Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Do 04 Okt, 2018 13:31
Funless hat geschrieben: ↑Do 04 Okt, 2018 12:47
doch soweit mir bekannt erheben die Bücher auch nicht gerade den Anspruch der vollumfänglich historischen Genauigkeit.
Soweit dir bekannt ist....
Ihre Detailkenntnis überrascht selbst gestandene Berliner. Etwa dass man einst eine Mark Maut für die Fahrt auf der Avus zahlen musste.
Ich lese alte Zeitungen, etwa die Vossische, da findet man solche Details...
Dabei versuche ich aber, die damalige Gegenwart so darzustellen, wie ich sie mir nach meinen Recherchen vorstelle. Eine ganz wichtige Quelle sind Zeitungen von damals. Wir beurteilen die Zeit ja mit dem Wissen darüber, was später alles geschehen ist. In den Schlagzeilen finde ich dagegen das naive Gefühl der damals lebenden Menschen, die noch nicht ahnen konnten, was die Zukunft bringt...
Die umfassende historische Genauigkeit ist das Ergebnis einer enormen Recherchearbeit. Sie sagen zwar, dass die Romane ganz bewusst keine Geschichtsbücher sein sollen. Trotzdem: Sehen Sie Ihre Romane auch als Dokumentationen?
Jein. Natürlich kann man in den Romanen hier und da Details erfahren, wie teuer eine Fahrt auf der AVUS war, was ein Paar Schuhe kostete oder eine Tasse Kaffee im Restaurant, und man wirft auch einen Blick in den damaligen Alltag.
Was sind Ihre Hauptquellen dafür?
Hauptsächlich die Literatur der damaligen Zeit, die Romane der Neuen Sachlichkeit, aber auch zeitgenössische Zeitungsartikel oder Filme wie »Menschen am Sonntag« oder – und da sind wir wieder bei Kästner – Emil und die Detektive. Was den Alltag der damaligen Zeit angeht, war auch meine Großmutter – Jahrgang 1914 – eine unerschöpfliche Quelle.
Ja aber genau das zeigt doch das Interview Zitat, dass die Intention ein historisches Geschichtsbuch zu schreiben nie vorhanden war. Er garniert seine Romane mit authentischen Details, einzeln betrachtet zwar Kleinigkeiten, aber in Summe wichtig für das Narrativ seines fiktiven
Unterhaltsromans.
Historiker würden sich wahrscheinlich die Haare raufen (will ich nicht bezweifeln), das würden sie aber auch bei den
Indiana Jones Filmen welche bekanntermaßen mit nicht gerade wenig historischen Detailfehlern aufwarten. Dennoch unterhalten die Filme den Zuschauer, weil das ihre Hauptintention ist: Unterhaltung. Und genauso sehe ich das eben auch bei
Babylon Berlin, für mich muss der Film nicht erst großartig darauf hinweisen, dass er seine Machart mit einem selbstironischen Augenzwinkern transportiert es handelt sich hier um eine sowieso nicht Ernst zu nehmende Crime Story, mehr nicht. Einfach nur pures Entertainment.
Tanrantino
musste bei
Inglourious Basterds so satirisch übertreibend vorgehen, denn schließlich hat er ja bei seiner Story den Ausgang des zweiten Weltkriegs komplett verändert.
Ich kann es ja verstehen, wenn dich die Tanzszene aufgrund ihrer seltsamen Choreographie aus der Illusion reißt, ich fand sie im ersten Augenblick auch etwas befremdlich anzuschauen aber nach ein paar Sekunden war's mir dann auch wieder egal, da ich ja keine historische Tanzdokumentation erwartet habe.
Nur um mal ein weiteres Beispiel zu nennen: Mir als Berliner fiel sofort in den U-Bahnhof Hermannplatz Szenen der große Spiegel am Ende des Bahnsteigs auf. Historischer Super Detail-Fail, denn diese Spiegel wurden erst Anfang/Mitte der 90'er nach und nach in den U-Bahnhöfen platziert weil sukzessive die Zugabfertiger (hier im Berliner Volksmund nannte man sie "U-Bahn DJs") wegrationalisiert wurden und mit dem Spiegel können die Lokführer auf den Bahnsteig blicken bevor sie die Türen schließen. Jedenfalls gab es diesen Spiegel im Jahre 1929 definitiv nicht. Als ich den Spiegel sah, hab' ich kurz aufgelacht und das war's dann auch.
Wie gesagt, die Serie will unterhalten und nicht lehren und das macht sie zwar nicht perfekt aber recht gut.