Na weil man es kaum anders sieht. Oder kannst du mir aus dem Kopf eine Doku (>30 Minuten) nennen, in der die Interviewer-nahe Kamera einen engen Bildwinkel (close, nur Kopf) und die Interviewer-ferne Kamera einen weiten Blickwinkel hat (halbtotal, halber Körper oder mehr)?
Ja. Ich dachte, dass, wenn man für den Thread kurz die Bezeichnungen A und B wählt, dann die Unterhaltung einfacher würde.
Nein, aber es gibt gute Gründe manchen Quatsch nicht zu machen (z.B. Achssprung beim Interview). Und vielleicht ist es ja auch eine Quatsch-Idee. Genau deswegen frage ich. Hast du denn schon mal die Bildwinkel getauscht? Also Nah am Interview und in der Achse (gerne auch im Gegenlicht) die halbnahe Einstellung?
Aber warum ist die "intimere" Kamera, die Kamera, die den Menschen mehr im Profil zeigt? Warum sieht man so selten die Naheinstellung nahezu frontal und die Halbtotale im Profil?
Die intimere ist die Nahe, egal von wo. Es kommt ja auch immer auf das Bild an was man haben möchte. Soll der Interviewer zu sehen sein, oder nicht, usw. Ich hab's jedenfalls auch schon so gemacht, dass die Nahe die frontalere ist und die Halbnahe/Totale mehr im Profil. Man sollte eben nur nicht, wie du auch schon selber richtig gesagt hast, den Interviewer zwischen zwei Kameras setzen, weil sich dann die Blickrichtung ändert.Tirom Resse hat geschrieben: ↑So 29 Jun, 2025 20:36 Aber warum ist die "intimere" Kamera, die Kamera, die den Menschen mehr im Profil zeigt? Warum sieht man so selten die Naheinstellung nahezu frontal und die Halbtotale im Profil?
Den Begriff intim wollte ich auch nicht in Frage stellen. Meine Frage ist: Warum wird der profilige Blick auf den Menschen so oft für die intime/close/telige Einstellung verwendet und während der frontale Blick auf den Menschen halb-nah/weit ist?pillepalle hat geschrieben: ↑So 29 Jun, 2025 21:22 Die intimere ist die Nahe, egal von wo. Es kommt ja auch immer auf das Bild an was man haben möchte. Soll der Interviewer zu sehen sein, oder nicht, usw. Ich hab's jedenfalls auch schon so gemacht, dass die Nahe die frontalere ist und die Halbnahe/Totale mehr im Profil. Man sollte eben nur nicht, wie du auch schon selber richtig gesagt hast, den Interviewer zwischen zwei Kameras setzen, weil sich dann die Blickrichtung ändert.
Man kann es von der Funktion/dem Zweck her betrachten.Tirom Resse hat geschrieben: ↑So 29 Jun, 2025 22:26Den Begriff intim wollte ich auch nicht in Frage stellen. Meine Frage ist: Warum wird der profilige Blick auf den Menschen so oft für die intime/close/telige Einstellung verwendet und während der frontale Blick auf den Menschen halb-nah/weit ist?pillepalle hat geschrieben: ↑So 29 Jun, 2025 21:22 Die intimere ist die Nahe, egal von wo. Es kommt ja auch immer auf das Bild an was man haben möchte. Soll der Interviewer zu sehen sein, oder nicht, usw. Ich hab's jedenfalls auch schon so gemacht, dass die Nahe die frontalere ist und die Halbnahe/Totale mehr im Profil. Man sollte eben nur nicht, wie du auch schon selber richtig gesagt hast, den Interviewer zwischen zwei Kameras setzen, weil sich dann die Blickrichtung ändert.
Du schreibst, du hast das schon mal anders herum gemacht. Hat der Wechsel irgendetwas in dir oder deinem Publikum ausgelöst (positiv oder negativ)?
Persönlich finde ich solch "Behiflschnitte" eines nickenden Interviewers eher semi optimal und manchmal ist das auch aus verschiedenen Gründen gar nicht gewünscht. Daher präferiere ich dann schon einen Umschnitt auf den Protagonisten - sei es noch näher z.B. auf die Augen oder eben etwas offener/profilig/Off axis wenn eine zweite Kamera zur Verfügung steht.
Das ist nicht, was ich geschrieben habe. Vollprofile in einem Interview sind natürlich möglich. Die Kameraposition vermittelt die Einstellung, die Haltung gegenüber dem Interviewten. Aus dieser grundlegenden Tatsache gibt es kein Entkommen. Im Profil konfrontiert die Kamera nicht. Im Profil wird der Blick des Interviewten auf eine linke oder rechte Bildhälfte gerichtet. Es ist tendenziell interessanter, worauf geblickt wird als wie geblickt wird. Ist es der Interviewer?Tirom Resse hat geschrieben: ↑So 29 Jun, 2025 20:36Aber warum ist die "intimere" Kamera, die Kamera, die den Menschen mehr im Profil zeigt?
