Der ausgeprägte Sendungsdrang vieler deutscher „Filmautoren“ lässt es nicht zu, sich nach dem Publikumsinteresse zu richten. Es muss bekehrt, belehrt und erzogen werden, was der Zuschauer zu denken und zu empfinden hat. Einerseits führt diese Einstellung zu ständigen Misserfolgen beim breiten Publikum, andererseits schützt es vor hirnlosem Action-, Prügel- und Zombie-Schrott wie Fast & Furious, Rambo oder Lust of the dead.Jalue hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 02:56 Ich habe mal ein Seminar bei einem Drehbuchagenten namens Julian Friedman mitgemacht und ein Satz hat sich mir eingeprägt: "The movie is not made for you!", übersetzt: Kein Schw ..n interessiert, was du selbst als Autor gerne auf der Leinwand sehen würdest, du schreibst für die Zuschauer!
Eigentlich ne Binse, sollte man denken, aber im deutschen Film mit seiner ausgeprägten Autorenfilm-Tradition schon fast ein Sakrileg. Schätze mal, genau das meint Cruise hier und jeder US-Filmschaffende versteht es auch sofort.
Ich schrieb das schon mehrmals, aber es passt hier halt. Shakespeare, der gewiss nicht im Verdacht steht, hirnlosen Mainstream-Müll produziert zu haben, schrieb für das Publikum, genauer gesagt - und wörtlich! - für das "Box Office". Das war die Kammer hinter der Bühne, in der nach der Vorstellung die Erlöse unter den Schauspielern aufgeteilt wurden. Und Shakespeare spielte bekanntlich selbst.TomStg hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 07:15Die Balance zwischen Unterhaltung und Message - also zwischen breitem Publikums- und schmalem Autoreninteresse - zu finden, dürfte die hohe Kunst des Filmschaffens sein. Diese Interessen unterliegen natürlich auch dem zeitlichen Wandel, aber ein gewisser Rahmen sollte eben eingehalten werden.
Mit Verlaub: Kino ist zu vielfältig zur Beschränkung auf Pop-Kultur. Aber du hast es ja auch mit dem "wesentlich" eh nochmal eingegrenzt. Ich finde es nicht zielführend das eine in das andere Stülpen zu müssen. Aber wie gesagt: die Kinolandschaft ist eben nicht ausschließlich Popkultur.
Ganz eklatant fällt mir das (neben Marvel, F&F...) öfters Mal bei Kinderfilmen auf, da wird zum x-ten Mal Räuber Hotzenplotz & co aufgetischt, nur weil es aus der Kindheit der Eltern bereits bekannt ist und hab nichts neues ausprobieren möchte... Würde mich nicht wundern, wenn es einen Pumuckl-Reboot geben wird :Prush hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 08:15Das ist einerseits verständlich, aber irgendwie auch bitter - und bei Filmen ist da eine Parallele zu erkennen .. anstatt neuen Stoffen eine Chance zu geben, erleben wir häufig den X-ten Aufguss von Stoffen die eigentlich längst außerzählt sind - aber dennoch ihre Fanbase haben... Ein Teufelskreis.
Nach diesem Motto werden dann Blockbuster zusammengestückelt:Jalue hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 02:56 Ich habe mal ein Seminar bei einem Drehbuchagenten namens Julian Friedman mitgemacht und ein Satz hat sich mir eingeprägt: "The movie is not made for you!", übersetzt: Kein Schw ..n interessiert, was du selbst als Autor gerne auf der Leinwand sehen würdest, du schreibst für die Zuschauer!
Das wäre nach obigen von Ethan Hawke vorgeschlagenen System cash grab ohne passion.
Man kommt um das Konzept "Autoren" nicht so ganz herum. Bewusst Plural, weil, warum kann nicht ein inspiriertes Team was Gescheites liefern?
...und Thea von Harbou, von welcher der größte Teil des Drehbuchs stammt, das Lang verfilm hat - inklusive diese Szene.
Und Lang hat es wie ein dressiertes Hundchen nur brav ausgeführt. ;)Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 13:49...und Thea von Harbou, von welcher der größte Teil des Drehbuchs stammt, das Lang verfilm hat - inklusive diese Szene.
Die Antwort darauf bekommst du, wenn du das Drehbuch liest.
