cantsin hat geschrieben: ↑Sa 13 Jun, 2020 22:46
Die Komodo ist preislich genau gleichauf mit der BM Ursa Mini Pro. Ich bin schon mal gespannt auf Vergleichstests, neige aber stark zur Vermutung, dass die Ursa bildqualitativ die bessere Wahl sein wird, vor allem bei Aspekten wie Dynamik/Highlight Rolloff/"Wertigkeit" des Bilds bei kontrollierten Drehbedingungen, während die Komodo sich eher als Handheld-Action-/Crash-Cam positioniert.
Da habe ich meine Zweifel - ich habe im Moment selbst die Ursa Mini seit ein paar Jahren und bin die Sekunde wo die Komodo rauskommt weg davon. Die Ursa Mini ist ein One-Trick-Pony, das bei genügend Licht ok-e Ergebnisse für den Preis liefert (aber was ist genügend Licht? Ein Aputure 300D direkt durch Softbox ist es für mich oft nicht, ist Budget für mehr da? - bei Ursa Mini Projekten oft kaum, mehr dazu siehe unten...). Aber rein technisch ist das Material leider nicht mehr am Stand der Zeit (oder etwas, das es heute sein könnte, etwas, das ich übrigens auch bzgl. des Nicht-Open-Gate 2K ALEV-Sensors sagen würde). Es hat sich in den letzten 10 Jahren Sensortechnologie doch noch einiges getan, stellst Du jetzt Venice neben Arri 2,8K-3,4K sieht rechteres aus wie eine alte Mühle, ist leider so. Und da geht es nicht nur um Auflösung. Ich will keine Kamera, die selbst unter Idealbedinungen mit technisch bedingten Auflösungsgrenzen zu kämpfen hat und das Noise der Ursa wirkt eher wie von 2K KAmeras denn wie 4K. Wohlgemerkt auf 400-800, außerhalb dieser Range braucht man die Kamera quasi nicht verwenden.
Problem der Ursa Mini meiner Meinung nach ist wohl tatsächlich der Sensor und dass man ihr gewissermaßen den Blackmagic Look nicht wirklich abgewöhnt bekommt. Etwas, das in einem anderen Thread jemand schon bezüglich der "originalen" BMPCC bemängelt hat, die einfach - egal was man im Grading gemacht hat und das ist bei Endresultaten, die durch Company-3-Like-Posthäuser gingen nicht anders - das Material diesen 8mm Vibe (obwohls 16 groß wär) mit gewissem Warmstich hat. Bei der UM ist das zugegebenermaßen nicht so extrem der Fall wie bei der alten Pocket, sie hat nicht den Sony-Look mit BMD-Color-Science darübergestülpt wie die neuen Pockets, aber nichtsdestotrotz ist die Ursa ein günstiger Arri-Emulator mit quasi fixen ISO800 und dann muss genügend Licht vorhanden sein.
Ich war - um mal etwas Positives bzgl. der Komodo zu sagen - sehr überrascht von den 2K 120fps test. Diese sahen qualitativ tatsächlich nicht schlechter aus als das 4,6K Material wie ich es von der Ursa kenn, 2K bei der Ursa ist quasi unverwendbar.
Ich gabe zu, das ist jetzt alles sehr subjektiv und ist nichts, das sich in einem Datenblatt abbilden ließe. Ich bin weder ein Red-Fanboy (drehe beruflich eigentlich alles, was ich nicht an Kleinzeug auf der Ursa mache eher auf auf Arri oder Venice) und trotzdem habe ich beschlossen die Ursa jetzt mit der Komodo zu ersetzen - selbt mit dem vorhanden Testmaterial. Das was ich drin sehe liefert 100% besser ab als es die Ursa könnte und ich brauche quasi kein 6K/50fps.
