Licht Forum



Nosferatu Nachtszenen-Technik



Alles rund um Lichtsetzung, Lichtausrüstung uä.
Antworten
Frank Glencairn
Beiträge: 26509

Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von Frank Glencairn »

Sapere aude - de omnibus dubitandum



Frank Glencairn
Beiträge: 26509

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von Frank Glencairn »



Sapere aude - de omnibus dubitandum



Axel
Beiträge: 16931

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von Axel »

Sehr spannende Informationen, danke. Sowohl wenn es darum geht, natürliches Sehen bei Mondlicht zu simulieren als auch wenn es darum geht, es in Alles in Allem glaubwürdiger Weise als Darstellung von Mondlicht zu verkaufen, wurde eine Eigenschaft von skotopischem Sehen hier nicht erwähnt: Schärfentiefe. Die Zapfen drängeln sich in der fokussierbaren Sehgrube, die Stäbchen in der Fixfokus-Peripherie. Das teilt sich unterschwellig mit. Das ist auch der Grund, warum Brandon Lis echte Vollmondaufnahmen seiner Freundin nicht echt aussehen: sDoF durch Nahaufnahme bei f1.4. …

Und trotz des immensen Aufwands, den Blaschke für die Nosferatu-Nacht betrieb - faszinierend von einem technischen Standpunkt aus betrachtet - wirkt das mehr fake als Deakins‘, Freisers und Messerschmidts Ansatz. Es gibt ja, wenn man den Film im Kino gesehen hat, eine erhebliche Hürde: die für mich sehr grundlegende contrast ratio wird durch den Scheiß Kontrast im Kino leider untergraben. Keine Angst vor Schwarz, natürlich nicht, Angst ist immer schlecht, aber sehe ich subjektiv die Nacht überhaupt als Schwarz? Ein Dusk oder Dawn-for-Night, mit vermindertem Kontrast für eine achselzuckend „realistische“ Darstellung und ein brutal theatralisches Chiaroscuro für einen dramatischen Effekt, das scheinen mir gute Alternativen zu sein.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...



markusG
Beiträge: 5218

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von markusG »

Axel hat geschrieben: So 26 Jan, 2025 10:28 Es gibt ja, wenn man den Film im Kino gesehen hat, eine erhebliche Hürde: die für mich sehr grundlegende contrast ratio wird durch den Scheiß Kontrast im Kino leider untergraben.
Hab den Film in zwei unterschiedlichen Kinos geschaut, und nur in den einem (ein Multiplex) ist mir das negativ aufgefallen.



Axel
Beiträge: 16931

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von Axel »

Das mit dem grauen Schwarz ist nicht das Hauptproblem. Fast der gesamte Film sieht von der Bildgestaltung her nicht nur einfach „digital“ aus, sondern wie forciertes GCI. Die in Franks Clips besonders oft wiederholten Szenen - der vor dem dunklen Wald wartende Hutter, die Kutsche im Mondschein auf dem Weg zum Schloss, Graf Orlocks Schatten hinter dem Vorhang - das alles hätte gut und gerne von A.I. erzeugt worden sein können. Meine Super-8-Kumpane aus dem Schulfilmclub waren sich seinerzeit mit mir einig, dass Herzogs Nosferatu „amateurhaft“ gemacht war. Die teilweise dokumentarisch schwenkende Weitwinkelkamera, die zu erahnende „Kaiser Filmleuchte 1000 W“ in der Zimmerecke, das und anderes erinnerte uns an unsere eigenen Bemühungen, und wir waren entschlossen, es besser zu machen. Wenn wir damals den Eggers-Film hätten sehen können, hätten wir gesagt: das ist es! So muss das aussehen!

Aber wir waren dumme Blagen. Wie alle frühen Herzogs hat auch dieser Film etwas handwerklich Hemdsärmeliges, zumal nach heutigen Standards. Aber er ist der bessere Nosferatu, weil er seinen Inhalt ernst nimmt, während Eggers bloß großkotzig covert.

Kürzlich sah ich ein Video zur Kritik des modernen Looks:

Und das ist mE bedenkenswert. Das Was muss vor dem Wie kommen, der Inhalt vor der Form. Der Set und die durch Props, Kostüme und Beleuchtung erzeugte Emotion sind es, worum es geht. „I stopped believing in the world of the film“. Ja, das gilt für viele moderne Filme. Prozessierte Pampe. Genauer: prozessiert aussehende Pampe. Egal, ob Purismus dahinter stand oder krudes Fix-it-in-post.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...



cantsin
Beiträge: 16311

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von cantsin »

