Bergspetzl hat geschrieben:
heda, aufgewacht. "wir" sind die neuen grafikdesigner. jeder zweite homepage braucht video, und ab und an sogar mehrere und neuere!
Ist den meisten eigentlich bewusst das sie in einem zweig ihr geld verdienen, der mehr oder weniger "normal" ist? film machen is nix elitätres mehr, es is wie klemptnern oder mechaniker sein...
(...)
und wer sich traut und gut ist, der soll doch fernseh oder doku machen. alles ist erlaubt und offen.
mensch...
Genau, und erfahrungsgemäß sehen viele der heutigen Filme auch so aus, als wenn sie von Klempnern oder Mechanikern gemacht worden wären! Nur mit dem Unterschied, das DIE ihren Job in der Regel von der Pike auf gelernt haben und im Gegensatz zu den ganzen selbsternannten und sogar studierten "Filmemachern" wissen, was Betriebswirtschaft ist und wie man zu kalkulieren hat.
Auch deren Job ist "normal", aber lassen sich wenigstens auf einem gesunden, auskömmlichen Niveau bezahlen.
Man man man, etwas mehr Talent, Berechnungen ausführen zu können, wäre den Künstlern der Medienbranche sehr zuträglich, aber erfahrungsgemäß und nach dem, was einige hier so schreiben, bleibt das Wunschdenken.
Wer sich billig anbietet, verdient auch nur, billig leben zu müssen.
Nur weil die heutige Technik günstiger ist, als noch vor 10 Jahren, muss man doch keine Preise machen, die unterhalb China-Niveau liegen. Wer sich selber versklaven will, bitte, aber bedenkt, dass dadurch ein einst hoch angeseher Markt zu einem Penner-Niveau verkommt.
Letztlich ist es neben der günstigen Technik immer noch der oder diejenige, der sie bedient, also hinter der Kamera steht, am Schnitt sitzt oder das Script schreibt. Wer sich das als talentierter Künstler unterhalb eines Putzfrauen-Stundenlohns bezahlen lässt, hat doch echt einen an der Waffel!!!! Hier scheint bei einigen die Meinung zu gelten, das günstige Kameras auch gleich billigen Arbeitslohn der Person als logische Folge haben muss... Eine wirklich bestechende Logik! Die Auftraggeber wird's freuen!
Zurück zum Klempner. Schon mal auf eine Klempner-Rechnung geschaut? Arbeitslohn Geselle für 1 Std. 38,27 Euro, Meister 85,82. das ist noch günstig!
Plus Anfahrt, plus Material, plus MwSt
Jede angefangene Stunde wird als halbe Stunde angerechnet.
SO geht eine gesunde Betriebswirtschaft. Viel übrig bleibt der Firma wegen Steuern, Krankenversicherung, Sozialabgaben, Betriebsversicherung, Mitgliedsbeiträgen, Miete etc etc etc trotzdem nicht.
Standard Tagessatz für einen professionellen TV-Kameramann ohne Ausrüstung z.B. in HH beim Privatfernsehen (EB) 280 Euro für 10 Stunden. Bleiben nach Abzug von allem vielleicht 110 Euro netto über, wovon man dann noch Miete und private Versicherungen leisten muss. Na danke auch. Dabei ist nicht zu vergessen, dass ein Kameramann natürlich nicht jeden Tag einen Job hat, sondern heutzutage froh sein kann, wenn er zwei oder drei Jobs pro Woche hat. Alles andere ist Ausnahme. Dass Büroarbeit und Akquise auch Arbeit bedeuten, für die man aber nicht bezahlt wird, wird ja von vielen immer gerne schön geredet, vergessen und völlig unterschätzt.
Auch wird gerne vergessen, dass man natürlich auch als Freiberufler Urlaubsgeld erwrtschaften muss, was also unbedingt auch in eine gesunde Kalkulation gehört. Es geht sogar weiter: man hat einen gesetzlichen Anspruch darauf.
In der Branche fließt viel Geld, auch im Imagefilm-Bereich. Das kommt nur bei den eigentlichen Machern nicht an, weil man künstlerisch gut ausgebildet oder talentiert sein mag, in BWL aber als grenzdebiler Depp auf dem Markt auftritt.
Auftraggeber nutzen diese naive Blauäugigkeit gnadenlos aus.
Nur weil etwas vielleicht nicht mehr "elitär" ist, muss man doch auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis davon leben können, und das bitte ohne ein Zuhause wohnen bei Mutti.
Seht euch doch mal die ECHTEN Profis an. Oder glaubt ihr, wenn BBDO einen Spot für ein Gesamt-Produktionsbudget (exklusive Kampagnen-Budget) von 1 Mio Euro produziert (was nicht mal so viel ist heutzutage), engagieren sie einen Billigheimer an der Kamera, der sonst für 1000 Euro Festpreis (und solche Spinner gibt es hier in Deutschland leider sehr viele) einen kompletten Film hinlegt? Billigheimer werden von professionellen Firmen so ernst genommen, wie es sich in Billigheimer-Honorarvorstellungen wiederspiegelt: gar nicht.
Anders herum gesagt: wer sich billig verkauft, darf sich nicht darüber wundern, als billig angesehen und schlecht behandelt zu werden.
Ich führe immer gerne das Autobeispiel an:
Wenn man talentiert ist und eine gute (und günstige) Ausrüstung hat, kann man natürlich immer seine Zeit (und die von anderen) für wenig Geld aufopfern, um ein Filmprodukt zu machen, das aussieht wie eine Highend-Produktion.
Setzt man das in Vergleich zu einem Autobauer, würde der einen Wagen produzieren, der quasi ein 500 SL wäre, dafür aber nur das bekäme, was ein Subaru Trezia kostet. Das DAS nicht funktionieren kann, muss ich hier nicht weiter umständlich erklären.
Oder aber vielleicht doch?!?
Nur weil "alles geht oder erlaubt" sein mag oder
nur weil sich "eine Entwicklung nicht aufhalten lässt", muss man sich doch nicht selbst versklaven oder versklaven lassen. Auch geistige Fähigkeiten in diesem Sektor, die Kreativität, die von euch abverlangt wird, MUSS vernünftig bezahlt werden.
Insofern nochmal zitiert: " heda, aufgewacht."
Niemand kann alles wissen. Doch sollte sich stets darum bemühen.