Vorweg:
Ich habe vom Schauspielen überhaupt keine Ahnung –
lediglich als Zweitklässler stand ich mal bei der »Vogelhochzeit« auf der Schulbühne,
und das ist auch schon 45 Jahre her –,
daher eine vielleicht etwas naive Frage:
Was ist denn,
außer einer ausgefeilten Sprach- und Stimmtechnik und dem Sich-hinein-Versetzen in die jeweilige Rolle,
das so Komplizierte am Agieren vor der Kamera?
Just die Tatsache, dass ich vergessen muss, dass alles nur ein Spiel ist?
Oder gibt es da auch technische Umstände, die ein Schauspieler intuitiv berücksichtigen muss –
Bewegungstempo, Lautstärke, Intensität des Ausdrucks, das Ausblenden des Crew-Gesummses um einen herum o.ä.?
Diese Frage stelle ich aus zwei Gründen:
Erstens fällt mir das doch sehr verfremdete (und befremdende) Verhalten vieler Menschen auf,
die schlagartig anders agieren, sobald sie mitbekommen, dass eine Kamera auf sie gerichtet ist.
Zweitens bemerke ich bei mir selbst, dass ich im Kunden(verkaufs)gespräch dann am erfolgreichsten bin,
wenn ich mich gar nicht verstelle, d.h. entgegen der Ratschläge vieler (schlechter) Verkaufs-Ratgeber
einfach so gegenüber dem Kunden agiere, wie ich bin – also null »Show«.
Jede »Schauspielerei« würde dem jeweiligen Kunden (zumindest den meinigen) auch sofort übel aufstoßen –
so tumb sind die Menschen nun auch wieder nicht.
(Zur Erläuterung meines Erfahrungshintergrundes:
Ich verkaufe auch die Anzeigen für unser regionales Monatsblatt,
dessen Produktion und Redaktion mir ebenfalls obliegt.
Insofern sind mir die technischen Abläufe komplett geläufig,
und ich kann meine Kunden wirklich fachlich kompetent beraten,
was deren Anzeigengestaltung angeht,
etwa bei Beschränkungen des Farbraumes im Druck oder bei der Mindest-Schriftgröße.
Dennoch setze ich gewisse »Techniken« bei der Interaktion mit dem Kunden ein,
deren Wirksamkeit mir erst im Laufe der Jahre bewusst wurde –
etwa an kritischen Verhandlungspunkten einfach mal acht Sekunden zu schweigen –
fast jeder Kunde hält diesem stillen Druck nicht stand und kommt dann von sich aus der Reserve.
Das ist aber für mich kein Schauspielen, sondern eher Kommunikationstechnik.)
Bei einem Schauspieler stelle ich mir ein analoges Vorgehen so vor,
dass seine Person (er selbst also) die Grundlage für sein Spiel liefert,
er den Charakter seiner Figur lediglich durch seine Handlungen
und partiell durch sein Ausdrucksverhalten modelliert –
oder liege ich da grundlegend falsch?
John Malkovich etwa ist für mich immer John Malkovich,
aber er kann je nach Anforderung eine Figur entweder als harmlos-deppert
oder zynisch-bösartig aussehen lassen und dabei dennoch sehr wahrhaftig wirken –
worin genau besteht denn nun diese Kunst?
Und (um wieder zum Thema zu kommen und den Kreis zu schließen):
Hat die authentische Performance eines Schauspielers wirklich grundlegend mit der jeweiligen »Schule« zu tun,
also mit »Method Acting« oder »Integral Performing«?
Und, wenn dem so ist,
warum hat hier in Deutschland nicht das Method Acting die Lufthoheit an den Schauspielschulen?
Andere kulturelle Traditionen?
Im Gegenzuge hat der französische Film einige wunderbare Perlen hervorgebracht,
die, wären sie in Deutschland gefilmt worden,
ich mir nur schwer in einer ähnlichen Qualität vorstellen kann (»Chocolat« etwa)
Uups, Korrektur:
»Chocolat« war ein britisch-US-amerikanischer Film …
http://de.wikipedia.org/wiki/Chocolat_% ... en%C3%BCgt
Tja, so kann man danebenliegen …
Na gut, dann nehmen wir halt den dänischen Film –
etwa »In China essen sie Hunde« …
Natürlich weiß ich,
dass eine umfassende Antwort auf meine Fragen in diesem Forum nicht möglich ist –
aber vielleicht in den Grundzügen.
Für Fach-Literaturtipps bin ich daher auch sehr dankbar –
so in Richtung Basics des Schauspiels.
Im Übrigen ein sehr interessanter Thread,
ich bin gespannt auf die weitere Diskussion …