George Lucas sagte in einem Interview, die Filmemacher der ehemaligen Sowjetunion hätten mehr kreative Freiheiten gehabt als die Filmemacher Hollywoods. Der Zwang zur Kommerzialität sei schlimmer als Zensur. Klingt zugebenermaßen wie ein Widerspruch zu “as you like it”. Hollywood war und ist wohl toxisch. Es versucht, Leidenschaft zu verkaufen. Das macht es zur Referenz dafür. Niemand kann es so gut wie eine ***. Man darf sich nur nicht verknallen.
Naja gab es in Hollywood nicht auch ordentlich Zensur?
Hays Code?In fact, local governments essentially regulated films from 1915 until 1952, Dr. Thomas Doherty, professor of American studies at Brandeis University, told me in an interview for my new book, “Fault Line: How a Seismic Shift in Culture Is Threatening Free Speech and Shaping the Next Generation.”
“Movies [had] no First Amendment rights, which means state censorship boards, city censorship boards, a sheriff who didn’t like the film, could basically go in and shut down the movie,” Doherty explained.
Between the pressure from faith leaders and the government intrusion into the matter, it didn’t take long for Hollywood to opt for self-censorship, with the Motion Picture Producers and Distributors of America, an organization that later became the Motion Picture Association of America, creating a moral code that Hollywood studios subscribed to when releasing films.
Na da schau her.Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 14:58Die Antwort darauf bekommst du, wenn du das Drehbuch liest.
Spoiler Alert: Lang hat hier nicht den Rebellen gegeben, und sich über das Drehbuch hinweg gesetzt.
Kann man das z.Z. nicht auch an Netflix sehr gut erkennen?Axel hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 15:01George Lucas sagte in einem Interview, die Filmemacher der ehemaligen Sowjetunion hätten mehr kreative Freiheiten gehabt als die Filmemacher Hollywoods. Der Zwang zur Kommerzialität sei schlimmer als Zensur. Klingt zugebenermaßen wie ein Widerspruch zu “as you like it”. Hollywood war und ist wohl toxisch. Es versucht, Leidenschaft zu verkaufen. Das macht es zur Referenz dafür. Niemand kann es so gut wie eine ***. Man darf sich nur nicht verknallen.
Die Gefahr besteht natürlich, aber was Friedman m.E. eher meinte, war eine Art innere Haltung des Autors, nennen wir sie: Bescheidenheit. So sagte er auch sinngemäß, dass man sich als Autor nicht einbilden solle, etwas Besonderers zu sein (also; einen überragenden Intellekt oder Geschmack zu haben), sondern sich eingestehen solle, dass man auch nicht schlauer sei als der durchschnittliche Zuschauer. Das ist diametral entgegengesetzt zum "Genie-Kult", wie er hierzulande immer noch an (manchen) Filmunis kultiviert wird.iasi hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 10:19Das Motto:Jalue hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 02:56 Ich habe mal ein Seminar bei einem Drehbuchagenten namens Julian Friedman mitgemacht und ein Satz hat sich mir eingeprägt: "The movie is not made for you!", übersetzt: Kein Schw ..n interessiert, was du selbst als Autor gerne auf der Leinwand sehen würdest, du schreibst für die Zuschauer!
Wir puzzeln uns etwas zusammen.
Heraus kommt der typische, auswechselbare Unterhaltungsbrei.
Offiziell sind sie runtergefallen.Darth Schneider hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 15:37 Und wenn du heute als Filmemacher in Russland zu kreativ bist dann wirst du einfach vom Hotel Balkon herunter geworfen…
Lucas spricht natürlich von den 70ern und 80ern. Merkwürdig, sich vorzustellen, dass er von irgendwelchen persönlichen Leidenschaften durch die Gier der Studios abgehalten wurde, wenn man sich seine Filme anguckt. Freilich hatte er in dem Interview schon den gewaltigen Kropf. Er hatte schon über das Geheimnis der Kristallschädel sinniert, ernsthaft. Zisch! Ein weiterer ultrareicher Spinner.
Ich denke, der Mittelweg ist der richtige:Jalue hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 20:35Die Gefahr besteht natürlich, aber was Friedman m.E. eher meinte, war eine Art innere Haltung des Autors, nennen wir sie: Bescheidenheit. So sagte er auch sinngemäß, dass man sich als Autor nicht einbilden solle, etwas Besonderers zu sein (also; einen überragenden Intellekt oder Geschmack zu haben), sondern sich eingestehen solle, dass man auch nicht schlauer sei als der durchschnittliche Zuschauer. Das ist diametral entgegengesetzt zum "Genie-Kult", wie er hierzulande immer noch an (manchen) Filmunis kultiviert wird.
