Alex hat geschrieben: ↑Di 18 Jul, 2023 10:14
Ich habe schon viele szenische Projekte (Serien, Spielfilme, Werbung) als Beleuchter, Oberbeleuchter und Kameramann am Set gestanden. Ich picke mal 2 Produktionen raus:
Ein 6-wöchiger Spielfilm (Das Geheimnis der Kormoraninsel, 35mm) und eine 13-wöchige Serie (Was nicht passt wird passend gemacht, 16mm) tun sich da besonders hervor, weil sie zu 90 % draußen spielten. Der Spielfilm war "grüner Hügel", weil komplett in der Natur draußen, die Serie spielte auf einer Baustelle.
Beide Projekte wurden im Sommer in Deutschland gedreht. Bei solchen Projekten kann man sich nicht nach dem Wetter richten, denn der Drehplan steht schon Wochen vorher fest, man kann höchstens Szenen/Drehtage tauschen, aber auch nur, wenn es die Sperrtage der Schauspieler zulassen.
An Tagen ohne konstantes Wetter (und das können einige sein) wird Tag für Tag morgens (oder zu Beginn einer neuen Szene) entschieden, ob man auf Wolke oder auf Sonne dreht und entscheidet sich meist für das Wahrscheinlichere.
Mit Lichtwechsel (Sonne/Wolke) muss man fast immer rechnen, aber man entscheidet sich für einen Zustand: Sonne ODER Wolke. Und diese Lichtstimmung gilt es dann zu halten, mit allen Mitteln, die der Licht-LKW zu bieten hat. Also große Segel, um die Sonne auszudecken und große Einheiten um Sonne zu ersetzen.
Drehste auf Wolke, braucht man nicht viel zu machen, vielleicht ne weiche Einheit um Konturen zu formen und etwas Aufhellung. Drehste auf Sonne, kannste diese in den closeren Aufnahmen mit Segeln etwas entschärfen und etwas Aufhellung, je nachdem.
Kritisch ist immer, wenn das Licht innerhalb einer Szene komplett von Wolke auf Sonne wechselt, dann hast du Rambazamba auf dem Licht-LKW, wenn nicht alles schon für diesen Moment vorbereitet wurde.
Drehste auf Sonne und es kommt ne dicke Wolke, dann muss man einschätzen können, wie lange diese bleibt und ob neue Wolken kommen. Also muss man entscheiden ob man wartet oder direkt auf Sonne leuchtet. Wenn man den Anschluss auf Sonne leuchten will, kommt man ohne dicke Einheiten nicht aus, um es optisch anzugleichen.
Umgekehrt, wenn man auf Wolke dreht und Sonne kommt raus, musste diese stark mit Segeln reduzieren/weich machen und ggf. stark und sehr weich aufhellen, um die Verhältnismäßigkeit wieder herzustellen. Geht aber zur Not auch ohne große Lampen, aber halt viel gerigge, ein 20x20 Butterfly braucht viel Gewicht und Abspannung um windfest zu sein. Wenn das nicht schon komplett vorbereitet ist, brauchste ca. 10-15 Min bis es steht.
Hier in Deutschland muss man immer damit rechnen, dass es z.B. im Sommer regnet oder bewölkt ist. In Kalifornien kannst du heute eine Produktion im nächsten Jahr planen und davon ausgehen, dass die Sonne scheint, das ist fürs Filmemachen ein riesiger Vorteil. Alleine aus diesem Grund sind viele der in DE produzierten Inhalten nicht mit denen aus den USA vergleichbar. An der Westküste planste deine Moneyshots halt morgens oder abends, bei tief stehender, warmer Sonne und hast fast schon ne Erfolgsgarantie für geiles Licht.
So ne "quasi-Garantie" bekommste nicht in DE. Da musst du immer Licht und Segel einplanen. Je größer, desto besser. In den USA, kannste dir Scheinwerfer tatsächlich zum größten Teil sparen, weil du bei Sonnenschein wirklich fast alles mit Reflektoren und Diffusoren bewerkstelligen kannst.
Und eins noch zum Thema Reflektoren: Wirklich ein tolles Leuchtmittel - bei Sonne. Ohne Sonne bringen dir Reflektoren nix (und irgendwelche Bounces mit HMIs lasse ich jetzt mal außen vor).
Wenn du auf Sonne drehst und die Wolke kommt, packste Scheinwerfer aus - große.