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3D-Filmsprache?



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3Dvideos
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3D-Filmsprache?

Beitrag von 3Dvideos »

Als Wim Wenders in der ZEIT seinen neuen Film anpries, schwärmte er von einer neuen Filmsprache:

"Ich war mir sehr sicher, dass 3D in der Lage ist, Charaktere und ihre Geschichten in einen Raum zu stellen, der absolut hyper-realistisch ist und dadurch den Zuschauer so in die Situation hinein versetzt, wie es das zweidimensionale Medium einfach nie konnte. Dieser Film hier, 'Die Schönen Tage von Aranjuez', zeigt meinen Traum von dieser neuen Filmsprache. Und ja, dieser Film ist sicher ganz weit von jedem anderen 3D-Film entfernt, der je gemacht wurde. Dies hier ist wirklich ein natürliches Sehen, das der gängigen Filmgrammatik nichts mehr schuldet."

Man darf sich die Worte auf der Zunge zergehen lassen, um Schönschwätzerei zu erkennen: Ein völlig anderer 3D-Film in der gängigen Filmgrammatik.

Was hat es nun wirklich mit der Filmgrammatik auf sich?

Die Idee ist eigentlich so alt wie der Filmschnitt. Sie vergleicht Einstellungen mit Worten, die Montage von Einstellungen mit dem Satzbau und die Montage von Szenen mit dem Erstellen eines Textes.

Beispiel: Wie formuliert man in Videoeinstellungen den Satz "Dieses Haus ist schön."? Vielleicht nimmt man eine Totale des Hauses und führt in einer Halbtotale und einer Nahaufnahme an ein schönes Detail des Hauses heran.

Was ändert sich daran durch 3D?

Das eigentlich Neue an 3D ist nicht einfach nur die dritte Dimension, sondern die Einteilung des Raumes in einen Teil vor der Leinwand/des Bildschirms und einen Teil dahinter, also in Popouts und Tiefe. Wenn man noch genauer sein will, ist das eigentlich Neue an 3D der Teil vor dem Bildschirm, also die Popouts. Sie durchbrechen die "vierte Wand" und entsprechen damit der modernen Entwicklung der Dramentheorie.

Was ändert sich durch Popouts?

Popouts lassen Bilder zumindest in Teilen wie Hologramme erscheinen. Sie machen Bilder damit zu Gegenständen. Sie verstärken das Realitätsgefühl. Der Zuschauer hat das Gefühl, als könne er diese Gegenstände greifen.

Gleichzeitig bedeutet das Eindringen von Gegenständen in den Zuschauerraum eine Intensivierung der Nähe. Die Bilder werden eindringlicher, vertrauter, intimer, persönlicher als bisher schon die Nahaufnahmen.

Was ändert sich durch die Tiefe?

Die Tiefe steigert die Objektivität der Bilder. Sie stellt die Bilder differenzierter dar. Komplexe Räume können dadurch leichter verstanden werden.

Was ändert sich für die Montage, für die Grammatik?

Man kann die Interaktion zwischen zwei Schauspielern von der Horizontalachse ( rechts/links ) auf die Vertikalachse ( vorne/hinten ) verlagern.

Beispiel: Überreicht ein Akteur etwas, sieht man den Vorgang nicht länger von der Seite, sondern bekommt als Zuschauer quasi den Gegenstand durch den Bildschirm hingehalten.

Allgemeiner formuliert: Objekte von großer Bedeutung in Nahaufnahme treten gezielt häufiger vor die Bildfläche. Um die volle Wirkung zu entfalten, müssen die Objekte etwas länger als bisher im Raum stehen.

Wie sieht das bisher in der Praxis aus?

3D-Filme mit starken Popout-Effekten sind meist Computeranimationen. Ansonsten flüchtete die Filmindustrie in Umwandlungen durch weitgehenden Verzicht auf Popouts.

Welche Folge hatte das bisher?

Zuschauer fühlten sich im Kino häufig um 3D betrogen. Sie klagten darüber, dass nach der Werbung im Hauptfilm keine Popouts mehr zu sehen waren. Sie empfanden den Preis für einen 3D-Film für zu hoch.

Wie geht es weiter?

Im 3D-Bereich hat es relativ schnelle Änderungen und manches Hin und Her gegeben. 3D-Kameras etwa sind nicht mehr so leicht zu bekommen und auch 3D-Fernseher werden weniger angeboten. Ab 2020, also in 3 Jahren, soll Avatar 2 als 3D-Film ohne Brille in die Kinos kommen. Ob damit auch 3D-Fernseher ohne Brille technisch ausgereift und bezahlbar sind, ist noch nicht abzusehen.

