dienstag_01 hat geschrieben: ↑Di 22 Apr, 2025 19:23
Das bedeutet, dass für Log eine ISO-Einstellung Verwendung findet, die sich am mittleren Grauwert orientiert, der im Ergebnis anders ist (640 zu 100) und nach dem man auch nicht belichten soll, sondern nach ETTR. Das kommt mir unlogisch vor. Aber vielleicht ist es den Herstellern auch egal, dass das niemanden hilft. Dafür ist in ihren Augen ein gewisser Sinnzusammenhang mit der ursprünglichen Bedeutung von ISO gewahrt. Kann sein, mich wundert nur, dass alle Hersteller diesen Weg gehen. Weil, ein Muss ist der ja nicht.
Jeder ISO Wert bezieht sich auf ein mittleres Grau, egal ob bei Foto oder Video und egal ob bei linear oder Log. So definiert man den ISO-Wert und eine 'korrekte' Belichtung. Also so, als ob man alle seine Fotos und Videos nach einer Graukarte belichten würde. Ein ähnliches Konzept benutzt man übrigens bei False-Colors, wenn man die Skintones dabei immer in einen bestimmten Bereich legt. Das Bildwichtigste (der Hautton) wird 'richtig' Belichtet und alles andere ist mehr oder weniger egal (sofern man nicht selber Einfluß auf den Motivkontrast nimmt). Die Methode sorgt auch für Konsistenz in der Belichtung, was bei Video besonders praktisch ist, denn verschiedene Schüsse haben so eine vergleichbare Helligkeit, ohne Klimmzüge in der Post. Der Nachteil dabei ist, daß man dabei die Dynamik des Sensors nicht optimal ausnutzt. Es kann aber trotzdem sinnvoll sein so zu arbeiten, z.B. bei Liveevents mit mehreren Kameras, oder bei News, wo nicht großartig gegraded wird, oder wo man mit Formaten arbeitet mit denen man nicht großartig graden kann (8Bit).
Die andere Belichtungsstrategie ist diejenige die Dynamik des Sensors optimal auszunutzen und ETTR zu belichten. Also nicht 'korrekt' zu belichten, sondern eben bis kurz vor den Clippingpunkt überzubelichten. Dadurch hat man allerdings auch größere Helligkeitsunterschiede in verschiedenen Belichtungssituationen. Das macht man vor allem wenn man vor hat seine Fotos und Videos nachträglich noch zu bearbeiten/graden. Welche Belichtungsstrategie man wählt hat nichts mit linear oder log zu tun, sondern welches Material und welchen Workflow man nutzen möchte.
Der Grund warum bei Video das Log-Format gewählt wird ist der, dass die Dateimenge der Einzelbilder bei Video viel kleiner ist als bei Foto, insbesondere die Farbtiefe. Man arbeitet 'nur' mit 10 oder 12 Bit, wogegen man bei Foto 14 oder 16 Bit nutzten kann und genug Zeit hat auch große Datenmengen in Einzelbildern zu speichern. In log hat man eine günstigere Helligkeitsverteilung insbesondere der Schatten.
Der Grund, warum bei log ein anderer ISO-Wert für die Belichtung verwendet wird, ist der mehr Headroom in den Lichtern zu gewinnen. Wenn man sein Bild z.B. im Fall der Panasonic auf ISO 640 statt ISO 100 belichtet, dann gewinnt man dadurch zusätzlich zweizweidrittel Blenden in den Lichtern. Ohne diesen 'Trick' hätte man einen eher unschönen harten Highlight Rolloff. Gleichzeitig verschieben sich die Mitteltöne und Schatten aber auch zweizweidrittel Blenden nach unten. Diese würden bei 'normaler' linearer Speicherung nur sehr wenige Informationen in den unteren Bits (Schatten) erhalten, weshalb die Kamera diese während der Aufnahme entsprechend nach oben schiebt und man so ein sehr flaches Bild erhält. Eben das was man als log-Bild kennt. Dadurch das die Kamera das im Moment der Aufnahme macht, kann sie noch von der vollen Sensordynamik profitieren, was zu besseren Ergebnissen führt, als wenn man die Verschiebung nachträglich in der Post machen würde.
Das alles bezieht sich jetzt auf die Base ISO, also bei Panasonic die ISO 100, bzw. in der zweiten Stufe die ISO 640 bei Foto/linear. Bei Video nutzen wir ja unseren log-Trick und belichten standartmäßig knapper (ISO640 statt ISO100). Bei dem was zwischen den Base ISOs passiert unterscheiden sich die Kameras verschiedener Hersteller und da arbeitet z.B. eine Blackmagic-Kamera anders als eine Nikon, oder Panasonic.
Bei einer Blackmagic Kamera wird über den gesamten ISO-Bereich zwischen zwei Base ISOs digitaler Gain dazu gefügt. Das sorgt dafür daß sich der Punkt für das mittlere Grau um einen entsprechenden Wert nach unten verschiebt und man so mehr Headroom für die Lichter erhält. Den meisten Headroom in den Lichtern habe ich also kurz vor der zweiten ISO Stufe. Da habe ich dann aber auch das meiste Rauschen, was aber bei Motiven in denen die Highlights wichtig sind nicht so schlimm ist. Da das Ganze aber rein digital erfolgt (man könnte auch sagen es sind nur Metadaten) ist es in RAW auch reversibel und ändert auch nichts an der Dynamik. D.h. alles was ich zwischen zwei ISO-Werten einstelle, kann ich nachträglich (in der Post) auch wieder zurück drehen. Ich entscheide mich bei der Aufnahme im Grunde nur für eine der beiden Base-ISOs. Der Rest ist Kosmetik für den Nutzer, solange man es nicht tatsächlich in der Post einbackt.
Bei einer Nikon Kamera ist das anders, denn die fügt analogen Gain hinzu. Verstärkt das Signal also tatsächlich. Da der Sättigungspunkt des Sensor gleich bleibt, hat man da mit höheren ISOs auch eine immer geringere Dynamik. Ich habe mit höheren ISOs zwar weniger Rauschen im Bild, aber auch weniger Dynamik. Wenn es um die maximale Dynamik geht, macht es also auch hier Sinn in den Base-ISOs zu bleiben, aber manchmal ist geringeres Rauschen auch wichtiger als die maximale Dynamik. Gerade im Foto-Bereich wo man die maximale Dynamik oft gar nicht ausreizt.
Das Problem ist ja oft, daß Kamerahersteller bezüglich ihres kamerainternen Processings nicht besonders transparent sind und man gar nicht genau weiß, was tatsächlich passiert. Das wird ja oft nur dadurch herausgefunden, indem man schaut wie sich verschiedene Kamerasensoren in der Praxis verhalten und man so Rückschlüsse auf das kamerainterne Processing zieht. Ganz schön lang geworden... 😅
VG
Es geht doch nichts über ein solides Halbwissen.