Ich wäre sehr dafür, wenn die GEZ Gelder für eine 100%ige Finanzierung von Dokumentarfilmproduktionen ausgegeben würden anstatt die verdammte X-ten Rosamund Pilcher Roma-Verfilmung (erst gestern kam wieder einer)....aber vielleicht sehe ich das anders, wenn ich in Rente bin ;-)
Hier herrscht leider eine ziemliches Ungleichgewicht und hiesige Dokfilmproduzenten sind gar nicht in der Position, ihre Verwertungsforderungen durchzusetzen. Um einen richtigen Dokumentarfilm zu produzieren (nicht: Beitrag), benötigt man mehrere Finanzerungsquellen. In der Regel sind das Filmförderung, Verleih, Eigenkapital und Sender. Das blöde in Deutschland ist, daß die Filmförderung einen Sender und am Besten noch einen Verleihvorvertrag vorschreibt, bevor sie in die Finanzierung einsteigt. Zudem sitzen die Sender auch noch fest in den Vergabekommissionen der Filmförderungen und erhalten dadurch eine unverschämte Machtfülle. Das bedeutet in der Praxis, erstmal genügend Material auf eigene Kosten drehen, bis der Sender für den Dokfilm interessiert werden kann. Falls das Projekt dann eine Redaktion überzeugt, diktiert der Sender die Konditionen. Zu diesem Zeitpunkt kann man sich entscheiden, die Konditionen des Senders anzunehmen (werden nicht verhandelt - es gilt friss oder stirb) oder den Raum zu verlassen und auf den bisher geleisteten Kosten sitzenzubeleiben. Lässt man sich darauf ein, dann - und nur dann - votiert der Sender in der Vergabekommission der Filmförderung für das Projekt und man erhält die Filmförderung. Wenn nicht, dann erhält man vom Sender entsprechende Gegenstimmen in der Vergabesitzung und das Projekt ist erledigt.
WoWu hat geschrieben: ↑Mo 05 Feb, 2018 18:46 Danke für die Erläuterung. In der Tat führen solche Umstände zu andern Ergebnissen, als die Produktion aus eigenen Mitteln, wie wir sie vornehmen.
Unterˋm Strich aber letztlich wirklich zu schlechten Verträgen, weil man auf günstiges Fremdgeld angewiesen ist.
Nur weiß man das ja im Vorwege und kann sich dann hinterher nicht darüber beklagen, dass man alle Rechte aufgegeben hat.
Dass das Vergabesystem ziemlich unterirdisch ist, darin stimme ich überein.
Aber dann muss man vorher etwas verändern und darf nicht an den Symptomen nach Änderungen suchen.
Ich denke auch, dass da der Ansatz vieler Europäischer Doku Produzenten viel zu kurz gesprungen ist.
Für gute Ideen und mit einem gut gemachten Katalog als Referenz im Hintergrund bekommt man von Broadcastern genügend Lizenz-Vorverträge um Produktions Finanzierungen Sicher zu stellen.
Aber das ist natürlich ein ganz anderes Thema, aber statt auf Fördermittel (mit den besagten Nachteilen) zu schielen, ist es (auch im Hinblick auf die Freiheiten, die man in einer Eigenproduktion hat) sicher die bessere Lösung.
Daher halte ich die Beschwerde über die Verwertung für nicht besonders zielführend denn das läuft ja quasi eine nachträglichen Vertragsveränderung hinaus.
WoWu hat geschrieben: ↑Mo 05 Feb, 2018 19:23 Das liegt aber dann daran, dass keine Theman angepackt werden die auch mal Zuschauer in Thailand oder Südafrika interessiere sondern mehr oder weniger lokale Themen, bei denen entweder der Markt eingeschränkt ist oder das erforderliche internationale Marketing fehlt denn Dokumentationen rechnen sich bei uns seit über 10 Jahren. (wenn man mal nur alles ab HD betrachtet).
Das wäre in Deutschland nicht anders.
Nun haben wir hier in Südamerika die Temen auf der Straße liegen, sodass die Auswahl etwas leichter ist, aber grundsätzlich sollten auch Vermarktungsstrategien, die die Gestehungskoste + einspielen, auch von Deutschland aus möglich sein.
(Allerdings sind hier die Gestehungskosten , speziell die Lohnkosten deutlich geringer.)
Insofern kann ich die Notwendigkeit von Förderung nicht wirklich einsehen, zumal noch die geschilderten Nachteile dran hängen.
Wer tut sich sowas an?
Helge Renner hat geschrieben: ↑Mo 05 Feb, 2018 21:35 Du denkst vermutlich an Naturdokus. Für mich ist das ein Subgenre, das mich persönlich überhaupt nicht interessiert. So geht es vielen Kolleginnen und Kollegen. Geld wäre ausreichend vorhanden, um Filme über Menschen und Gesellschaft voll zu finanzieren, allerdings nicht, wenn man es für Sportrechte, Schmonzetten und Talkshows versenkt. Die Schmonzetten werden dabei von sendereigenen oder Redaktionsbeteiligten Firmen nach nepotistischem Prinzip produziert und die zahlreichen Talkshows gibt es, weil man sich so die Politik gewogen hält, in dem man ihr viel Sendefläche einräumt. Hinzu kommen die lasten aus üppigsten Pensionen für längst pensioniertes Senderpersonal. Die Einsparungen holen sich die Sender bei den freien Produzenten, weil die aufgrund der bereits beschriebenen deutschen Förderstruktur so schön erpressbar sind. Dazu gehört dann, dass man für zusätzliche Leistungen wie die VOD Rechte nichts bezahlen will, wohl wissentlich, dass mit der angestrebten unbefristeten Einstellung in die Mediatheken samt Wegfall des Geoblockings ein Verkauf der Rechte in andere Länder sehr schwierig wird, denn die dortigen Sender wollen für ihr Geld eine gewisse Exklusivität. Recht hast du damit, das niemand gezwungen ist, unter diesen Bedingungen zu arbeiten. Das gleiche gilt aber für andere Berufe mit prekären Marktbedingungen aufgrund falscher politischer Rahmenbedingungen wie z.B. Hebammen, Landärztinnen, Erzieher usw. Wollen wir ihnen als Bürgerinnen und Bürgern auch empfehlen, sich lukrativere Jobs zu suchen und die Kinder werden dann von Immobilienmaklern auf die Welt gebracht und von Start up Hipstern betreut?
