Ein paar Dinge zu Axel's Beitrag:
Axel hat geschrieben:Ist das so? Werden beide Halbbilder gleichzeitig auf dem Rechnerdisplay angezeigt? Die Streifen, von denen du sprichst, sind bei schnellen Bewegungen bei Betrachtung eines einzelnen Frames nämlich quasi eine Bewegungsunschärfe, durch die man nur mal mit dem Läusekamm gezogen hat. Bei Bewegung sieht das Bild gut aus, eben wie progressiv. Wäre das also das "Software De-Interlacing"? Einfach beide Felder gleichzeitig anzeigen?
Auf Digital Media for Artists steht unter
"Die Probleme des Halbbildverfahrens 1 / Wiedergabe auf PC-Monitor" folgendes:
- "Solange Video innerhalb der standardisierten Videotechnik verarbeitet wird und alle Geräte das Halbbildverfahren normgerecht unterstützen, ist diese Technik völlig unproblematisch und bringt mehr Nutzen als Nachteile.
Wird aber Video am Computer weiterverarbeitet, erzeugt, oder auch nur wiedergegeben, so gibt es eine Reihe von Problemstellungen, die berücksichtigt werden müssen [...]. Da ein PC-Monitor das Bild nicht in Zeilen aufbaut, sondern in einzelnen Bildpunkten anzeigt, werden die Halbbilder nicht korrekt dargestellt - es werden immer beide Halbbilder gleichzeitig angezeigt. Die Folge ist, dass bei schnellen Bewegungen die Zeilen kammartig sichtbar werden."
Wobei ich glaube, dass man dies differenziert betrachten muss - je nachdem mit welcher Anwendung das File abgespielt wird.
Zweifelsohne besteht ein Unterschied zwischen dem was wir auf dem Monitor sehen und dem tatsächlich vorliegenden Material. Weiter muss man meines Erachtens unterscheiden zwischen einem Anzeige-Modus, der zum Ziel hat das Material ansehnlich darzustellen (in einem Mediaplayer) und einem Anzeige-Modus, der eine detaillierte Bearbeitung des Materials erlaubt (in einem Schnitt- od. Compositingprogramm).
Selbst wenn ich Video-Material in einem Mediaplayer abspiele, bekomme ich ja streng genommen nur ein Preview zu sehen (solange es sich um Material handelt, das noch nicht für die Darstellung auf einem Computermonitor "aufbereitet" worden ist). DV-AVI wurde niemals mit der Absicht konzipiert, problemlos auf einem VGA-Monitor dargestellt werden zu können. Denn die Aufzeichnung erfolgt im Halbbildverfahren, das zur korrekten Darstellung das Zeilensprungverfahren bei der Wiedergabe verlangt - was der Monitor wiederum nicht unterstützt.
Was auch immer uns also beim Abspielen eines DV-AVIs am Monitor gezeigt wird, ist in gewisser Weise bereits nicht mehr identisch mit dem tatsächlich vorliegenden Bildmaterial. Interlaced-Video wird auf dem PC ja immer mit der Prämisse abgespielt, es für den Betrachter so "realistisch" wie möglich aussehen zu lassen. Bei der Wiedergabe kommen deshalb verschiedene Filter (DirectShow, ffdshow, etc.) zum Einsatz.
Mehr darüber kann man im Artikel
"So funktionieren DirectShow-Filter" auf movie-player.de nachlesen.
Durch solche Filter etwa wird der DV-Stream ja quasi verfälscht wiedergegeben, damit er für uns korrekt aussieht. Und letztlich weiss man im Zweifel gar nicht genau, durch wie viele verschiedene Filter der Stream im Rechner geschickt wird, bevor er für uns auf dem Monitor sichtbar wird. Das hängt dann wieder vom verwendeten Mediaplayer und darüber hinaus von diversen Plugins ab. Doppelklickt man also eine .avi, öffnet sich der mit AVI-Files verknüpfte Player, der das File analysiert und den DV-Codec feststellt. Der Player "weiss", er soll ein DV-AVI abspielen, DV bedeutet "interlaced, unteres Halbbild zuerst", weshalb er einen entsprechenden Filter zuschaltet, der das interlaced Video für die Monitorwiedergabe aufbereitet. Natürlich wird das DV-AVI dabei nicht destruktiv deinterlaced, sondern lediglich eine Monitor-taugliche Vollbild-Version für die Betrachtung erzeugt - genauer gesagt: simuliert.
An der Stelle würde ich dann Axels Vermutung mit dem Software-Deinterlace einfach einmal zustimmen.
Die Frage, die nun auftaucht, ist: Wie geht das jeweilige Videobearbeitungsprogramm mit interlaced-Video um bzw. welches Verfahren verwendet es, um das interlaced-Video in einer Vorschau darzustellen?
Spiele ich im Schnitt- oder Compositingprogramm einen Footage-Clip ab, öffnet sich der im Programm integrierte Player, der m.E. das Material ähnlich anzeigt, wie jeder beliebige andere Mediaplayer auch. Was aber geschieht genau, wenn man sich innerhalb der Timeline bewegt und das im Vorschau-Fenster betrachtet?
Im
diesem slashCAM-Beitrag heisst es:
- "[After Effects] kickt bei nicht progressivem material jeweils ein halbbild im preview um anständig arbeiten zu können. dieses "deinterlacing" hat nichts mit dem export zu tun."
Damit ist die Darstellung der Vorgänge innerhalb der Timeline gemeint, richtig?
D.h.: Klicke ich mich Frame für Frame durch die Timeline, sehe ich stellvertretend für jeden Frame nur ein einziges Halbbild dieses Frames, das andere wird verworfen. Die im angezeigten Halbbild fehlenden Zeilen werden interpoliert. Und in diesem Fall scheint diese Methode der Darstellung auch sinnvoll und zweckmässig zu sein. denn es wäre schon arg, müsste man eine feine Maske auf einem von Interlace-Streifen durchkämmten Bild erstellen.
Spiele ich aber ein zusammenhängendes Stück aus der Timeline heraus ab, sind wieder die Sägezähne festzustellen, weshalb ich nun davon ausgehe, dass dann wieder jeder Frame durch seine beiden Halbbilder vertreten wird, die zeitgleich angezeigt werden.
(Nicht vergessen: Das ist soweit lediglich meine Theorie. Ich bitte um Korrektur, falls ich mich irren sollte)
Verschiedene Anzeige-Modi verwenden scheinbar verschiedene Methoden zur Darstellung von Halbbildern. Eine Variante ist eben die gleichzeitige
Darstellung der beiden Halbbilder. Eine andere das Verwerfen eines Halbbilds inklusive Interpolation der fehlenden Bildinformation.
@Axel: Vermutlich haben wir also beide Recht.
Eine interessante Frage fällt mir dann auch noch dazu ein:
Wenn ich in After Effects mit dem Pinsel in das Bild male, worauf zum Geier male ich denn dann eigentlich? Vermutlich auf beide Halbbilder, auch wenn ich nur eines sehe.