Nach einiger Absenz wieder zurück, sehe ich, dass wir immer noch bei der verlinkten 'körperlich-kinästhetischen Intelligenz' feststecken und ihrer Abrede in Bezug auf DiCaprio durch
Benutzername.
Mit anderen Worten: Dem pauschalen Vorwurf, der Mann trete zu hölzern auf in all seinen Rollen, es fehle ihm das nötige Einfühlungsvermögen und Talent.
Man könnte jetzt zurückfragen: Hat derjenige, der das behauptet, das nötige Talent, dies zu beurteilen?
Aber diese Retourkutsche entkräftet
nicht die Frage, ob DiCaprio mimisches Talent hat oder nicht?
Und sie beantwortet
nicht den an anderer Stelle zu lesenden Vorwurf, er versuche, die fehlende, subtile Mimik und Feinmotorik teils mit 'Overacting' - übertriebenem Schauspiel - zu kompensieren (
cantsin,
https://www.slashcam.de/forum/viewtopic.php?p=839295#839295), was (meine eigenen Worte) oft erzwungen, bemüht und irgendwie aufgesetzt wirke.
Diese Frage lässt sich nicht streng rational mit 'körperlich-kinästhetischen Intelligenz' ja/nein oder dem Zählen von korrekt bewegten Gesichtsmuskeln pro Minute beantworten, sondern muss auch die
Wirkung auf das Publikum berücksichtigen. Ob die - falls vorhanden - eher aufgrund Talents oder Charismas zustande kommt, spielt letztlich für die Übermittlung der filmischen Botschaft eine untergeordnete Rolle. Entweder die Leinwandpräsenz reicht aus, um ein Publikum 2 Stunden lang zu fesseln, zu 'illusionieren' und zu überzeugen oder eben nicht.
Ob man das im positiven Falle dann - losgelöst vom Umfeld - auf den Darsteller zurückführen will und kann und prämieren soll, ist nochmal eine andere Frage. Eine Wissenschaft ist es jedenfalls nicht.
Was ich mir angesichts DiCaprios Oscar-Rede zur Lage des Klimawandels und seines allgemeinen Engagements für die Umwelt vorstellen könnte: Dass der Mann mehr und mehr den Drang verspürt, aus der Hollywood-Glitzerwelt auszutreten und in ein gesellschaftliches Engagement einzutreten ('mehr sein als scheinen').
Und dass sich das in seinen Rollen möglichweise allmählich dadurch bemerkbar macht, dass er mehr und mehr authentisch er selbst sein möchte, statt imaginierten Fremden seine Persönlicheit und ganze Energie für eine gewisse Zeit zu borgen.
Wie es ist, als Star und Ikone nur noch angekreischt zu werden, weiss er ja seit seiner prägenden Titanic-Rolle, von deren erotischem Projektionsflächen-Image er sich seither nach Kräften zu befreien versuchte und versucht.
Für ihn war
The Revenant neben einem Rachedrama offenbar vor allem auch ein Film über die Schönheit, Einzigartigkeit und Zerbrechlichkeit der Natur und unsere Verpflichtung zu ihrem Erhalt.
Vielleicht eifert er eher einem Al Gore nach als einem Marlon Brando oder einem etwas müde gewordenen Robert de Niro.
Wer weiss, ob er nicht noch in der Politik landet oder sich anderweitig gesellschaftlich engagiert. Das Interesse, das Sendungsbewußtsein und den Ernst scheint er zu haben (deshalb auch für Comedy-Rollen weniger geeignet), die Fähigkeit und den Intellekt müsste er noch beweisen. Aber vielleicht steckt der Reiz ja gerade im
Pendeln zwischen Seinwelt und Scheinwelt?
Damit wäre er kein Einzelfall - auch ein Clooney versucht, sich ein sinnvolles Zweitleben ausserhalb von Hollywood aufzubauen und auch andere zeigen ihre bekannten Köpfe an Veranstaltungen wie dem alljährlichen WEF (ob das sinnvoll ist (für wen?) oder nicht, ist eine andere Diskussion) oder beim gelegentlichen Besuch im Krisengebiet.
Wie heisst es im
Spiderman: "Mit grossem Einfluss und grossem Privileg kommt auch grosse Verantwortung".