Axel hat geschrieben: So 26 Jan, 2025 14:30 Und das ist mE bedenkenswert. Das Was muss vor dem Wie kommen, der Inhalt vor der Form. Der Set und die durch Props, Kostüme und Beleuchtung erzeugte Emotion sind es, worum es geht. „I stopped believing in the world of the film“. Ja, das gilt für viele moderne Filme. Prozessierte Pampe. Genauer: prozessiert aussehende Pampe. Egal, ob Purismus dahinter stand oder krudes Fix-it-in-post.
Jepp, geht mir genauso. Wobei die Schuld IMHO im starken Einfluss der visuellen Kultur von Comics in Amerika liegt. Fast alle Genre-Filme sehen heute aus wie digital animierte graphic novels.
"Wieso eigentlich überhaupt was drehen? Warum nicht jahrelang nur darüber philosophieren?" -stip



Valentino
Beiträge: 4834

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von Valentino »

Axel hat geschrieben: So 26 Jan, 2025 10:28 Und trotz des immensen Aufwands, den Blaschke für die Nosferatu-Nacht betrieb - faszinierend von einem technischen Standpunkt aus betrachtet - wirkt das mehr fake als Deakins‘, Freisers und Messerschmidts Ansatz. Es gibt ja, wenn man den Film im Kino gesehen hat, eine erhebliche Hürde: die für mich sehr grundlegende contrast ratio wird durch den Scheiß Kontrast im Kino leider untergraben.
Habe den Film im Dolby-Cinema in München gesehen und noch nie so ein extremes Schwarz außerhalb einer Demo bzw. Fachmesse gesehen. Gerade die Szenen im Schloss waren „pitch-black“ und damit noch mal deutlich gruseliger. Ein weiterer Pluspunkt der Produktion, die Dialoge sind auch in der „britischen“ OV sehr gut zu verstehen und nicht das typischen Nolan Gemurmel. Vom typischen Vision3 500T Korn sieht man Ende aber nichts mehr. Da hätte man auch mit einer Sony oder ARRI drehen können.
Mein vorletzter Dolby-Cinema Besuch in Esslingen war Dune2 und da hat leider jemand vom Personal den Ton herunter gedreht oder die Subwoofer ausgeschaltet, den bei den Würmern hat es nur noch leicht gewummert :-(
Gibt es eigentlich im Norden und Westen von DE auch Dolby-Cinemas?



Axel
Beiträge: 16931

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von Axel »

War kein Dolby-Kino, das stimmt.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...



tom
Administrator
Administrator
Beiträge: 1520

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von tom »

Vielleicht auch interessant, ein Vergleich der drei Versionen:

slashCAM



cantsin
Beiträge: 16311

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von cantsin »

tom hat geschrieben: So 26 Jan, 2025 22:13 Vielleicht auch interessant, ein Vergleich der drei Versionen:

Für mich sieht die Herzog-Version am besten aus. Und gerade, weil sie zwischen historisch-realistischen und fantastischen Bilder nahtlos übergeht, und die Farben und locations wirklich klasse sind. Hätte ich nicht gedacht.

Scheint ja zu bestätigen, was in dem YouTube-Video weiter oben gesagt wird (dass heutige Kinofilme an exzessiv übertriebenem Color Grading leiden).

EDIT, ich lese gerade in Wikipedia: "As was common for West German films during the 1970s, Nosferatu the Vampyre was filmed on a minimal budget and with a crew of just 16 people." Wow. Das damalige Budget war 2,5 Million DM, was heutigen, inflationsbereinigten 3,7 Millionen EUR entsprechen.
"Wieso eigentlich überhaupt was drehen? Warum nicht jahrelang nur darüber philosophieren?" -stip



Axel
Beiträge: 16931

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von Axel »

Zwei fun facts.

Da wir von der Darstellung von Nacht sprechen, ist der Beleuchtungsstil 1922 High Key für Tag und - teilweise- Low Key für Nacht. Heißt: Betonung von Schatten. Nicht egal, ob sie von Sonne oder Mond erzeugt wurden, aber unvermeidlich, da man Nacht, Außen nicht filmen konnte. Die korrekten Versionen des Originals auf Youtube sind entweder orange-gelb (Tag) oder blau (Nacht) eingefärbt.

In der 1922-Version ist das Haus in „Wisborg“, das Orlock gekauft hat („Schloss Grünewald“) das mittlere dreier Häuser an der Trave mit unterschiedlich hohen Spitzgiebeln. Diese Häuserfront - alte Salzspeicher - muss Murnau und Galeen grafisch in den expressionistischen Kram gepasst haben. Aus einem Fenster in der Mitte peept Orlock die gegenüber wohnende Ellen. 54 Jahre später fand Herzog diese Häuser in bestem, d.h. wohl aus denkmalschützenden Gründen tadellos renoviertem Zustand vor und platzierte Klaus im weiß lackierten Rahmen desselben Fensters. Der kleine Axel kannte bereits etliche Beispiele dieser Art von Denkmalschutz. Für ihn wirkte das Haus modern. Dem alten Axel will es nicht einleuchten, warum man nicht mit etwas ockerfarbener Pappe die Fensterrahmen kaschiert hatte. Für 5 DM hätte man glaubwürdig machen können, was Hutter/Harker dem Grafen in beiden Versionen zuvor gesagt hatte: Das wollen Sie kaufen? Aber das ist eine Ruine!
Gut fand ich dagegen schon damals, dass die Pest-Särge aus unbehandeltem Holz (IKEA-Modell „Klaus“) waren. Patina nur da, wo sie Sinn macht.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...