Wenn man den Satz "The movie is not made for you!"allerdings so interpretiert, dass man zwingend den tausendsten Aufguß der "Writer's Journey" auskübeln sollte, dann gebe ich dir völlig recht, dann ist das Ergebnis saftloser Unterhaltungsmüll und Julian Friedman würde es vermutlich genauso sehen.
Falls es wen interessiert, der Mann hat damals auch ein Buch zum Thema geschrieben: "Unternehmen Drehbuch"
Was man an Netflix erkennen kann ist, was passiert, wenn die Message zu verbreiten wichtiger wird als das Publikum.
Bei nem Abomodell wie Netflix, aber nur als Unkostenfaktor.
So. Und woran soll man das denn erkennen?Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Sa 07 Jan, 2023 10:12Was man an Netflix erkennen kann ist, was passiert, wenn die Message zu verbreiten wichtiger wird als das Publikum.
Auch falsch.Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Sa 07 Jan, 2023 10:12Bei nem Abomodell wie Netflix, aber nur als Unkostenfaktor.
Was ja nach der Meinung von einigen hier völlig falsch ist, da man damit ja ein rein populistisches Unterhaltungsprogramm machen würde, statt die eigenen Anliegen und Messages der Produzenten durchzudrücken.
Schon mal überlegt dass es nicht nur schwarz ist weiß gibt?Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Sa 07 Jan, 2023 13:02 Was ja nach der Meinung von einigen hier völlig falsch ist, da man damit ja ein rein populistisches Unterhaltungsprogramm machen würde, statt die eigenen Anliegen und Messages der Produzenten durchzudrücken.
Das was du "Einheitsbrei" nennst ist das Ergebnis aus der Erfahrung, was die meisten Zuschauer ins Kino/vor den TV bringt.
In die Cineplexen, ja. Aber Kino besteht aus so viel mehr Formaten. Und die werden nach wie vor bedient.Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Sa 07 Jan, 2023 14:31Das was du "Einheitsbrei" nennst ist das Ergebnis aus der Erfahrung, was die meisten Zuschauer ins Kino/vor den TV bringt.
Eben: irgendwelche "Messages" (die oft auch nur hinein interpretiert werden, siehe Ringe der Macht) spielen keine Rolle und machen nämlich im Umkehrschluss auch einen Film nicht weniger unterhaltsam.Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Sa 07 Jan, 2023 14:31 Außerdem sind Agenda und Messagefilme sind nicht automatisch besser oder spannender, als das was für gewöhnlich die meisten Zuschauer zieht.
"Kein Schw ..n interessiert, was du selbst als Autor gerne auf der Leinwand sehen würdest, du schreibst für die Zuschauer!" wird in D doch durch die Bank praktiziert. Das Publikum steht vor allem im deutschen Fernsehfilm an erster Stelle. Rosamunde Pilcher, Degeto-Family Entertainment etc. Die Fernsehindustrie ist tonangebend in D, nicht das vergleichsweise kleine Kinosegment.Jalue hat geschrieben: ↑Fr 06 Jan, 2023 02:56 Ich habe mal ein Seminar bei einem Drehbuchagenten namens Julian Friedman mitgemacht und ein Satz hat sich mir eingeprägt: "The movie is not made for you!", übersetzt: Kein Schw ..n interessiert, was du selbst als Autor gerne auf der Leinwand sehen würdest, du schreibst für die Zuschauer!
Eigentlich ne Binse, sollte man denken, aber im deutschen Film mit seiner ausgeprägten Autorenfilm-Tradition schon fast ein Sakrileg. Schätze mal, genau das meint Cruise hier und jeder US-Filmschaffende versteht es auch sofort.
Ja und wie viele davon spielen nicht mal die Kosten ein, weil kaum jemand bereit ist dafür ein Ticket zu bezahlen, sondern leben nur von der Filmförderung? Selbst in Hollywood rechnet man damit das ein Tentpole Film, 3 andere mitfinanziert, weils halt selbst nach Einheisbreirezept keine Gewinngarantie gibt.