Gysenberg hat geschrieben: ↑Sa 05 Feb, 2022 10:58
Ein Neumann will bekanntlich jeder externe Sprecher sehen, wenn er kommt.
Ja, das Phänomen kenne ich. Wobei ich extrem selten andere Sprecher zu Gast habe, weil ich ja doch zum ganz großen Teil selbst spreche. Häufig sind nur meine ganzen Muttersprachler hier, und mit denen arbeite ich überwiegend seit mehr als 20 Jahren zusammen. Die machen sich über sowas keinen Kopp, weil sie wissen, dass ich extrem qualitätsbewusst bin.
Mir ist es jedenfalls vollkommen schleierhaft, warum das U 87 immer noch so "gehyped" wird. Technisch und klanglich besteht dafür absolut kein Grund, da gibt es eine Reihe von Mikrofonen, die ich vorziehe. Allen voran die aus Gefell. Beim M 930 Ts im Sprecherraum muss ich kaum was am Signal machen. Direkt am Schnittplatz (der Raum ist ebenfalls akustisch ausgebaut) habe ich an einem Mika-Arm ein Neumann TLM 193. So habe ich die Möglichkeit, meine Texte direkt vom Monitor einzusprechen. Sieht im Prinzip aus wie in einem Hörfunkstudio. Das mache ich aber nur, wenn sich die Sprachaufnahme in eine Mischung einfügt, wo noch Atmo und/oder Musik dazu kommt. Alles, was für sich alleine steht, mache ich immer im Sprecherraum. Beim TLM 193 muss ich deutlich mehr eingreifen, wozu mir die ADT-Module aber viele Möglichkeiten geben. Unschlagbar ist der dynamische EQ, bei dem ich genau sagen kann, ob eine bestimmte Frequenz etwas angehoben oder abgesenkt werden soll, je nach dem, wie stark der reinkommende Pegel ist. Hauptaufgabe ist für mich, die S-Laute so sauber wie möglich abzubilden, und das kann man über verschiedene Möglichkeiten machen, von einem vorgefertigten De-Esser (dem "Hiss"-Regler im TM 119) über einen EQ, der in den Sidechain eines Kompressors geht, bis hin zu besagtem DynEQ.
Natürlich könnte man das alles auch auf der digitalen Ebene machen, also entweder live beim Aufnehmen in meinem kleinen DHD-Mischpult, oder als Plugin im FCPX, aber meine ausführlichen Bildvergleiche mit sachkundigen und hörgebildeten Leuten haben immer wieder ergeben, dass das Ergebnis am besten klingt, wenn man das alles schon auf der analogen Ebene erledigt hat. Und man spart viel Zeit.
TomStg hat geschrieben: ↑Sa 05 Feb, 2022 11:46
Denn mehr Qualität bei der Hardware bedeutet gerade bei Audio letztlich auch die wirtschaftlichere Investition.
Na eben. Denn gerade die tontechnischen Sachen kann man sehr lange nutzen, im Extremfall begleiten die einen das gesamte Berufsleben lang. So wie mein Sachtler-Stativkopf. Natürlich ertappt man sich immer mal wieder, dass man sich fragt, ob man sich jetzt das SQN umhängen möchte. Aber es lohnt sich eben.
In meinem Fall kommt ja nun auch noch hinzu, dass ich mich um die gesamten Inhalte kümmern muss, also die Bedienung der Technik läuft im Hintergrund, aber mein Gehirn muss auch alles verarbeiten, was die Leute mir so erzählen. Daher bevorzuge ich technische Lösungen, die mir eine hohe Betriebssicherheit bringen. Für mich bedeutet das übrigens eher mit weniger Automatiken zu arbeiten, deren Funktion ich mehr überwachen müsste als wenn ich weiß, was ich selbst eingestellt habe. Auch an den Autofocus der FX6 taste ich mich vorsichtig heran und muss da erst mal Vertrauen fassen. Nach 25 Jahren mit manuellem Fokus (ohne jemals unscharfe Bilder produziert zu haben) aber sicher verständlich.
Matthias