Oha, selbst die Tonleute verdienen mehr als ein Kameramann... hätte ich nicht gedacht.Bluboy hat geschrieben: ↑So 04 Apr, 2021 06:34 https://www.wuv.de/karriere/arme_cutter ... n_tv_leute
Ich habe hier jetzt mal ganz bewusst Deinen kompletten Text zitiert, weil ich den wirklich hervorragend finde. Du hast hier einen wohlreflektierten, sauber formulierten und bis zu jedem Punkt und jedem Komma fehlerfreien Text abgeliefert, den man genau so überall drucken könnte. Von daher ist es extrem schade, dass Du nicht in der Medienbranche geblieben bist. Aber eine abgeschlossene Berufsausbildung ist ja auf jeden Fall erst mal eine gute Sache. Nun weiß ich zwar nicht, was Du derzeit beruflich machst, aber mal so aus dem Bauch heraus möchte ich Dir empfehlen, sofern das möglich ist, ein Studium an einer Universität zu absolvieren. Ich vermute, dass Du Abitur hast, und in Deinem Kopf scheint es ziemlich aufgeräumt zu sein, das erkennt man ja an Deinen Zeilen. Von daher: qualifiziere Dich so gut wie möglich. Ich bin mir absolut sicher, dass Du beruflichen Erfolg haben wirst, in welcher Branche auch immer. Mein persönliches Beispiel: Ich habe Politikwissenschaft studiert, parallel schon was für Produktionsfirmen und Sender gemacht, und inzwischen mache ich seit 25 Jahren eigenverantwortlich als Freiberufler komplette Filme in verschiedenen Bereichen, vor allem zum Thema Eisenbahn und Nahverkehr, aber auch sehr viel im Politikbereich, und habe immer gute Aufträge. Das liegt vor allem daran, dass ich mich nicht als Künstler, sondern als Handwerker sehe, und immer freundlich und zuverlässig bin. Du scheinst so ähnlich zu ticken, und solche Leute werden überall gebraucht, nicht nur in der Medienbranche.Gore hat geschrieben: ↑Fr 02 Apr, 2021 23:34 Hallo journeys_and_scorpions.
Ich bin gelernter Mediengestalter Bild und Ton. Meine Ausbildung ist allerdings schon ein paar Jahre her. Inzwischen habe ich in anderen Bereichen gearbeitet, die mit Bild und Ton nichts zu tun hatten. Daher bin ich aus dem Beruf eigentlich raus. Trotzdem erzähle ich Dir, wie es war.
Die Ausbildung habe ich an einer Akademie absolviert, die diesen Ausbildungsgang allerdings nicht mehr anbietet. Die technischen Unterrichtsfächer waren u.a. Bildtechnik, Elektrotechnik, Tontechnik und Mathematik. Für mich war es sehr einfach, weil ich zuvor ein paar Semester Physik an einer Universität studiert habe. Andere angehende Mediengestalter hatten mit diesen Fächern (vor allem Bildtechnik) in unserem "Jahrgang" allerdings Schwierigkeiten.
Zu den technischen Fächern kamen dann Fächer wie Redaktion, Medienrecht, Schnitt und Gestaltung. In Sachen Gestaltung mussten wir dann z.B. erst einmal mit Fotokameras nach draußen und nach gewissen gestalterischen Blickpunkten Fotos erstellen, bevor wir überhaupt eine EB-Kamera in die Finger bekommen haben. Ein wenig Photoshop haben wir auch gelernt. Später kamen Grundlagen in Cinema 4D hinzu. Cinema 4D war aber recht wenig. Es wurde nur kurz angerissen.
Neben dem Unterricht haben wir parallel dazu laufende Aufgaben/Projekte gehabt. Dazu mussten wir im EB-Team raus und Beiträge erstellen, die dann z.B. auf freien TV-Sendern liefen. Die Projekte mussten wir komplett durchplanen und vorbereiten. Dazu gehörte dann auch das Einholen von Drehgenehmigungen, Rechten, sowie das Ausführen von Kalkulationen. Im hauseigenen Tonstudio mussten wir Sprecher aufnehmen. Als Projekt konnte auch mal die Aufnahme einer Musikband sein. Die Projekte mussten natürlich innerhalb einer jeweiligen Deadline fertiggestellt werden, so dass man am Ende das fertige Masterband hatte oder eine Musik-CD. Zu all diesen Projekten kam noch ein mehrmonatiges Praktikum in einem Produktionsbetrieb hinzu.
Das alles hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht. Entsprechend habe ich mich mit Herzblut reingehangen und am Ende mit 1,7 abgeschlossen.
Noch im Medienrausch steckend, dachte ich natürlich, dass ich mit meinem 1,7er Abschluss leicht einen Job finden würde. Es folgten Bewerbungen beim NDR, beim ZDF, in diversen Tonstudios und bei anderen. Doch dann wurde ich sehr schnell auf den harten Boden der Realität zurückgeholt: Der NDR nimmt nur eigene Leute und keine Fremden, beim ZDF sagte man mir, dass man "nur Volontäre" einstelle. Mit mir als fertig ausgebildeten Mediengestalter Bild und Ton könne man nicht viel anfangen. (Keine Ahnung, was die Aktion vom ZDF sollte.) In den Tonstudios fragte man nur: "Wer schickt Dich?" Dort wäre also Vitamin B angesagt gewesen. Der Chef eines (bekannteren) Tonstudios sagte mir auch, dass man dort im kompletten ersten Jahr ohne Bezahlung arbeiten würde. Auf meine Frage, wie ich meine Miete bezahlen solle, meinte er wortwörtlich: "Ist nicht mein Problem. Dann musst Du halt am Wochenende Pizza ausfahren oder so etwas. Ich habe hier noch 200 andere Bewerbungen liegen..."
