Axel hat geschrieben: ↑Do 15 Jul, 2021 16:16
3Dvideos hat geschrieben: ↑Do 15 Jul, 2021 13:31Das Video gibt der Musik Vielschichtigkeit und Tiefe. Die Text-Bild-Schere ist relativ groß. Doch es gibt einen assoziativen Zusammenhang. Das Drehbuch ist hervorragend, niveauvoll, mit Botschaft, die schauspielerische Umsetzung auch. Die farblichen Grundentscheidungen für das Color-Grading sind gut, die Realisierung steigerungsfähig.
Wenn du so ein kategorisches Urteil fällst, solltest du in der Lage sein, die Kategorien, die Kriterien, zu benennen, nach denen du urteilst. Da es sich um ein eher melancholisches Stück handelt, passt deine übersüßte Heile-Welt-Farbigkeit absolut nicht.
Du schaffst die Schere. An vielen Stellen (z.B. ab ca. 1'20") ändert deine "Kontrastkorrektur" sogar die Tageszeit!
Wenn man im Kino das Gefühl hat, man muss eine Kerze mitbringen, damit überhaupt etwas zu sehen ist, dann ist das schon ein Hinweis auf eine problematische Belichtung: schwarz clippende Schatten, fehlende Mitten, schwankende, zum Teil grell blendende Lichter ( 4'14'' ).
Das Drehbuch ist vor allem ein alkoholisches. Die Moral von der Geschicht': Trinkt verantwortungsvoll. Wer das Musikvideo von der Musik her versteht, hat eventuell andere Ideen auch im Hinblick auf die Stimmung. Es geht um Verlust der Liebe und das Eingehen einer neuen Freundschaft, um Party, um Rausch, um Exzess, um Todesgefahr durch Saufen und Ersaufen. Man weiß nicht, ob der Typ ertrunken ist oder doch noch gerettet werden konnte/kann. Immerhin wird er nicht mit dem Totenwagen abgeholt. Das Ende ist offen.
Den Wechsel der Tageszeit durch Normalisierung der Belichtung sehe ich nicht. Wenn man allerdings die Farben normalisiert, kommt man schon auf die Idee, dass hier und da ( 1'47'' ) Abendstimmung durch Colorgrading erzeugt wurde. Man fragt sich, ob die neue Freundin die aufgehende oder die untergehende Sonne darstellt. Vieles spricht für Letzteres.
Ich vermeide nicht das Unwort des letzten Jahrzehnts: der nicht ausgereizte Kontrast des Originals ist "cinematischer". Es sieht ein bisschen aus wie eine klassische Kinoprojektion, bei der der Kontrast ja bekanntlich nicht besonders war. Da hinein gehören auch die vielen Glow-Effekte. Würde mich interessieren, ob das Filter oder Post war.
Gewagt, aber deshalb von besonderem Reiz der clippende Lichtstreifen über dem Bett. Ab da wusste ich, ich mag's.
Der Lichtstreifen clippt weder im Ausgangsmaterial, noch nach der Korrektur. Er ist bläulich, nicht weiß.
In dieser Branche, so wie in allen kreativen Branchen, gibt es eine zeitgeistbedingte Erschlaffung, eine ängstliche Impōtenz. Man hat so lange drüber geredet, dass man jetzt nicht mehr kann. Ein Teil davon hat damit zu tun, dass man einer von vielen ist und mit Video-Content zugemüllt wird. Man orientiert sich "am Längsten" und strebt nach "Bildgewalt" (A Father's Job). Auch dadurch entsteht eine Schere ...