pillepalle hat geschrieben: ↑Fr 12 Okt, 2018 21:54Einen Gimbal als Stativersatz sehe ich noch nicht. Die Steuerung per Joystick ist noch viel zu unpräzise/grobschlächtig und vor jeder Kamerabewegung das Teil programmieren zu müssen viel zu umständlich. Handarbeit hat schon manchmal Vorteile.
Klingt, als hättest du nicht viele eigene Erfahrungen mit Gimbals. Ich habe jetzt zwei, und beim ersten, dem Ronin M, würde ich dir noch Recht geben. Auch möchte ich meine kategorische Behauptung "ersetzt das Stativ" insofern abschwächen, dass es
sehr viele Situationen leichter zu meistern erlaubt, als müsse man jedesmal ein Stativ aufbauen, die richtige Höhe einstellen, den Standort wieder optimieren, den Horizont einstellen usw.
Es steht nirgendwo geschrieben, dass man mit einem Gimbal
überhaupt Kamerabewegungen machen muss. Genauso wenig, wie einen ein guter Schwenkkopf zwingt, ständig jeden Scheiß abzuschwenken.
Heute ist muss man schon einen gehörigen Stilwillen haben und stur sein wie Aki Kaurismäki oder Roy Andersson, um auf bewegte Kamera zu verzichten. Wenn man glaubt, man müsse alles ständig sinnlos umgimbeln, dann hat man aber gar keinen Stil, sondern ist ein Heini.
Aber die modernen kleinen Gimbals lassen sich in dem Sinne einsetzen, dass sie die von dir gewünschte Bewegung mitmachen, bloß halt ohne unerwünschte Ausrutscher. Wir sprechen hier ja auch nicht von einer mehrere Kilogramm schweren 35mm Filmkamera oder einer Alexa - 7kg laut Arri Datenblatt und ganz klar von sich aus schulterbar:
Wir sprechen von Mirrorless, DSLR oder selbst Klumpen wie der Canon-C-Serie, die entweder zu leicht oder von der Bauform her zu unergonomisch sind, um gute Handkamera damit zu machen. Scheiß Kamera-Design, das halt kompensiert wird durch moderne Robotik, wo ist das Problem? Dass die Bewegungen selbst nicht organisch wirken, weil bestimmte Moves zu mechanisch wirken? Das ist dann ein nicht personalisierter Gimbal (oder ein zu alter mit einer zu trägen Steuerung), der auf dein Bewegungsverhalten und deine Erwartungen nicht programmiert ist.
Und da ist gewiss noch Luft nach oben. Der von Vincent Laforet ("Reverie") im April 2013 in untemstehenden Clip benutzte Freefly MōVi war noch ein vergleichsweise klobiger Prototyp. Schwierigkeitsgrad gälte heute, selbst mit einem Smartphone von der Stange auf einem 150 € Minigimbal, als allenfalls "mittel". Nicht, weil die Videofilmer so gut geworden sind, sondern die Gimbal so schnell und smooth.
Ich prophezeite damals eine Jahrhundertflut von selbstzweckhaftem Gehampel, und ich behielt Recht. Jede technische Neuerung wird anfangs inflationär gebraucht. Wie leicht zu habender sDoF, Vogelperspektiven und anderer Schaulöter. Bei aller berechtigten Kritik an den Auswüchsen, dem ständigen Zwang zur Kür, übersieht man aber leicht das Zweckhafte, die Vorteile, die es bietet.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...