Ich bin überrascht, dass niemand bei dem Bike-Video auf die Lichtverhältnisse eingegangen ist. Da sind sehr kritische Stellen, die mit jedem anderen Camcorder, aber auch - und teilweise
gerade - mit den üblichen DSLRs nur schwer möglich gewesen wären. Lowlight in der Halle, Tageslicht durchs Fenster, im selben Frame: Man sieht keinen Clipping-Rand im Himmel, und es rauscht kaum in den Schatten. Wieviel davon die Presets der Kamera bewirken, wieviel die Erfahrung des Kameramanns und wieviel eventuell
der in drei Stufen verstellbare eingebaute ND-Filter - keine Ahnung. Bitte nochmal ansehen unter diesem Aspekt.
In der PR-Präsentation von Bollinger sagt dieser, sie hätten über SDI auch 4:2:2 abgreifen können, hätten sich aber auf AVCHD beschränkt, das trotz "Blockkompression" in der "sekundären Farbkorrektur" noch "erstaunlich gut" durchgehalten hat. Hmmm ...
In den von pilskopf verlinkten Filmen sieht man dagegen, dass AVCHD ein erstklassiger Aquisitionscodec ist, geradezu perfekt, wenn man ihn nicht auf die Farbzermürbungs-Folter spannt. Bestimmt wäre eine 4:2:2-Aufzeichnung
noch besser, aber der dort beschriebene Workflow hat sich auch längst bewährt:
Workflow for the AF-100 footage was… Shoot native AVCCAM. Transcode to ProResHQ. Color-correct files in Baselight. Output corrected HQ files.
Nicht alle Szenen spielen überhaupt mit dem
blöden shallow-Dof ("Sleepy Shallow"), dafür aber mit extremem Licht. Lowlight mit grellem Gegenlicht gemischt. Keiner kommentiert's. Galt mal als großes Video-Manko gegenüber Film. Das Problem ist dabei gar nicht mal so sehr der berühmte Blendenumfang, sondern, wie man ihn kontrolliert.
Der AF101 weist aus Sicht von Matthias Bolliger weder einen besonders hohen noch besonders niedrigen Dynamikumfang gegenüber anderen HD-Videokameras auf.
Aber:
Als Korrekturmöglichkeit nutzte Bolliger das ND-Filterrad des AF101: Die drei integrierten Graufilter erlaubten es, größere Blendensprünge schon mal grob auszugleichen. Für die optimale Belichtung wurden dann zusätzliche ND-Filter im Kompendium eingesetzt.
... wobei es sich zum Teil um ND-Verlaufsfilter gehandelt haben dürfte.
le.sas hat geschrieben:naja es ist Vimeo, und das Internet. ALle heulen immer rum dass sie die besten Vorschaumonitore haben wollen, am Besten Klasse 1, und dann beurteilen sie ein Video das komprimiert in Vimeo läuft...
Da ist was dran. Allerdings kann man sich das Video einer Kamera, die in einem für einen selbst erschwinglichen Preisrahmen lebt, "schöndenken", und das passiert regelmäßig. Wenn man gezielt darauf achtet, entdeckt man Schwächen auch in stark komprimierten Formaten. Warum sehen z.B. Kinofilme in anamorphotischem SD-Mpeg2 auf einer DVD - gewiss nicht die schonendste aller Verpackungen - besser aus als unsere "Originale" (EDIT: ... als unsere Originale aussehen
würden, wenn wir sie ebenso komprimierten). ?
Hier mal das Sony F3 - Testfilmchen zum Vergleich, von dem Maschwitz auf "Prolost" sagt, man sähe auch auf Vimeo, wie wenig der für DSLR typischen Artefakte im Original vorhanden waren. Man sähe es, würde ich sagen, wenn man es sehen
will ... (EDIT: Man sieht bei dieser 20.000€ Kamera in diesem Video einige
Belichtungsfehler, die man bei einer 1000€ - DSLR gerne übersehen hätte. Ist eben nicht "erstaunlich")
Mein Fazit: "Erstaunlich" gut, was heißt, dass man noch vor drei Jahren überlegt hätte, ob man die Landung von Marsmenschen oder die AF-101 auf die Titelseite nimmt, heute aber nur, dass es wieder ein brauchbares Werkzeug mit gutem Preis-Leistungsverhältnis gibt.
Wer als Kameramann permanent mit den vermeintlichen Stärken seiner Kamera protzt, tendiert dazu, ihre Schwächen zu übersehen. Die wirklichen Stärken des Werkzeugs sind letztlich Kontroll
möglichkeiten zur Vermeidung von Schwächen. Nicht?