Frank Glencairn
Beiträge: 26509

Re: Nosferatu Nachtszenen-Technik

Beitrag von Frank Glencairn »

Sapere aude - de omnibus dubitandum



 Aktuelle Beiträge [alle Foren]
 
» Nextorage cf-express Type a Erfahrung
von MuffinOne - Mi 23:26
» Wie Hitchcock mit Psycho nicht nur den Horror, sondern den Kinobesuch veränderte
von 7River - Mi 20:10
» Nikon Z6 III - Sensor-Bildqualität, Rolling Shutter, Dynamik - Günstige Z8 für Filmer?
von blueplanet - Mi 14:10
» GoPro MAX 2 gesichtet und DJI Osmo 360 komplett geleakt
von Clemens Schiesko - Mi 14:08
» Kamera, Objektive, Drohnen, Zubehör: Bis zu 50% Rabatt bei Sony, DJI & Co.
von slashCAM - Mi 13:48
» Neue, mehrschichtige Bildsensoren könnten 3-fache Lichtausbeute und Auflösung ermöglichen
von moowy_mäkka - Mi 13:08
» Atomos stellt Studiosonic Headphones vor - nur ein weiteres Rebranding?
von rush - Mi 7:36
» Aufbereitung von altem Filmmaterial Super 8 / Hight 8
von cantsin - Mi 7:23
» Blackmagic PYXIS 6K - aktuell für 2.000 Euro erhältlich
von rush - Di 9:45
» Dynamic Range iPhone?
von Jott - Di 5:10
» KOMMERZ vs. KUNST als Regisseur
von Nigma1313 - Mo 20:42
» Biete: Blackmagic Pocket Cinema 4K mit viel Zubehör
von TheRealRobert - Mo 19:05
» Adobe Premier Pro 2024 Audiostereospur
von Asjaman - Mo 17:57
» DJI stellt Transport-Drohne FlyCart 100 mit 80 Kilo Nutzlast vor
von acrossthewire - Mo 16:35
» Bildschirmaufnahme mit VLC Player oder andere Software?
von Videopower - Mo 13:15
» Licht how to:
von Darth Schneider - Mo 12:24
» Nikon Z8 Firmware 3.0 ist da - Viele neue kostenlose Funktionen (u.a. AF, N-Log)
von Funless - Mo 12:18
» Externe USB4 SSD als Mac Systemplatte nutzen - am Beispiel der Corsair EX400U
von rudi - Mo 11:24
» ARRI...
von iasi - Mo 10:22
» KI-Revival für 100 Hongkong-Filmklassiker angekündigt
von 7River - Mo 7:11
» Welches objektiv für nachtaufnahmen? EOS R8
von Jan - So 22:16
» S: Videokamera
von Darth Schneider - So 15:20
» Googles KI-Videogenerator Veo 3 startet in Deutschland – mit Grenzen
von philr - So 15:12
» Meta fährt Quest & VR runter
von iasi - So 11:44
» Gelöscht
von Darth Schneider - So 5:58
» 90 Video-producing Agenturen in meiner Stadt - Zu viel konkurrenz ?
von Effess - Sa 22:38
» Blackmagic PYXIS 6K nun also unter 2000€
von iasi - Sa 12:26
» Die richtige Speicherkarte
von Astradis - Sa 12:07
» Accsoon SeeMo 4K HDMI Adapter macht Handy zum Kameramonitor - samt Livestreaming
von slashCAM - Fr 15:30
» Apple gibt iPhone-Videoaufnahme im Kinomodus für alle frei
von DeeZiD - Do 16:40
» ONLINE-VIDEO-MONITOR 2025
von ruessel - Do 11:49
» Selena Gomez Video mit Iphone gedreht 496 Millionen Klicks
von MovieGuy - Mi 16:31
» Sony BURANO - kostenfreier Austausch des Infrarot (IR)-Sperrfilters
von slashCAM - Mi 14:12
» C70 + DJI Ronin RS2
von rob - Mi 12:49
» Tamron 16-30mm F/2.8 Di III VXD G2 - Ultra-Weitwinkel-Zoom für Sony und Nikon
von slashCAM - Mi 9:36