rush hat geschrieben: ↑Mi 21 Sep, 2022 19:00
Ob das immer sinnvoll ist? - Für den Single Operator vielleicht noch okay, aber wenn der Redakteur die Karte mitnehmen soll sieht es schon ganz anders aus.
Ich glaube, dass Rush da etwas sehr wichtiges definiert hat, quasi die "Bruchlinie".
Sehr, sehr viel ist in irgendeiner Form ok wenn die Technik und die Resultate die eigenen 4 Wände (respektive Einflusssphäre des in Alleinform agierenden Dienstleisters, der von Set bis Post alles alleinig selbst durchführt) nicht verlassen. Sehr vieles ist nicht ok, wenn man Film als kollaboratives Arbeitsumfeld wahrnimmt, wo andere von der eigenen Technik, den eigenen Resultaten abhängig sind.
Das kann man auf so viele Bereiche anwenden:
- Unpraktische Codecs: Externes ProRes Raw - Super, wenn ich nie auf Resolve angewiesen bin. Für sehr vieles ist das schon ein Ausschlusskriterium, oder gradet irgendwer wirklich FCP? Cinema DNG: Qualitativ besser als Braw - aber für jeden, der das umkopieren/handeln/archivieren muss eine Zumutung. Irgendwelche Kinefinity oder Tico-Raw-Varianten: Wer soll damit was anfangen, wenn vorher umcodiert werden muss, ähnliches gilt für die H265-Recording-Problematik, die einige haben. Das ist alles ok solang der Kunde mit dem Endresultat happy ist und niemand anders sich damit herumplagen muss, sondern der Einzelunternehmer halt die Maschine laufen lassen muss, wenn das über Nacht herumcodiert. Aber gibt das mal einer Werbeproduktion, die mit Standardcodecs wie XDCAM, ProRes, DNxHR, R3D oder ähnlichem operiert und sag ihm dass deren Software (Premiere, Resolve, FCP, Avid) das leider nicht unterstützt und er entweder Offline schneiden soll oder das Ding vorher für das oder das (Sony Catalyst für die Gyro-Stabilisierung ist ja auch so ein Kandidat) durch eine proprietäre Applikation jagen muss. Das geht einmal aus der Notwendigkeit heraus und beim nächsten Mal heißt es mit der Kamera oder der Person dahinter drehen wir halt nicht mehr.
- Fest verbaute Speichermedien: Im hier vorliegen Fall hat Rush das Beispiel schon gebracht. Kann man umkopieren, sollte man eh. Aber so etwas wie 50:50-Drehtag Splitting wird damit auch verunmöglicht. Im hier nicht vorliegenden Fall - aber das ist ein Bereich wo das noch mehr kommen wird sind das Drohnen. MicroSD ist zu langsam, CFExpress vmtl zu groß (sonst hätten es jetzt schon V90 SSDs getan). Ich hab mehr als einmal erlebt dass eine Drohne mit der Tagesfootage runter ging und die Operator es nicht für nötig hielten, nur die Speicherkarte Mittags zu wechseln, damit im Fall der Fälle wenigstens der Vormittag übrig ist. Die Kosten für Nachdreh haben den Wert der Drohne um ein vielfaches überstiegen.
- Die Vorstellung "Fix it in Post": Spätestens wenn das mehr als eine Sache betrifft und der drehende nicht auch alles in der Post selbst macht, werden gewisse Sachen nicht passieren außer sie sind so offensichtlich fehlgelaufen, dass das Ding so nicht abgegeben werden kann. Wenn man da selbst was verbockt hat setzt man sich halt einen Tag hin und biegt das gerade, wenn das jemand anders machen muss, wenn das von jemand anderem eigentlich nicht kalkuliert war, suboptimal.
Die Liste ließe sich fortsetzten, im Endeffekt läuft es auf eine Sache hinaus: Es ist mittlerweile sehr gut möglich, gute Endresultate mit günstigstem Equipment zu erzielen. Das fällt auch oft am Ende nicht auf, solange das Ding die eigenen Hände nicht verlässt und Dinge im Endeffekt wieder gerade gebogen werden. Aber einer ehrlichen Kalkulation oder wenn Leute nicht kreativ sich so verausgaben würden um Dinge möglich zu machen, die eigentlich leichter gingen geht sich da vieles nicht aus, insbesondere wenn nicht am Ende selbst Mehrleistungen von Nöten sind.