Wer viel dreht, macht das vor allem weil er keinen Plan und keine Geschichte hat, sondern darauf angewiesen ist, daß zufällig irgendwas aufregendes passiert um es mal vorsichtig auszudrücken. Außerdem gibt es natürlich noch Regisseure, die - auch beim Spielfim - massenhaft Coverage produzieren, weil sie sich einbilden, daß sie den Film, den sie weder im Drehbuch noch am Set gefunden haben, auf magische Weise irgendwie im Schnitt finden (was natürlich nie passiert) aber das ist nochmal ne ganz andere Baustelle.
Um es weniger vorsichtig auszudrücken, finde ich diese voyeuristische Art "Doks" zu filmen ziemlich ekelhaft - ich erklär dir auch warum ich das so sehe.
Fishing vor Festivals mit Preisgarantie.
Das was du immer so stolz Dok nennst, läuft für gewöhnlich auf immer auf das selbe Grundrezept raus.
1. Man nehme irgendein Individuum oder eine Gruppe, die unter widrigen Umständen lebt - idealerweise Kinder/Frauen (Tiere gerne als Zugabe) am besten in einem Entwicklungsland - wenn Männer/Weiße, dann gescheiterte Existenzen - und "dokumentiert" in Altväter Sitte ihren alltäglichen Kampf ums überleben, und wenn's ganz gut läuft, ihr Scheitern.
2. Das ganze wird dann - wie zu Kolonialzeiten die Menschenzoos - dem geneigten Bionadepublikum vorgeführt, das fasziniert-erschaudernd feststellt, daß die eigene Existenz doch gar nicht soooo übel ist, und man beruhigt zu den eigenen Luxusproblemen zurück gehen kann.
3. Je größer der Kampf, je deprimierender die Umstände, je tiefer der Dreck, je übler das Schicksal, je krasser das Scheitern, desto höher die Chancen auf den Festival Preis. Das verlieren der Fassung, Tränen, Leid, Depression, Streit, Ausraster etc. alles bei dem man eigentlich im Rahmen der Menschenwürde gerade nicht gefilmt werden möchte, immer feste draufhalten und brav "dokumentieren", das gibt extra Fleißsternchen bei der Jury.
Noch nie hab ich einen sogenannten "Dok Film" gesehen, in dem es um jemanden ging der ein sorgenfreies Leben hat, und erfolgreich was cooles macht, an dem er riesen Freude hat. Und ja, irgendeiner wird jetzt wahrscheinlich irgendeinen Clip aus YT hervorzerren um mir das Gegenteil zu beweisen - natürlich hab ich auch nicht alles gesehen, Ausnahmen gibt's immer.
Und weil man Leid und Scheitern halt schlecht sinnvoll Scripten kann, ist man eben darauf angewiesen solange stumpf draufzuhalten bis was passiert.
Sei mir nicht böse, aber ich finde so ein Trittbrettfahren mit Festival-Freifahtschein auf dem Schicksal anderer nicht wirklich erstrebenswert.
Aber jedem das seine - ist halt meine persönliche Sicht der Dinge, die nicht unbedingt jeder teilen muß, und es gibt ja offensichtlich einen entsprechenden Markt für sowas. Muß jeder mit sich selbst ausmachen - für ich ist das aber nix.