollieren kann. Sinniger Weise hat man das Diagramm transparent gemacht, so dass man dahinter das Bild noch erkennen kann, aber plötzlich reagiert die Kamera auf keine Veränderung der manuellen Einstellungen mehr. Wer mit dem Tondiagramm Blende ziehen will, der ist verratzt. Erst also die Tonanzeige wieder ausblenden, dann nachregen. Einem Insidertip zu Folge sollte man speziell bei dieser Kamera die Tonaussteuerung immer auf Automatik lassen, die funktioniert ganz gut aber viel wesentlicher, sie rauscht
nicht so wie die manuelle Aussteuerung.
Die Sucheranzeigen sind sehr hilfreich, aber auch notwendig, weil man sonst nicht weiß, was eingestellt ist und was die Kamera gerade macht. Leider sieht man bei den vielen Anzeigen weniger vom Bild. Man kann einen kleinen Teil der Sucherinformation ausblenden, wenn man den LCD Schirm herausklappt und dahinter auf den Druckknopf Display drückt. Wenn man den Apparat so betrachtet, mit all seinen Knöpfen und Möglichkeiten, dann weiß man, wohin die Entwickler ihre Liebe gesteckt haben. Die beiden wichtigsten Dinge einer Kamera haben sie nicht sonderlich geliebt: den Sucher, mit dem man das Bild betrachtet und die Optik mit der es aufgenommen wird.
Na etwas Gutes hat die Kamera auch: Sie kann 3, 6 oder 12 Bilder aufnehmen und dann bekommt man diese schönen verwischten Eindrücke der hässlichen Realität, die wir seit Chungking Express von Wong Kar-wai so lieben.
Ein Lehrsatz gilt immer: Der Aufwand den die Ingenieure in die Automatisierung gesteckt haben ist direkt proportional zum Aufwand, den der Kameramann betreiben muss, diese zu überlisten. Daraus folgt, dass eine Kamera ohne Automatiken am einfachsten zu bedienen ist. An meinem Fotoapparat kann ich drei Sachen einstellen, die Zeit, die Blende und die Schärfe. Dabei kann man 100 Sachen falsch machen, aber dafür haben wir ja schließlich den Beruf gelernt.
Ob das Wunder der besseren Bilder in Lourdes trotz bestem Willen Wirklichkeit geworden ist, bezweifle ich. Im Dezember wird der Film auf 3SAT laufen, sinniger Weise in der Reihe „Aus anderer Sicht“ (monatlich jeden ersten Mittwoch 15.15Uhr)
Quelle: Film&TV Kameramann Heft 10/2002