Eine Mini-Produktionsfirma, bestehend aus zwei Typen, war ebenfalls dreist: An meinem Vorstellungstag war nur der Chef anwesend. Er selbst hatte gar keine Ausbildung im Medienbereich, konnte es aber nicht unterlassen, herablassend und sich selbst aufspielend unablässig mein mitgebrachtes Reel zu kritisieren. Er selbst war allerdings der Meinung, dass er keine Ausbildung bräuchte. Von mir verlangte er aber, dass ich mich in meiner Freizeit mit seiner Technik vertraut mache, deren Rechner repariere und insgesamt zum Nulltarif arbeite. Er meinte: "Du kannst hier gerne alles machen und Dich um alles kümmern. Aber es gibt nur ein Problem - ich kann Dich nicht bezahlen. Du musst das aber auch verstehen. Ich habe zwei kleine Kinder, die Firma läuft nur im ersten Gang und ich muss knallhart kalkulieren." Natürlich habe ich abgesagt und ihm alles Gute gewünscht. Seine Endreaktion: "Och, schade. Ich habe mich schon auf Dich gefreut."
Ende vom Lied: Ich habe dann irgendwann einen "normalen" Job angenommen, um nicht lange arbeitssuchend zu sein. Während des normalen Jobs habe ich mich zwar weiterhin im Medienbereich beworben, aber keinen Medienjob bekommen, weil mir "die Erfahrung fehle" oder weil die vielen kleinen Produktionsfirmen mit dem Budget knappsten und niemanden fest einstellen wollten. Hier biss sich die Katze also in den S.c.h.w.a.n.z.: Um Erfahrung sammeln zu können, musste ich irgendwo einsteigen. Doch man ließ mich nicht einsteigen, weil mir die Erfahrung fehlte. Welch eine Ironie.
Generell lernt man als Mediengestalter von allem etwas. Die ganz wenigen Kollegen aus meinem Jahrgang, die einen Job ergattern konnten (sofern sie ihn heute noch haben), haben sich dann auf eine Sache spezialisiert. Ich hätte auch gerne den Schnitt genommen, bin aber nirgends reingekommen. Einmal hatte ich alternativ ein Angebot als Regieassistent für eine deutsche Kinofilmproduktion. Auch hier sagte man mir, dass ich die drei bis vier Monate ohne Bezahlung arbeiten solle, weil kein Budget da wäre. Dafür würde es sich aber toll machen, die Marke "Film" im Lebenslauf für spätere Projekte stehen zu haben. Ich habe trotzdem abgelehnt, weil ich mich nicht ausbeuten lasse. Den Job hat dann ein junger Abiturient (ohne Bezahlung) gemacht. (Wenn man noch zu Hause wohnt und keine eigenen Unkosten hat, kann man es sich ja leisten, solche Jobs zu machen.) Als ich über den Film recherchiert habe, habe ich herausgefunden, dass er aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachen Fördergelder bekommen hat. Insgesamt ein niedriger siebenstelliger Betrag. Von wegen "kein Budget"...
Um also noch einmal Deine Frage zu beantworten: Als Mediengestalter Bild und Ton ist man erst einmal eine Art "Allrounder". Aber niemand macht alles alleine. Medien und Film sind immer Teamwork. Man wird sich also einen Bereich aussuchen, auf den man sich spezialisiert. Wenn Du Schnitt machen möchtest, würde ich danach noch eine Ausbildung oder ein Studium als Editor ranhängen. Als Mediengestalter bringst Du dann die Basics mit (die je nach Ausbildungsbetrieb auch gründlicher sein können), so dass Dir die Spezialisierung leichter fällt. Wenn Du keine Ausbildung als Mediengestalter findest, bleibt Dir wohl - wie hier bereits erwähnt - nur eine direkte Ausbildung (oder ein Studium) als Editor übrig.
Die SAE hat wohl keinen so guten Ruf. Viele Leute kritisieren, dass man dort zu viel Geld für eine Ausbildung zahlen muss, die nicht viel wert ist. Ob es so stimmt, kann ich nicht sagen, weil ich nicht an der SAE war. Ich bin der Meinung, dass etwas immer so gut wird, wie man sich selber auch reinhängt. Ich würde die SAE als Chance sehen, mir dort so viele Infos und so viel Wissen wie möglich zu holen für das Geld. Ich würde die Dozenten ausfragen, die dortigen Bücher durchgehen, die dortigen Arbeitsplätze möglichst oft buchen und möglichst viel in Eigenregie zu machen. Den einen oder anderen Besuch beim "Offenen Tag der SAE" habe ich auch schon mitgemacht. Dort meinten die Dozenten, dass viele Teilnehmer die Arbeitsplätze nur sporadisch buchen würden. Ich würde dort zuschlagen, zumal dort ja immerhin noch ein Bachelor am Ende dabei rausspringt. Schließlich lässt man dort viel Geld und kostbare Zeit. Vielleicht gibt es hier SAE-Absolventen, die Dir da Genaueres berichten können?
Ich drücke Dir auf jeden Fall die Daumen! :)
Ob das im April 2021 auch so war ?hheditor hat geschrieben: ↑Mi 11 Mai, 2022 11:07 Die Ausbildung nennt sich "Mediengestalter Bild und Ton" (es gibt auch Mediengestalter Grafik, da lenste nicht schneiden).
Du lernst außer Schnitt auch Kamera etc ...
Wichtig ist der Betrieb bei dem du die Ausbildung machst, dass da auch genug geschnitten wir. Weitere Auskunft gibt die örtliche Handwerkskammer.