Wie Jott sagte: alles geht. Aber alles signalisiert etwas. Blickrichtungen (des Betroffenen und seiner Betrachter, uns) sind bei einem Interview der eigentliche „Grid“. Das, was die Aufnahme gewichtet. Und sie sind die Achsen des Bildes. Ein Schnitt zwischen frontal, nah und Profil, halbtotal, zerschneidet diese Achsen. Das muss man bewusst tun.Tirom Resse hat geschrieben: ↑So 29 Jun, 2025 20:36 Warum sieht man so selten die Naheinstellung nahezu frontal und die Halbtotale im Profil?
Ich kann verstehen, wenn nicht, aber vielleicht magst du ja was von dir hier posten, wo es "verkehrt herum" ist. Oder schick mir gerne was per PN. Es würde mich sehr interessieren.rush hat geschrieben: ↑So 29 Jun, 2025 23:45 @Tirom: Ich kann dir da ad hoc keine genauen Beispiele nennen, aber wenn wir eine Mehrkameraproduktion eines Interviews fahren ist es oft wie von mir oben beschrieben:
Die Nahe aka Kamera 1 ist knapp neben der Achse des Reporters und die offenere meist leicht Off axis oder profilig platziert - meist auch in Bewegung (Gimbal) als Establisher und daher entsprechend offener.
Es stimmt das in Dokus gern die Totalere aus der Achse kommt...
Das wollte ich auch nicht behaupten. Es ist nur meine persönliche Beobachtung, dass bei fast allen Dokus, die ich in letzter Zeit gesehen habe, die nahe/close/intimere Kamera das Profil zeigt und die weite/halb-nahe eher Frontal. Rush sagt das ja auch. Meine Hoffnung mit diesem Thread war es, die Beweggründe dafür zu erörtern. Also warum entscheiden sich so viele Kameraleute dafür, genau diese Variante zu wählen?
"Regeln" gibts zwar, aber nicht in Stein gemeißelt. Du bist der Chef vom Bild. Entscheide.
Einmal "beobachtet" der Zuschauer von der Seite und Distanz - Halbtotale aus dem Profil. Zu Beginn verschafft diese Einstellung dem Zuschauer einen Überblick.Axel hat geschrieben: ↑Mo 30 Jun, 2025 09:03Das ist nicht, was ich geschrieben habe. Vollprofile in einem Interview sind natürlich möglich. Die Kameraposition vermittelt die Einstellung, die Haltung gegenüber dem Interviewten. Aus dieser grundlegenden Tatsache gibt es kein Entkommen. Im Profil konfrontiert die Kamera nicht. Im Profil wird der Blick des Interviewten auf eine linke oder rechte Bildhälfte gerichtet. Es ist tendenziell interessanter, worauf geblickt wird als wie geblickt wird. Ist es der Interviewer?Tirom Resse hat geschrieben: ↑So 29 Jun, 2025 20:36
Aber warum ist die "intimere" Kamera, die Kamera, die den Menschen mehr im Profil zeigt?
Profil wirkt ohne weiteren Kontext zunächst distanzierter, dokumentarischer, „objektiver“. Aber wie ich gerade behauptet habe kann man nicht nicht zu seinem Motiv stehen. Ein Profil sagt, hey, ich distanziere mich von der Person. Das würde nur dann nicht gelten, wenn die Profilaufnahmen tatsächlich Schnittbilder sind, wenn man spürt, dass der Interviewte sich gerade der Kamera nicht bewusst war, dass er OFF ist.
Wie Jott sagte: alles geht. Aber alles signalisiert etwas. Blickrichtungen (des Betroffenen und seiner Betrachter, uns) sind bei einem Interview der eigentliche „Grid“. Das, was die Aufnahme gewichtet. Und sie sind die Achsen des Bildes. Ein Schnitt zwischen frontal, nah und Profil, halbtotal, zerschneidet diese Achsen. Das muss man bewusst tun.Tirom Resse hat geschrieben: ↑So 29 Jun, 2025 20:36 Warum sieht man so selten die Naheinstellung nahezu frontal und die Halbtotale im Profil?
Ich weiß, was du meinst. So kategorisch finde ich es aber falsch. Ich komme gleich darauf zurück.
Scorsese hat geschrieben:A film is a matter of what's in the frame and what's not.
