WoWu hat folgendes geschrieben:
...Bänder haben sich kürzlich bei uns als völlig untauglich herausgestellt...
Das interessiert mich. Kannst Du vielleicht kurz beschreiben, was passiert ist?
Bandmaterial besteht ja aus einem Trägerfilm (heuet meist Polyethylenterephthalat oder Polyethylen Naphthalat). Auf dem Trägerfilm befindet sich als zweite Komponente die magnetisierbare Schicht, die sich aus den Magnetpartikeln und einem polymeren Bindemittel sowie weiteren Additiven zusammensetzt. Das quervernetzte Polymer bildet ein räumliches Gitter, in dem sich die Magnetpartikel zusammen mit Gleitmitteln, Weichmachern, Stabilisatoren, Antioxidantien, Fungiziden und mineralischen Füllstoffen befinden. Die Magnetschicht hat eine Stärke von ca. 2 µm bei neuen Cassetten.
Bei der dritten Komponente handelt es sich um eine optionale Rückseitenbeschichtung des Trägerfilms, die zur Verbesserung der Wickeleigenschaften und zum Schutz des Trägerfilms aufgebracht wird. Sie besteht wie die Magnetschicht überweigend aus dem Bindemittel Polyester-Polyurethan und ist ca. 1 µm dick.
Nun läuft das Band in den Cassetten ja nicht frei, sondern wird von Führungsschinen und Bandtellern geführt.
Das ist zwangsläufig die schwächste Stelle, weil Bänder ja nicht in dem schmalen Schnitt hergestellt werden, in dem sie nachher in den Cassetten laufen, sondern als breite Folie beschichtet werden und in der Endfertigung geschnitten werden. Dabei werden auch die Metalloxyde betroffen sodass sie nicht komplett von den o.a. Stoffen eingeschlossen sind. Aber die Cassettenteller schaben auch an den Bandkanten und erzeugen denselben Effekt. Die Metallpartikel fangen an zu oxydieren und schwächen das Trägermaterial an den Rändern.
Der normale Bandzug reicht nun bereits aus, um die Bänder an den oxydierten Stellen reißen zu lassen.
Das war bei uns der Fall und zwar nicht nur bei einem Band, sondern bei einer Unmenge an Bändern (DVCPro und DV). Alles kommerzielle Cassetten, also keine Kaufhausware und auch nicht muselmanisch alt.
Die einzige Möglichkeit bestand darin, die Cassetten zu zerlegen und von Hand zunächst den Bandwickel abzuwickeln, um das lose Band dann auf den Aufnahmewickel zu bringen.
Selbst dabei sind die Bänder oft schon gerissen.
Diese, so entstandene "halbe (offene) Cassette, ohne jede weitere Mechanik" wurde dann auf einer speziell präparierten MAZ abgespielt und gleichzeitig der Content auf Platte aufgezeichnet. Die Bänder gehen danach in den Müll.
Es betraf übrigens auch nicht nur Cassetten eines Herstellers, sondern unterschiedliche Cassettenmarken, wobei ohnehin fraglich ist, wer das Band herstellt.
Wer also glaubt, dass seine alten Bänder ganz prima gelagert sind und ihnen nichts passiert, der könnte eines Tages sein blaues Wunder erleben. Das dachten wir nämlich auch.
Als Richlinien für die Langzeitarchivierung gilt: 8ºC (±2ºC in 24 Stunden) und eine relative Luftfeuchtigkeit von 25 % rLF (±5 % rLF in 24 Stunden).
Nun denke ich, sind wir nicht immer an den Optimalbedingungen gewesen, aber unsere Bänder waren im Archiv immer tolerierbaren Werten ausgesetzt.
Das alte Märchen vom unzerstörbaren Band kann sich schnell mal in Luft, oder besser gesagt in Eisen(II)oxid auflösen.