ennui hat geschrieben:Das stimmt, das ist die digitale Revolution. Man muss die günstige Technik natürlich auch einsetzen können. Aber dann ist man da, was vor 10 Jahren noch sowas wie High End war. Und High End ist dafür heute noch higher?
In den letzten 10 Jahren ist nicht wirklich viel neues hinzugekommen.
Die Hauptverbesserungen sind -schneller -bessere teamfunktionen - mehr echtzeit.
Andere Produkte hingegen sind schlicht schlechter, bzw, genauer gesagt - konsumentenorientierter geworden. Bspw FCP zu FCP X, oder Shake zu Motion. FCPX + Motion sind ok und schön einfach. FCP und Shake konnten mehr, waren aber komplizierter zu bedienen. Egal ob Apple oder Windows, so einige Softwares sind schwächer geworden, und VIELE topendprodukte sind eingestellt, bspw. discreet edit, sony xpri, matador, softimage eddie, avid ds usw, hingegen gibt es eine flut an consumerlösungen.
ennui hat geschrieben:
@Studiolondon, du hast ja geschildert, warum für eure Anforderungen diese Technik nötig ist. Würdest du denn auch sagen, dass da auch qualitativ im Endprodukt noch mal ein gewaltiger Sprung ist?
Also ganz wichtig ist immer:
Nicht der Pfeil macht den Unterschied, sondern der Indianer.
Das ist der zentrale Irrtum vieler Nutzer & Kreativer.
Ein grossartiger Künstler kann und wird mit einem 10 jahre alten system, also bspw. discreet combustion und einem (damals echt schwaches, heute ists ja spitzenklasse) uraltem premiere (nicht pro) SUPERBE ergebnisse herstellen. Ein untalentierter und fauler Kerl hingegen wird nicht mit einer flame und einer baselight 8 auch nur ausreichende ergebnisse hinbekommen, wenn man die gleichen ansprüche anlegt.
Abgesehen von den brillianten Tools stehen die zentralen Vorteile (neben der notwendigen hohen Güte) vor allem im Bereich Ergonomie & Workflow im Vordergrund.
- Tempo. Tempo bedeutet Kreativität. Wenn ich *nicht* warten muss, kann ich viel intuitiver, entspannt, experimentierfreudiger und zugleich zielgerichteter arbeiten. Wenn ich überlegen muss OB ich es IN DER ZEIT noch wagen kann zu ändern werde ich immer mit dem "erst-besten", also dem ersten gutem ergebnis zufrieden sein *müssen*.
- Sicherheit. Wenn eine triviale normalität, also bspw. eine ausfallende SSD/HDD usw mich unterbricht oder gar metadaten verloren gehen können, ist man weniger auf kreation als auf sicherheit focussiert.
- Backgroundprozese. Wenn die Kisten eben genug PS haben, das im Hintergrund export/import/wandlung usw laufen kann, gewinne ich all die Zeit die ich sonst auf Balken & Dateidialoge schaue für den kreativen Prozess
- Team&Netzfunktionen - wenn mir im Hintergrund Assistenten & Kollegen Masken und presets auflegen können, kann ich den Fokus auf die kreative Entscheidung legen.
- Human Interface. Systeme wie 3 * Trackball, drucksensitives Grafiktablett, DEDIZIERTE potentiometer für Sat/hue/lum/cont usw, motorfader für Pegel sind nicht nur erheblich schneller sondern eben akkurater. Mit Maus schneiden & colorieren hingegen ist immer, hm, ja eben wie Klavier spielen mit Maus: Es geht, aber es ist langsam und man kann eben NICHT improvisieren/jazzen.
- Multi-input/non modal. Modal bedeutet: Es geht ein fenster auf, ich gebe einen Wert ein, und dann seh ich das ergebnis. Solo-input bedeutet - ich stelle einen Wert zur Zeit ein. So arbeiten >90% aller desktopsysteme. ABER: typischerweise muss man dinge in korrelation sehen, d.h. konkret : contrast UND gamma gegeneinander GLEICHZEITIG per Regler (also multiinput) OHNE fenster (also nonmodal) mit blick auf das ERGEBNIS (also nicht auf das Fester) per Auge (nicht per Wert) während Echtzeitplayback (und zwar ohne preview oder prerender).
