Bekanntlich sind Fotokameras meist künstlich auf 29'29" maximale Aufnahmedauer begrenzt, weil sie sonst von der EU als Videokameras eingestuft werden und einem entsprechenden Zollsatz unterliegen. Allerdings findet derzeit die schrittweise Umsetzung eines WTO-Abkommens statt, das diese Zoll-Unterschiede mittelfristig aufhebt.
Komischerweise ist es ziemlich schwer, entsprechende Infos im Netz zu finden. Ich habe nun nochmal einen Anlauf genommen und entsprechende Dokumente gesucht, die die Sache etwas konkretisieren. Vielleicht interessiert das ja auch andere Leute hier im Forum.
Die WTO hat zuletzt 2017 ein aktualisiertes Dokument veröffentlicht, das den Abbau der Zollsätze für Einfuhren in die EU zusammenfasst:
https://docs.wto.org/dol2fe/Pages/FE_Se ... 7R1-02.pdf
In der Einleitung heißt es:
"Customs duties shall be eliminated through equal annual reductions beginning on 1st July of 2016 and concluded on 1st July of the year indicated in column "Implementation / To" and the staging matrix section."
Auf Seite 36 oben finden sich die Zollsätze für Foto- und Videokameras. Vor Inkrafttreten des Abkommens betrugen sie:
0,0 % für digitale Fotokameras (das sind eben die, die maximal 29'29" Video am Stück aufnehmen)
4,9 % für Video-Camcorder, die nur ihr eigenes Kamerasignal aufnehmen können
14,0 % für andere Video-Camcorder (d. h. solche mit zusätzlicher externer Aufnahmefunktion)
Die letztgenannte Kategorie spielt meines Erachtens heute keine Rolle mehr. Zuletzt war es ein Thema im Zusammenhang mit DV-Eingängen, über die man bearbeitete Videos wieder auf DV- oder HDV-Kassetten zurückspielen konnte.
Der Zollsatz für Videokameras ohne Eingang soll bis 1. Juli 2021 auf Null gesenkt werden. Daraus ergeben sich, wenn ich richtig rechne, folgende Schritte:
Ab 1. Juli 2016: 4,1 %
Ab 1. Juli 2017: 3,3 %
Ab 1. Juli 2018: 2,5 %
Ab 1. Juli 2019: 1,6 %
Ab 1. Juli 2020: 0,8 %
Ab 1. Juli 2021: 0,0 %
Der Zollsatz für Videokameras mit Eingang fällt kurioserweise schon 2019 auf Null:
Ab 1. Juli 2016: 10,5 %
Ab 1. Juli 2017: 7,0 %
Ab 1. Juli 2018: 3,5 %
Ab 1. Juli 2019: 0,0 %
Also theoretisch könnten die Hersteller ab Juli 2019 Kameras ohne Aufnahmezeitbeschränkung ohne Zoll-Aufschlag anbieten, wenn sie eine externe Aufnahmefunktion integrieren (z. B. mittels HDMI-Eingang).
Ab Juli 2021 geht das dann auch ohne Tricks. Wobei bereits jetzt der Zollsatz sich in einem Bereich bewegt (2,5 % ab Juli dieses Jahres), wo man sich fragt, ob das wirklich noch ein ausreichender Grund für die Limitierung der Aufnahmedauer ist.
Allerdings gibt es nach wie vor Hersteller, die bei manchen Modellen mit der Hitzeentwicklung zu kämpfen haben. Denen kommt die EU-bedingte Aufnahmegrenze vielleicht als Ausrede ganz gelegen. ;)