domain hat geschrieben:Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass einem ältere Personen unheimlich viel geben können. Es ist nicht gut, dass in unserer Gesellschaft alle ältere Personen apriori verachtet werden.
Das nehme ich nicht wahr. Meine eigenen Eltern bezeichnen sich als Opfer ihrer Zeit, ihre Jugend stand unter dem bösen Stern des 2. Weltkriegs. Alles, was man ihnen eingetrichtert, nein:
eingeprügelt hatte, wurde etwas später nicht nur angezweifelt, widerrufen, es wurde als das Übelste gebrandmarkt, was die Geschichte hervorgebracht hatte.
Um die überall bekannten Geschichten abzukürzen: Es war auch keineswegs einfach,
die Kinder solcher gebrochenen Eltern zu sein. Was da an familiärer Liebe da ist, muss mühsam von beiden Seiten immer wieder erarbeitet werden.
Und die meisten Eltern erzogen ihre Kinder zu materiellem Anspruchsdenken und den Bedacht auf den eigenen Vorteil. Nur konsequent, dass sie als Rentner, die noch Jahrzehnte vor sich haben und "nach uns die Sintflut" verkünden, nicht auf besondere Ehrerbietung hoffen dürfen.
domain hat geschrieben:Da sind uns andere Gesellschaften weit voraus in ihrer "Rückständigkeit" und das betrifft vor allem die arabischen Gesellschaften, aber sicher auch die japanische.
Das sind so völlig andere Hintergründe, das sich da nichts vergleichen lässt.
domain hat geschrieben:Aus diesem Gegensatz des Clandenkens und des Familiengefühles und unsererem eigenen speziell den Alten gegenüber gezeigten rücksichtslos egoistischen Individualismus ließen sich viele Filmthemen finden, denn da stimmt mal mit Sicherheit etwas nicht in unserer Gesellschaft.
Abgesehen davon, dass die Rücksichtslosigkeit m.E. auf Gegenseitigkeit beruht, erntet jeder, was er sät. Ein von seiner Brut ins Pflegeheim Abgeschobener - um nur ein Beispiel zu nennen - hat selbst die Weichen gestellt. Aber wenn du wüsstest, wie recht du trotzdem hast! Das Problem sitzt so tief in unserer Gesellschaft, es ist das größte unserer Tabus, bewacht von Verleugnungen und Euphemismen und verlogener politischer Korrektheit (gibt es eigentlich auch
ehrliche politische Korrektheit?), dass es in der Tat ein großes Thema wäre. Kann ein jüngerer Mensch dieses Thema schon stemmen? Kann es ein älterer
noch?
domain hat geschrieben:Und in der Situation brauchen wir keine gefälligen Selbstdarstellungen und Explosionen und Tötungsspiele mehr von stupiden Jugendlichen.
Das gehört alles zu den Verharmlosungen und Ablenkungen, die das kollektive Gewissen produziert. Sowohl
Alles bleibt in der Familie als auch
Cough of the dead handeln aber
indirekt von deinem Thema. Wie sollen Mittzwanziger ihr Befinden anders ausdrücken als durch Unbehagen? Und wie sollten sie, mit ihrer Zukunftsperspektive, anders überleben als dadurch, Freundschaft mit diesem Unbehagen zu schließen? Aus welchem Film stammt das Zitat: "Wenn das Grauen nicht dein Freund ist, wird es dein schlimmster Feind?"
domain hat geschrieben:Eigentlich schade, dass sie nicht erkennen, wo der Hut brennt. Denn da gäbe es so viele Themen.
Unsere Kultur kann man eigentlich nur pessimistisch betrachten. Rettung gibt es nur für den Einzelnen, der sich vorm Abstumpfen schützt. Ein sehr schöner Film ist die Pocahontas-Liebesgeschichte
The New World von Terrence Malick. Captain Smith lebt ein paar Wochen bei den Indianern und lernt, sein Herz zu öffnen. Dann kehrt er zurück zum Fort der Engländer. Als er durch das Holztor tritt, folgt der deprimierendste Schnitt in der Filmgeschichte. Kein Grund zur Hoffnung (Ja, ja, ich weiß, es
ist bis dahin dieselbe Geschichte wie
Avatar, aber vermutlich weder was für junge noch für alte Leute, denn es gibt weder deftige Action noch genießbare Romantik, dafür aber, um dich zu zitieren, eine "versöhnliche Auflösung", wenn sie auch einen doppelten Boden hat).