Blackmagic hat es leider nicht geschafft über eigene Sensoren einen insofern eigenen Weg zu gehen, als man mehr versucht hätte als nur Arri zu kopieren. Das schafft man halt so lala, technisch gesehen allerdings eine Generation hinter dem Arri Material. Und ich kann eine Alexa bei 1600 nehmen und mit dem Resultat zufrieden sein. Sony hat es jetzt geschafft mit der Venice etwas aufzustellen, was es sonst in dem Package kaum wo gibt - eine digitale Cine Cam deren Color Science nicht nur versucht Film zu emulieren wie es Arri (sehr, sehr) gut macht, sondern irgendwie einen Schritt weiter zu denken (Ausnahme sonst wäre vmtl die DXL2, Hände hoch wenn jemand in Europa schon mal das Vergnügen hatte? Ich vermute niemand) sondern irgendwie einen Schritt weiter denkt was Color Science fürs 21. Jhdt. bedeuten kann und hat da meines Erachtens nach sehr viel Richtig gemacht.
Jetzt kommt Red her, skaliert 98% der Bildqualität und des Looks der "großen" in ein 6K-€-Gehäuse, verliert deren wirklich hassenswertes Speichermedienkonzept und geht auf C-Fast was für Arri und jeden anderen gut genug war bevor Codex "wieder-kam" und alles was sie kriegen dafür ist Hate. Ich glaube dass sich ein Großteil der Hater zu selten mit Vergleichen jenseits von Datenblättern oder eigenen Test auseinandergesetzt hat. Keine Alexa Mini hat einen gescheiten XLR-Eingang (und ganz ehrlich, der 5-PIN-Lemo ist das letzte was irgendwo für Audio Verwendung findet) und trotzdem ist es meist-nachgefragteste Arri und das obwohl Arri ein ähnliches Konzept gefahren ist und sie als reine B-Cam gedacht hat. Und sich sogar anfangs weigerte mehr komplettes Rigging-Zeugs anzudenken weils nie eine A-Cam hätte sein sollen.
Viele der Vergleiche rühren jetzt denke ich daher, dass Leute das teilweise echt bescheidene Material nehmen und sagen dass sie das mit Kamera XYZ auch bekommen hätten. Stimmt wahrscheinlich, gibt ja kaum mehr als Out-of-the-Box-Rec709 Konvertierungen mit einem LUT drüber. Was tatsächlich fehlt sind A-B Vergleiche auf 2-Levels, so wie man es vor jedem Projekt wo ein projektspezifischer Testprozess ansteht und man nicht "nur" eine Kaufentscheidung für sich selbst trifft, sondern wenn es quasi freie (Verleih-)Kamera-Auswahl gibt - wie sehen die Sensoren tatsächlich innerhalb der Projektparameter (des "Looks") aus. Das wäre A), das gleicht einem Optiktest hätte man früher mit Film gemacht, da war es erst Mal für standard 3-perf egal welche Cam das war, einfach: Wie sieht das jeweilige (Film-)Material aus? Und B) wie gut komm ich Materialmäßig im Grade hin. Der springende Punkt ist glaub ich dass A) hochsubjektiv ist und sich nicht aus Datenblättern lesen lässt. Trotzdem sind die Unterschiede da. Das ist letztendlich der Grund warum Arri so beliebt ist, was übre jegliche technische Vergleichbarkeit hinaus geht. Punkt B) ist, wo die Diskussion jenseits von Datenblättern geführt werden muss, wo aber Datenblätter so etwas wie der Gate-Way sind. Du wirst 422 aus einem Recorder oder einer Z-Cam in keinem deutschen Post-Haus-Unterbringen. Du wirst die Grenzen und Unterschiede von H265/(10-Bit) nach einem Grade spätestens bei den Datenraten einer Kinoprojektion sehen oder nicht (wenn Dich VFX davor schon erwürgt hat). Die Unterschiede zwischen Braw und cDNG sind selbst jetzt schon sichtbar bei Blackmagic, einerseits bügelt BRAW einige der Nachteile die ich oben genannt habe aus (Stichwort: Textur), das war aber etwas was davor mit ProRes auch schon ging. Andererseits und jetzt wieder zurück zu Punkt B) Das sind alles Punkte die erst zu mokieren sind, wenn ich das Gefühl habe mit Punkt B) nicht mehr dahin zu kommen obwohl die Datenrate für Punkt B da wäre. Das bringt einen wieder zu Punkt A) zurück wie der spezifische Sensor unter Projektbedingungen aussieht.
