Frank Glencairn hat geschrieben: ↑Do 05 Okt, 2017 08:31
Frank B. hat geschrieben: ↑Do 05 Okt, 2017 07:25
Mir geht gerade eine Frage durch den Kopf.
Braucht Kunst Publikum?
Nein, und IMHO zeigt sich echte Kunst vor allem darin, das sie keinen "Künstler" braucht.
Was ich meine ist folgendes. Echte Kunst braucht keinen "Künstler". Sie ist auch Kunst, wenn sie von jemand anderem gemacht wurde.
Sagen wir mal ein bekannter Künstler und die Putzfrau des Museums machen ein paar bunte Striche auf eine Leinwand.
Beide Werke sind völlig identisch. Echte Kunst wäre es, wenn beide als gleichwertig künstlerisch anerkannt würden.
Wird aber nur das Werk des Künstlers als Kunst betrachtet, und das der Putzfrau, als Schmiererei auf einer Leinwand, dann sind beide keine Kunst.
Wann immer als ein Künstler nötig ist, um das Werk zur Kunst zu machen, dann ist es keine.
Echte Kunst erkennt man IMHO daran, daß es völlig egal ist, wer sie gemacht hat.
Ich finde, deine letzten beiden Sätze bergen einen Widerspruch. Entweder ist es KEINE Kunst, wenn das Werk einer Putzfrau und des Künstlers identisch sein sollte, oder es ist BEIDES Kunst. Wenn es egal ist, ob das identische Werk von einem Künstler oder einer Putzfrau gemacht wird. Dann wären beide Personen sozusagen Künstler oder beides wäre keine Kunst.
Wogegen du dich in meinen Augen richtest, und das sehe ich genauso, ist der Hype um Künstler, deren handwerkliches Vermögen, das einer Putzfrau (hier synonym für jemand der nichts von Kunst versteht, was bei weitem nicht der Fall sein muss) nicht übersteigt. In diesem Falle wird das Kunstverständnis allein über Interpretationsvermögen des "Künstlers" und der Betrachter definiert plus einem gehörigen Schuss Personenverehrung (sei es sich selbst gegenüber oder gegenüber des Künstlers). Des Kaisers neue Kleider ist die Fabel, die das umschreibt.
Um nocheinmal auf mein Beispiel weiter oben zurück zu kommen. Es gibt inzwischen wohl sogar Weltmeisterschaften (also eher sportlich als künstlerisch) bei denen sich Bauern vergleichen im Ziehen möglichst gerader Furchen mit einem Pflug. Es ist nämlich tatsächlich eine große Kunst für einen Bauern, über hunderte Meter hinweg eine gerade Furche zu ziehen. Am Ende des Wettbewerbs ist dann für jeden Bauern sichtbar, wer diese Kunst am besten beherrscht. Natürlich wird das von den meisten Kunstexperten nicht als Kunst verstanden. Aber es ist ein schöpferischer Akt verbunden mit hohen handwerklichen Fähigkeiten. Es gibt jedoch nur eine sehr kleine Klientel, die das bereit ist als Kunst zu akzeptieren. Die Bauern nämlich, die das als Kunst erkennen.
Nehmen wir noch einmal das Beispiel von der Putzfrau und dem namhaften Künstler, die beide das gleiche täten. So unterschiede sich diese Art von Kunst nur darin, wer sie anfertigte und wer sie betrachtete, nicht aber in der handwerklichen Ausführung. Nun kann man zwar sagen, beides wäre Kunst oder beides wäre keine Kunst. Wenn man aber behauptete, nur das Werk des Künstlers wäre Kunst, dann würde man in eine Art Personenkult verfallen. Dann würden keine greifbaren Kriterien mehr entscheiden, sondern imaginäre, vielleicht sogar ideologische (entartete Kunst, systemkonforme Kunst, Nippes, Plunder, Schmierenkunst) und damit in meinen Augen sehr fragwürdige.
Von daher ist in meinen Augen, und da ist es mir auch persönlich egal, ob es andere anders sehen, die handwerkliche Ausführung eines künsterlischen Gedanken immer auch ein Kriterium für Kunst. Denn dann kommt Kunst auch von Können und nicht nur von Wollen oder Interpretieren.