Das ist der ganz grosse differenziator.
Funktionell hingegen würde ich sagen das systeme wie bspw. das kostenlose davinci kaum schwächer sind - bzw insgesamt auf augenhöhe, davinci resolve und insbesondere revival haben doch ein paar coole features die baselight fehlen und das kann man ebenfalls per PC zum cluster ausbauen. Aber, um zum Thema zurückzukommen, mit nem imac oder dem kommendem iMer (macpronickname :P) kriegt man eben mangels Busbandbreite und mangels entsprechender GPU&CPU power und vor allem mangles InfinibandSAN *keine* echtezeit auf typische hochwertige Quellen.
ennui hat geschrieben:
Bekanntlich zahlt man im High-End-Segment ja für jedes kleine Bisschen an noch mehr Bild- und Tonqualität immer glech Unsummen mehr. Denkst du, diese Unterschiede kommen beim "normalen Zuschauer" (also jetzt nicht dem Auftraggeber) wirklich überhaupt noch an? Ich meine jetzt nicht nur 4K an sich, sondern eben die Unterschiede, die diese Technik macht (Raw in Echtzeit, etc.). Oder geht es einfach nur viel schneller und bequemer?
4K ist viel wichtiger für den Kreativen als für den Zuschauer.
99.5% der Zuschauer können 2K von 4K im Kino *NICHT* nicht unterscheiden.
Um 4K zu sehen bräuchte er a) eine SEHR NAHE an der Bildwand befindliche Sitzposition, also besser unter einer Leinwandhöhe, danach wirds für normalsichtige schon schwer b) eine perfekte Sicht - was selbst die meisten korrigiert sehenden (also brillenträger) nicht haben, c) eine Referenz in 4K zum Vergleich - und selbst mit a/b referenz ist 4k kaum zu sehen, da d) die Bewegungsunschärfe bei 24p schon bei geringsten Bewegungen das Bild auf 1-1.5K bringt und e) man typischerweise bei offeneren blenden, also T1.3-T4 mit Super35 Optiken eine erhebliche Unschärfe in der Tiefe & Vordergrund hat, d.h. es sind sowieso zig Bereiche vom Bild alleine schon durch die Kameraoptik bei <1K>99% aller 3D Master sind 2K, und die Kinonormen haben 4K3D nicht mal sauber definiert, zudem sind weiterhin die meisten 4K Projektoren (bspw. Sony SRX) in 3D auch 2K, da sie mit splitoptiken arbeiten.
AAAAAAAAAAAAAAAAAHHAAAABer: :)
Für den kreativen Prozeß ist 4K *superb* und ein *riesiger* Fortschritt.
- Keying, Masken usw: Wenn ich hier mit 2K->2K (oder bei alexa 2.5K->2K) arbeite, ist *ein pixel* rand zuviel, mit 4K->2K siehsts bei 2 oder 3 pixel fehler immer noch besser aus, als bei 2k mit 1.
- Skalieren, Rotieren, Verdichten, Ausschnitt usw - da habe ich mit 4K->2K eben freiheit (400% höhere Auflösung), während bei 2K->2k fällt mir sofort das Bild auseinander, wenn ich die Geometrie mal hart rannehmen muss.
- Rauschen bei lowlight ist bei 2K nur schwer wegzufiltern, bei 4K ists dramatisch einfacher.
Und raw? also 10-16bit und raw ist für coloristen fast ein Muss. Alles drunter wird selbst mit LUT schon bei einfachen Modifikatione posterisieren. Das muss nicht schlimm sein, wenn man "stylish" arbeitet (daher sehen auch viele lowbudgetsachen so überkorrigiert aus), wie sagt man so schön : schwarz/weiss geht immer :P
Aber wenn man subtile nuancer wie Haut gegeneinander abgleichen will, und man vielleicht auch noch einen schwarzafrikaner in der hauptrolle hat - da ist 8bit non raw oder gar 4:2:0 einfach,ähm, schlimm.