WoWu hat geschrieben: ↑Mo 05 Feb, 2018 19:23 Das liegt aber dann daran, dass keine Theman angepackt werden die auch mal Zuschauer in Thailand oder Südafrika interessiere sondern mehr oder weniger lokale Themen, bei denen entweder der Markt eingeschränkt ist oder das erforderliche internationale Marketing fehlt denn Dokumentationen rechnen sich bei uns seit über 10 Jahren. (wenn man mal nur alles ab HD betrachtet).
Das wäre in Deutschland nicht anders.
Nun haben wir hier in Südamerika die Temen auf der Straße liegen, sodass die Auswahl etwas leichter ist, aber grundsätzlich sollten auch Vermarktungsstrategien, die die Gestehungskoste + einspielen, auch von Deutschland aus möglich sein.
(Allerdings sind hier die Gestehungskosten , speziell die Lohnkosten deutlich geringer.)
Insofern kann ich die Notwendigkeit von Förderung nicht wirklich einsehen, zumal noch die geschilderten Nachteile dran hängen.
Wer tut sich sowas an?
Das denke ich auch. Allerdings ist der Wettbewerb hierzulande durch die Subventionen bereits so extrem verzerrt, daß fast nur noch auf einen Autraggeber zugeschnittene und bestellte Ware hergestellt wird, deren Herstellungskosten schon weitgehend abgedeckt sind und natürlich ebenso deren Verkauf. Einen echten Markt gibt es hierzulande quasi gar nicht. Zudem verkaufen ZDF Enterpises und andere Distributoren die europäischen Produktionen schon in die ganze Welt und fluten damit den Markt. Selber machen und gewinnbringend in die Welt verkaufen funktioniert daher in Europa so gut wie nicht.WoWu hat geschrieben: ↑Mo 05 Feb, 2018 21:53 Der Vergleich mit Dienstleistern hinkt übrigens ... Filmemacher sind keine Dienstleister. Sie stellen eine Wäre her ... wenn die Gut ist, finden sich auch Käufer ... wenn nicht, würde ich die Schuld nicht darin suchen, dass die Produktion nicht gefördert wurde.
ich kann ebein besten willen nicht nachvollziehen, womit man einen derart uneingeschränkten glauben and den "freien markt" vernünftig belegen könnte. da glaube ich schon viel eher, dass die "echten perlen", die es zum glück ja durchaus gibt, ohne entsprechenden offentliche fördermaßnahmen noch viel rarer wären. ich glaub wirklich, dass man in dieser frage mit der kritik nicht völlig übers ziel hinaus schießen sollte -- aber vermutlich hab ich an gutes kino und die film- und medienkunst auch gänzlich andere ansprüche als der mainstream bzw. ein massenpublikum.Drushba hat geschrieben: ↑Di 06 Feb, 2018 01:16 Gäbe es gar keine Subventionen (also auch keine Filmförderungen, über welche defacto die Sender verfügen und auch keine ÖRs mit GEZ-Abgabe) hätten wir mit Sicherheit bessere Filme. Gerade weil sich Filmemacher wie auch Sender dann am Publikum orientieren müssten und sich ganz ehrlich über den Verkauf ihrer Waren finanzieren könnten. 90% der TV-Angestellten und Filmemacher würden sich dann einen anderen Job suchen müssen, das ist auch richtig - dies wäre aber letztlich eine gute Marktbereinigung, die den derzeit vielen lauwarmen Machern einen anderen Beruf ermöglichte. Eine qualitative Verflachung gäbe es sicherlich auch, aber dazwischen eben die raren, echten Perlen, die nur fernab der Subvention entstehen können.
Das habe ich auch. Mir fällt dabei auf, daß die meisten guten Festivalfilme nicht mehr aus Subventionseuropa stammen. Dagegen habe ich etliche gute Filme aus Südamerika, Nordamerika und Asien gesehen, die teilweise unter abenteuerlichen Bedingungen finanziert wurden oder als mutig begonnene Indiefilme von Studios endfinanziert wurden. Wann hast Du den letzten guten Subventionsfilm gesehen? Wo sind die wirklich guten Kino-Italiener, Franzosen, Schweden und Briten wie in den 60er, 70er und teilweise noch 80er Jahren? Ich kann sie ausserhalb der Filmgeschichtsseminare nicht mehr entdecken, von Klassikern wie James Bond einmal abgesehen. Ich sehe dafür jede Menge halbgute, weil gutgemeinte Filme an den Plakatwänden unserer Programmkinos (wirklich schlechte sind meist nicht dabei, aber auch nichts, wofür man Eintritt zahlen müsste). Das hat durchaus seinen Grund. Mit jeder Subvention steigt die Zahl der Kopfschüttler und Redaktions-Reinredner, der depperten Dramaturgie-Workshops auf Festivals, der "Developmentkurse" welche mittlerweile von Förderungen verpflichtend angeboten werden, wo europaweit dieselbe Formel gelehrt und garantiert jegliche Originalität glattgebügelt wird.