Stephan82 hat geschrieben:
Er wünscht sich wahrscheinlich lieber "anwendbare" Tipps für den Laien! Welche Kombination von Effekten sind sinnvoll? Wie steigert man sinnvoll den Kontrast, Sättigung usw?
Vielleicht ist ja doch nötig, dass etwas ausführlicher zu erläutern, um mal grundsätzlich die Hilfestellung im Umgang mit Cinestyle zu geben. Damit muss man sich leider auch mit den Kontrollmonitoren beschäftigen. Die Korrekturen sollen ja nicht willkürlich geschehen.
Wer es nicht lesen mag, überspringt es eben:
----------
Ich habe drei Bilder beigefügt.
Bild 1 zeigt eine Nutria beim Fressen, aufgenommen als Video mit einer Canon 60D, mit eingeschaltetem Cinestyle Picture Style, in der unbearbeiteten Fassung in Adobe Premiere Pro.
Die drei Kontrollmonitore zeigen: Oben links die Luminanz-Welle des Bildes, oben rechts das Vektorskop, darunter die sogenannte YCbCr-Parade. Schauen wir kurz an, was wir da überhaupt sehen:
Die Luminanzwelle
Die Luminanzwelle zeigt die Verteilung der Helligkeitswerte (Y-Kanal). Dabei entspricht die x-Achse des Graphen von links nach rechts dem Bild. Nur sind hier alle Helligkeitswerte des Bildes umsortiert entlang der y-Achse, aufsteigend. Alles, was sich auf der y-Achse zwischen 0,3V und 1,0V befindet, ist rechts in der Videoaufnahme auch sichtbar.
Das Nutria-Bild zeigt in der Luminanz auf den ersten Blick keinen Grund zur Beanstandung. Es liegt scheinbar eine recht gute Helligkeitsverteilung vor. Die Werte reichen von knapp über 0,3V (entspricht ganz dunklen Bereichen), bis über 0,9V (sehr, sehr helle Bereiche).
Das Vektorskop
Das Vektorskop zeigt die Farbigkeit des Bildes an. Die Markierungen und Messpunkte darin bieten Hilfestellung für die Interpretation der Werte sowie für nötige Korrekturen.
Würde in der Mitte des Vektorskops nur ein winziger grüner Punkt leuchten, hieße das, es gibt keine Farben (0% Farbigkeit/Sättigung). Das kann man z. B. mit einer schwarzen Fläche erzeugen, aber auch mit einer weißen! Eben mit etwas, was keine Farbe im YCbCr-Modell besitzt.
Die äußeren Markierungen im Kreis mit den Kreuzen bedeuten 100% Sättigung einer Farbe. Ausgefüllte Flächen zeigen das Vorkommen vieler Farben an, die dicht beieinanderliegen. Die Richtung, in der sich die Flächen ausdehnen, kennzeichnen den Farbton.
Das Nutria-Bild erzeugt im Vektorskop eine Fläche (viele Farben), die aber nur sehr klein ist (geringe Sättigung). Eine Hauptausdehnungsrichtung liegt entlang der sog. I-Achse (von links oben nach rechts unten). Da versammeln sich »Hauttöne«. Wir werden also ein Bild haben, das relativ stark hautfarbenbräunlichblau gefärbt ist.
Das meint nun: Wir haben zwar recht viele, aber leider nur sehr flache Farben bei einer recht guten Helligkeit. Das Bild wirkt eben flach, hell, milchig.
Die YCbCr-Parade
Das ist der Blick in die drei Kanäle Y (Luminanz, hier cyanfarbig dargestellt), Cb (Farben blau-gelb; hier magentafarbig gezeichnet) und Cr (rot-grün; hier gelb markiert)
Die Parade bestätig die Luminanzwelle (Y-Kanal) sowie das Vektorskop. Cb und Cr sind nur recht dünn ausgeprägt. Alles tummelt sich um eine Mittelachse des Graphen, die bei »50« liegt (was im Vektorskop der Mittelpunkt wäre).
Bild 2
Da der Effekt »StabVerst« angesprochen war, habe ich ihn verwendet, um das Bild irgendwie hübscher zu machen. Angepasst habe ich Helligkeit, Kontrast und Sättigung. Helligkeit und Kontrast habe ich so angepasst, dass die Luminanz optimal zwischen 0,3V und 1,0V zu liegen kommt. Bei der Sättigung bin ich bis weit über Normal hinaus gegangen, um die Fläche im Vektorskop aufzublasen. Auch in der Parade ist der Streifen, den Cb und Cr nun abdecken, breiter geworden. Dennoch: Das Bild bleibt irgendwie flach.
Ergebnis: Der Effekt ist für die Problemlösung ungeeignet.
Bild 3
Nun habe ich statt »StabVerst« den Cineon-Konverter eingesetzt. Der interpretiert die Werte im YCbCr als logarithmisch abgestufte Werte. Bisher hatten wir sie nicht interpretiert, sondern einfach nur benutzt. Cineon interpretiert also Log und macht daraus eine lineare Umrechnung (Parameter-Einstellung "Log nach Linear").
Für eine adäquate Umrechnung sind eigentlich Werte wichtig, die sich in einer LUT (externe Wertedatei) befinden. Der Cineon-Konverter braucht keine LUT. Hier kann man die Umrechnung über Parameter direkt beeinflussen. Das ist natürlich unschön, aber besser als nichts.
Meine Einstellungen sind dem Screenshot zu entnehmen:
Ich habe Gamma angepasst und ich habe die Werte »Schwarzwert für 10bit« und »Weißwert für 10bit« so verändert, dass wieder die Luminanzwelle optimal zwischen 0,3V und 1,0V liegt. Bei jeder Veränderung dieser Einstellung verändert sich aber nicht nur die Luminanzwelle, sondern es verändern sich auch Cb und Cr. Sie werden wieder satter (größere Fläche), aber anders verteilt, wie der Blick in die Parade zeigt (Vergleich der beiden Paraden aus Bild 2 und Bild 3), aufgrund der Linearisierung.
Ergebnis: Das Nutria-Bild erscheint nun sehr viel ausgewogener, natürlicher. Es ist jetzt übrigens sehr dicht an dem dran, was mit einer Umrechnung über die LUT erreicht wird.
Fazit:
Das heißt nun: Wer Cinestyle einsetzt, muss entweder mit der zugehörigen LUT (funktioniert mit dem Plug-In Red Giant LUT Buddy) oder wie hier mit dem Cineon-Konverter die Daten zunächst linearisieren.
Das
muss der erste Verarbeitungsschritt im Workflow sein, wenn die nachfolgenden Effekte irgendwie sinnvoll greifen sollen, um zum Schluss ein gutes, hochwertiges Ergebnis zu erzielen!
Beste Grüße,
Reiner
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.