Jalue hat geschrieben:Im Grunde spiegeln AVID und FCPX zwei völlig unterschiedliche Schnittphilosophien.
(...)
Die Vorteile von FCPX sind zugleich seine Nachteile, denn zumindest mich verleitet es zu einer etwas schludrigen "Passt scho!"-Mentalität.
Sehr kluge Bemerkung, die nur von einem kommen kann, der das Programm tatsächlich kennt. In 
diesem CreativeCow-Artikel (bzw. diesem und dem mit diesem verlinkten Folgeartikeln sowie den hunderten Kommentaren und den Antworten des Autors auf diese Kommentare) schält sich heraus, worin der 
wesentliche Unterschied besteht: in der spurlosen magnetischen Timeline.
Die primäre Storyline ("Handlung") ist nicht-nicht-linear, also zwangsweise linear, chronologisch. Sie "erzieht" den Cutter zu einem stark vereinfachten, logischen Denken. A-B-C hab' ich schon, hm, lass mal überlegen, was kommt dann? Mit jedem weiteren Clip, der angefügt wird (ehemals auch von mir bevorzugte Methode: append at 
end), wird der rote Faden roter, der Magnetismus psychologisch stärker, der Schnitt (scheinbar!) alternativloser.
Die Psychologie benennt Wahrnehmungsfehler, die auf unreflektiertem (allzu folgerichtigem, 
wer A sagt muss auch B sagen im Gegensatz zu 
wer A sagt muss gar nichts) Denken beruhen und die die Crux gut beschreiben: 
> bei einem vorgegebenem Thema sieht man nur noch, was dazu rein äußerlich passt. Was der Vorgabe widerspricht, wird ausgeblendet. Bekannt als 
selektive Wahrnehmung. Resultiert in Oberflächlichkeit.
> ein schnelles Urteil begünstigt 
Stereotype. Besonders gefährlich, da dieser Fehler nicht nur zu unoriginellen Ergebnissen führt, sondern zu falschen.
Der Punkt ist, da der Cutter aufgrund der unbezweifelbar wesentlich besseren Medienorganisation im Vergleich zu allen anderen NLEs sein Footage bereits kennt bzw. es spontan wiederfinden kann, überlegt er gar nicht groß, testet nicht aus, sondern setzt ohne nachzudenken den nächsten (naheliegendsten, aber nicht notwendig besten) Schnitt.
Wie der Cutter an einer Moviola, die ja ebenfalls physikalisch nur linearen Schnitt gestattet, muss der FCP X - Cutter das "Non" im 
Kopf haben. Nicht mit dem Anfang anfangen, auch mal mit Dummy-Clips in der Handlung arbeiten (verbundene Clips sind unmagnetisch und "frei"), immer wieder experimentieren. Sonst sieht man Filmen, die mit FCP X geschnitten wurden, tatsächlich den faulen Cutter an. Wer als FCP X - Benutzer nie zuvor mit einem Spuren-NLE geschnitten hat und plötzlich dazu aufgefordert wird, vermisst die Logik. Ihm muss man sagen, Schnitt hat auch sehr viel mit Intuition zu tun, mit Ausprobieren. Der Weg ist das Ziel.