Jetzt herzugehen und zusagen ich Recorde halt meine Fotomühle in 4K-8K über einen externen Recorder (wo wir dann eh bald bei 4000€ für die gängigen Paketlösungen aus Kamera und Recorder sind) bringt den entscheidenden Nachteil des externen Kabels an der Kamera zum Recordingmedium. Am besten dann noch über HDMI. Das ist in etwa so sinnvoll (auf einer generalisierten Vergleichsbasis) wie zu sagen ich fahre Autorennen und ziehe meinen Sprittank mit eigenen 4-Rollen hinten her. Das schafft ein Risiko, das einfach im Jahr 2020 nicht sein muss. Drum macht es auch niemand, der es nicht aus irgendeinem Grund muss. BMD tut es mit der Ursa nicht.
Dass in fähigen Händen mit egal welcher Kamera Anlassbezogen gute Bilder möglich sind ist eine Binsenweisheit. Aber die Diskussion dreht sich insofern auch im Kreis als es einfach ist, wenn ich 1-2-Personen-Produktionsfirma bin und meine Imagefilme selbst post-produziere und an den Kunden liefere und nie die gnadenlose Projektion einer Kinoleinwand zu spüren bekomme. Ab dieser Bruchlinie geht's neben dem eigentlichen Bild bald mal um 12-Bit, Datenraten, Timecode(!), Versicherungen (Stichwort: Kabelverbindungen).
Ich ende jetzt mit einem teilweise Totschlagargument, aber es kann ja jeder für sich den Gedankengang zu Ende führen und feststellen, ob man das gelten lassen kann: Es ist möglich aus einem Aputure 300D und einem M90 die gleiche messbare Helligkeit auf meiner Talent-Key-Seite zu bekommen. Wenn ich mich jetzt nicht frage, wieso ich jemals mehr als meinen Aputure 300D brauchen würde und dass mir ein M90 "overpowered" und vmtl zu teuer erscheint, super. Dann spar ich Geld und bekomme mit dem Aputure offensichtlich Resultate, die ich für gut oder ausreichend befinde. Aber dann hab ich vmtl nie gesehen, was ich mit einem M90 anders machen kann und reg mich vmtl auch noch darüber auf dass die Brenner teuer sind und ich den nicht an meine Küchensteckdose bekomme. Mir fällt vmtl auch nicht auf, wieso etwas aussieht als mit einem M90 indirekt von Weit weg geleuchtet statt mit dem Aputure und Softbox direkt auf 2,5m. Das ist alles legitim. Was gewissermaßen illegitim scheint ist jetzt, dass online viele deren Aputure-Sicht auf jede Neuvorstellung ummünzen. Es gibt Gründe, wieso man an kaum einem Spielfilm oder High-End-Werbeset jemals einen Aputure sehen würde. Weil ich sie nicht sehen kann, heißt es nicht, dass sie nicht existieren. Es wird wohl Gründe geben, wieso Netflix zu Red ging um das "Problem von GoPros" als D-Cams zu lösen (und nicht zu Z-CAM, BMD, Canon, Arri oder Panasonic). Kritisieren wir die Komodo auf diesem Level. Als D-Cam mit sicheren, internen Speichermedien, die sich technisch gut zu vielen A-Cams schneiden lassen und die (als Bodies) günstig genug sind bei 3-Monaten Dreh 10 davon aufzuarbeiten, weil die 5 Monstro-DXLs oder Heliums dann doch zu schade dafür sind.
PS: Ich hab selbst privat einen Aputure. Ich maße mir nur nicht an zu sagen ein M90 (oder wäre der Vergleich Orbiter?) ist sinnlos oder überteuert oder mies wie es grade so viele äquivalent tun :D