Wiro hat geschrieben:@ curtis
Was genau machst Du in der Branche?
Ist jetzt zwar OT, interessiert mich aber dennoch.
Gruss Wiro
Ich war ein gutes Jahr lang Freelancer und habe einen guten Querschnitt über sehr viele Bereiche durchgemacht. Image& Industriefilm, Dokumentation und div. Animationen hauptsächl. für ein großes deut. Unternehmen und dann noch mal eine bunte Collage von Liveproduktion über SDE`s auf Business-Veranstaltungen bis hin zu, ja genau Hochzeitsfilmen.
Ab Januar bin ich festangestellt und leite in einer Agentur für Multimedia, Event und Dienstleistung den Filmbereich. Dann wird das auch nicht viel anders laufen nur muss ich die besagten 678 Telefonate führen.
Vergleichbare Situationen zu den Schnittsessions mit Redakteur beim TV würde ich beispielsweise so etwas aufführen:
Ausgangssituation: Premium Business Veranstaltung über 3 Tage. Breites Coverage der Veranstaltung mit div. Kamerateams. Live im Saal, 2Teams nur auf "Moods" Fang und 2 Teams den ganzen Tag nur Interviews.
Endprodukt ca. 35 Stunden Material. 3 Wochen danach, einige Sachen wurden schon geschnitten:
Anruf des Vertreters der Firma, die das Ganze organisiert: "Wäre toll wenn...blabla und dan so nen Zusammenschnitt, also Imagefilm mit den für uns wichtigsten Statements der Veranstaltung, ich bin mittags da."
Mittags wird dann "angereist" allein weil es schon unglaublich cool ist als Bürohengst mal wieder "zur Agentur" zu fahren. Dann sitzt dieser Mensch vollkommen gestresst neben mir und erster Satz: "Ich brauch das so bis 15.00" Mittlerweile schockt mich so etwas nicht einmal mehr. Schocken tut mich die Situation an sich wieviel Geld hier ausgegeben wird mit gleichzeitig null Verständnis für Arbeitsaufwand und/oder Qualität. Der gute Mann hatte 5 Tage vorher eine DVD mit 234 Ausschnitten aus dem Event bekommen, also vorgefilterte Statements vom Event. Er hat keinen Blick draufgeworfen. Na klar. Und das Schlimmste daran: das Ergebnis gefällt sogar so sehr um eine andere Agentur für kommende Projekte aus dem Rennen zu werfen. Ich bin meistens schon froh wenn ich genug Infos habe um Bauchbinden richtig zu betiteln. Die Postproduction dieses Projekts hat bis dato gute 5 stellige Summen verschlungen, die Produktion vor Ort wohl noch deutlich mehr. Der Event plus Post lief für mcih in etwa so ab: Event - Capturen und Sortieren - 2 Wochen Urlaub weil sich kein Mensch meldet und alle Abteilungen des Kunden mit entsprechendem Material zur Sichtung ausgestattet sind- und dann 2 gute 100 Stunden Wochen hintereinander um die Deadlines der Kunden doch noch irgendwie zu erfüllen.
Oder vor einem halben Jahr. Imagefilm, 5 stellige Produktionskosten. Ich mache von Script über Kamera bis Schnitt und Compositing alles. Erstes Meeting mit Kunde dauert 3 Stunden, in denen das Script ausgearbeitet wird. Nach abgeschlossener Produktion kommt der 3.Draft des Scripts von Seiten des Kundens, das mit dem ersten nichts mehr gemein hat. Und dann aus Material das mit dem Script nichts zu tun hat einen Imagefilm basteln.
Wir hatten auch schon einmal 5 Tage an einem Film gesessen um danach einen neuen Ansprechpartner seitens Kunde zu bekommen, da der erstere der 5 Tage bei uns im Studio saß damit seinen Zuständigkeitsbereich überschritten hatte. Also alles nochmal von vorne und Kunde zahtl einfach mal annähernd die doppelte Summe für Postproduction.
Meine Erfahrung: Umso größer die Firma, umso mehr Chaos, umso mehr aufgeblasenes Auftragsvolumen und umso mehr Frust und gleichzeitig Freude über den Stand des Bankkontos und vor allem umso mehr Politik.