Der Brillenstreit jedenfalls hat sich als aufgebauscht und vordergründig erwiesen. Jeder setzt eine Brille auf, wenn es sich lohnt. Leider hat es sich nach Avatar nur selten gelohnt. Es wird sich lohnen, wenn die Sender durch eine neue Formatoffenheit auf 3D umstellen.

Das wird möglich sein, wenn 2D-Fernseher 3D-Filme in 2D umwandeln - etwa durch einen Stick für Altgeräte. 3D-Kameras mit schmalem Linsenabstand ermöglichen inzwischen vollwertige 3D-Bilder mit geringem Aufwand. Die Sender produzieren dann mit gleichem Aufwand wie bisher für 2D künftig reale 3D-Filme - und der Kauf von 3D-Fernsehern nimmt einen rasanten Aufschwung, weil er endlich seine Berechtigung hat. Jeder kann dann alle Filme in seinem jeweiligen Lieblingsformat schauen. Und wie bei der Farbe kostet 3D nicht mehr extra.



Frank Glencairn
Beiträge: 26509

Re: 3D-Filmsprache?

Beitrag von Frank Glencairn »

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Sapere aude - de omnibus dubitandum



cantsin
Beiträge: 16359

Re: 3D-Filmsprache?

Beitrag von cantsin »

3Dvideos hat geschrieben: Di 14 Nov, 2017 12:27 Der Brillenstreit jedenfalls hat sich als aufgebauscht und vordergründig erwiesen. Jeder setzt eine Brille auf, wenn es sich lohnt. Leider hat es sich nach Avatar nur selten gelohnt.
Genauer gesagt: Es praktisch keine 3D gefilmten Filme mehr, nur 2D-Hochkonvertierungen und 3D-Animationsfilme, siehe https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_3 ... 5_onwards)
"Wieso eigentlich überhaupt was drehen? Warum nicht jahrelang nur darüber philosophieren?" -stip



3Dvideos
Beiträge: 805

Re: 3D-Filmsprache?

Beitrag von 3Dvideos »

cantsin hat geschrieben: Di 14 Nov, 2017 21:04
3Dvideos hat geschrieben: Di 14 Nov, 2017 12:27 Der Brillenstreit jedenfalls hat sich als aufgebauscht und vordergründig erwiesen. Jeder setzt eine Brille auf, wenn es sich lohnt. Leider hat es sich nach Avatar nur selten gelohnt.
Genauer gesagt: Es praktisch keine 3D gefilmten Filme mehr, nur 2D-Hochkonvertierungen und 3D-Animationsfilme, siehe https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_3 ... 5_onwards)
Einen guten Überblick findet man hier:

http://digitaleleinwand.de/3d-filme/

Ansonsten liegt es natürlich auch an der Einstellung des eigenen 3D-Fernsehers. Beim eigenen LG LM670S haben sich die manuellen Einstellungen ( 3D-Tiefe 16, 3D-Blickpunkt -2 ) als effektvoll erwiesen. Übrigens auch für meine Videos:

https://www.youtube.com/user/klausbellmann



3Dvideos
Beiträge: 805

Re: 3D-Filmsprache?

Beitrag von 3Dvideos »

Wie lade ich 3D Videos zu Youtube hoch?

- Da gibt es zwei Möglichkeiten:

1. als 2D-Video im halben Side-by-Side-Format
Vorteile:
a) Die Verarbeitung geht schneller.
b) Manche VR-Brillen-Nutzer können mit diesem Format mehr anfangen.
Nachteil:
a) Die meisten Youtube-Nutzer sehen das Motiv doppelt in zwei halben Bildern.
b) Youtube-Nutzer mit 3D-Fernseher müssen das Video manuell auf 3D umstellen.

2. als 3D-Video im halben Side-by-Side-Format.

Was muss ich da beachten?

- Man erstellt das Video als mkv-Datei. Anschließend fügt man die 3D-Metadaten hinzu. Das geht einfach und schnell mit ffmpeg:

https://www.ffmpeg.org/download.html

Installation:
1. Man entpackt das Programm in ein Verzeichnis.
2. Man erstellt darin ebenfalls eine txt-Datei mit einem Texteditor.
3. Man öffnet die txt-Datei.
4. Man kopiert folgende Zeile dort hinein:
ffmpeg -i 1.mkv -c copy -metadata:s:v:0 stereo_mode=1 output_file.mkv
5. Man benennt die txt-Datei in ffmpeg.bat um.

Anwendung:
1. Man benennt sein mkv-Video in 1.mkv um.
2. Man verschiebt 1.mkv in das Installtionsverzeichnis.
3. Man doppelklickt ffmpeg.bat.
4. Man lädt output_file.mkv zu Youtube hoch.



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