Unterstreichung von mirFrank Glencairn hat geschrieben: ↑So 18 Jun, 2023 13:01Das ist lustigerweise genau der Grund warum ich es nicht mache, ich will den Zuseher nicht mit Gewalt - durch einem völlig trivialen Seitenshot, der womöglich auch noch Produktionsequipment zeigt - aus dem mühsam aufgebauten Emotionalen Flow reißen (nur um in dann wieder unvermittelt rein zu werfen).
So unterschiedlich können die Perspektiven sein (pun intended).
Es ist unglaublich viel komplexer. "Zugewandtheit" kann selbst Distanz oder Rapport bewirken, je nachdem allein, ob ich mit dem linken oder rechten Auge in die Kamera sehe oder mit beiden. Das klingt vielleicht gerade absurd, aber genau das tun wir täglich. Mach mal den Selbsttest. Nicht ein Auge zukneifen, sondern ganz entspannt auf einen Gegenstand blicken, Nachdem du die Entfernung abgeschätzt hast, wirst du ein Auge bevorzugen, in der Regel das, das diese Seite besser abdeckt. Bei Menschen, denen du gegenübertrittst, wirst du ebenso rasch auf ein Auge wechseln, das in ein Auge des anderen blickt. Faustregel: ein gekreuzter Blick verrät und verstärkt Distanz, Abschätzung, Ablehnung, ein gerader Vertrauen. Und von der so genannten Schokoladenseite (die meistens was mit einer Gesichtshälfte mit dem freundlicheren, weniger kontrollierten Blick zu tun hat) brauchen wir gar nicht erst anzufangen. Das sind die Dinge, die selbst der analytischste Savant nicht aus seiner Milliarden Jahre alten Prägung ausblenden kann.iasi hat geschrieben: ↑Mo 30 Jun, 2025 09:52Meist soll sich der Zuschauer auf das konzentieren, was der Interviewte sagt. Das Bild muss dies unterstützen und darf nicht ablenkend wirken.
Ein Sprecher, der sich einem zugewandt hat, hört man intensiver und konzentierter zu, als jemandem, den man nur von der Seite im Profil sieht.
Da muss ich aber, um mein Zitat zu begründen, diese Passage in (meinen) Kontext stellen:Axel hat geschrieben: ↑Mo 30 Jun, 2025 12:04Unterstreichung von mirFrank Glencairn hat geschrieben: ↑So 18 Jun, 2023 13:01
Das ist lustigerweise genau der Grund warum ich es nicht mache, ich will den Zuseher nicht mit Gewalt - durch einem völlig trivialen Seitenshot, der womöglich auch noch Produktionsequipment zeigt - aus dem mühsam aufgebauten Emotionalen Flow reißen (nur um in dann wieder unvermittelt rein zu werfen).
So unterschiedlich können die Perspektiven sein (pun intended).
Alex hat geschrieben: ↑So 18 Jun, 2023 12:14Das sehe ich genau andersrum und stört mich auch, wenn eine Person ein Statement abgibt und man die Hände zeigt. Ausnahme, die Hände tun etwas relevantes, das genau mit dem zu tun hat worüber er redet, oder die Hände zeigen was über die Person (alte Hände, Handwerkerspuren, Schmuck...) Warum sonst sollte ich die Hände zeigen? Um ne Schnittmöglichkeit zu haben? Ich lasse diese Händeeinstellung bei talking Heads auch gerne (schon beim Drehen) komplett weg. Dann lieber explizite Schnittbilder drehen die den Inhalt des Gesagten zeigen.Frank Glencairn hat geschrieben: ↑So 18 Jun, 2023 08:41 A-Cam in leichtem Winkel, der Protagonist spricht an der Kamera vorbei.
B-Cam im 90 Grad Winkel dazu für B-Roll zum überdecken von Schnitten.
Meiner Meinung nach das schlimmste was man machen kann.
Die 90 (oder wie viel Grad auch immer) Kamera finde ich ein tolles Mittel, um bestimmte Passagen in einer anderen Emotionalität darzustellen. Z.B. wenn die Person etwas vorträgt, das ihr unangenehm ist, z.B. ein Geständnis, oder eine schwer auszusprechende Wahrheit, Enttäuschung, Krankheit (...), eben Dinge, bei denen ein Gesprächspartner, dem anderen nur schwer in die Augen sehen kann, dann wechsle ich gerne mal auf eine seitlich betrachtende. Die muss auch nicht zwingend closer sein als die A-Cam, kommt auf den Inhalt und natürlich auch die Location ab, wenn die es hergibt. Manchmal kommt es auch gut, die Technik mit reinzunehmen, wenn es inhaltlich passt. Darf aber auch gerne mal super close nur auf Augen oder Mund sein.