7River hat geschrieben: ↑Sa 19 Sep, 2020 06:55
Ich respektiere Deine Kritik. Ich bin auch nicht beleidigt. Oder hast Du den Eindruck?
Aber wenn Du das Kurzfilmdrehbuch als 1Akt ansiehst und dann noch einen 2 und 3 möchtest, mit der Mutter, er trennt sich von seiner Frau (!), müsste man daraus ein Spielfilmdrehbuch machen. Und dieses Drehbuch auf 7 Seiten zu kürzen, würde nicht funktionieren, meine Meinung nach.
Die Kriterien zur Überarbeitung sind rein sachlich. Jeder Autor sollte also sein Drehbuch selbstverantwortlich und selbstkritisch unter die Lupe nehmen.
Zu diesen Kriterien gehört: So spät wie möglich in die Geschichte einsteigen, so früh wie möglich aus der Geschichte herausgehen.
Die Geschichte könnte also statt mit einer banalen Flugzeuglandung mit der Begegnung der Hauptfigur an der Haustür beginnen:
1. Konflikt: Martina will Tim zunächst nicht in die Wohnung lassen.
Da mag der Einwand kommen: Und was zeigen wir an Bildern? Die Auflösung der Geschichte in die Bilder ist der Job des Regisseurs. Der Vorspann ist dabei noch das Unwichtigste. Das Drehbuch liefert nur die Geschichte. Es ist nur ein Hilfsmittel für den Dreh und kann beim Dreh vom Produktionsteam noch verändert werden. Da ist der Autor gar nicht mehr unbedingt dabei.
Natürlich kann man ein Drehbuch auch auf Bierdeckel schreiben. In Stichpunkten. Mit Skizzen. Man kann seine eigenen Regeln und Kriterien für ein Drehbuch entwickeln. Das funktioniert allerdings nur beim Autorenfilm. Beim Autorenfilm ist der Drehbuchautor, der Regisseur und der Produzent häufig ein und dieselbe Person.
Das formatierte Drehbuch ist ein Element im arbeitsteiligen Studiosystem. Dabei ist es bereits schon ein relativ spätes Element in der Produktion.
Vor Beginn des Drehbuchschreibens steht die Idee in einem Satz:
Wie lautet die Geschichte von Tim in einem Satz?
Danach kommen Exposé und Treatment.
Das Exposé ist eine Inhaltsangabe auf bis zu 4 Seiten: Wann und wo spielt die Handlung? Welches ist die Erzählposition (Perspektive, Point of View)? Wer sind die wichtigsten Charaktere/Figuren? Worin besteht der Konflikt zwischen den Charakteren? Welche Entwicklung nimmt die Geschichte? Worin besteht der Höhepunkt und wie endet der Film?
Ein Treatment ist der Film als Kurzgeschichte: Die einzelnen Charaktere, der Fortgang der Handlung und die wesentlichen Wendepunkte, manchmal auch die Schauplätze werden vorgestellt; Dialoge oder detaillierte Szenenbeschreibungen fehlen, auch wenn die wichtigsten Szenen bereits einzeln benannt sind. Treatments dienen dazu, nicht nur mit Produzenten über den geplanten Film zu verhandeln und gegebenenfalls Änderungen zu vereinbaren, sondern auch Stars für einzelne Rollen zu gewinnen.
Es lohnt sich, diese Vorformen zum Drehbuch mal praktisch zu üben. Das hilft beim Strukturieren der Geschichte.
Nach dem Drehbuch mal den nächsten Schritt in die Regie zu gehen und eine detaillierte Auflösung zu üben, ist ein weiterer Schritt: Die Geschichte erzählen in Totale, Halbtotale, Nahaufnahme - cut-in, cut-back. Also, wo stelle ich die Kamera hin?
Wichtig sind nicht schöne Bilder, sondern die Bilder, die den Konflikt erzählen: Ein landendes Flugzeug, ein aussteigender Passagier sind banale Bilder. Eine zugeknallte Haustür ist kein banales Bild.
Kritik ist also hier als Anregung zur Selbstentwicklung zu verstehen.