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freedom2speak v2.0
R: Markus C.M. Schmidt, Christoph Gampl, Brigitte Kramer, Marc Meyer, Uwe Nagel
Land: Deutschland 2003
Vorführformat: Digi Beta, Farbe
Länge: 60 Minuten
Sprache: Deutsch
mehr Informationen
offizieller Site zum Film
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Februar 2003: Zwischen Washington und Bagdad droht die Irak-Krise zu eskalieren – in Berlin werden die Internationalen Filmfestspiele eröffnet. 100 Filmemacher beschließen, unter dem Label „freedom2speak“ der allgemeinen Ohnmacht etwas entgegenzusetzen. In Interviews und Kurzfilmen entsteht ein provokantes Meinungs- und Zeitdokument im Angesicht des drohenden Krieges. März 2003: Während in Bagdad Bomben fallen, beginnen die Filmfestspiele von Istanbul. Unter dem Eindruck emotional aufgeladener Kriegsbilder streiten sich Filmemacher und Festivalbesucher über den Sinn und die Auswirkungen der amerikanischen Besatzung. Mai 2003: Die Amerikaner rufen das Ende des Krieges aus – auf der Croisette in Cannes treffen Befürworter und Gegner in kontroversen Diskussionen aufeinander. Politik, Medien, Ästhetik – wie hat der Krieg unsere Wahrnehmung verändert? Inwieweit ist Manipulation noch erkennbar – inwieweit akzeptiert? In einer Doku-Collage, die sich selbst dem Vorwurf der Manipulation aussetzt, kommen Filmschaffende aus der ganzen Welt zu Wort, unter anderem Volker Schlöndorff, Abderrahmane Sissako, Minnie Driver, Romain Goupil, George Clooney, Udi Aloni, John Hurt, Kutlug Ataman, Andres Veiel, Martina Gedeck, Jack Valenti, Fred Kelemen, Luc Picard, Dustin Hoffman. [aus dem Berlinaleprogramm]
FRAGE & ANTWORT
Wie würden Sie die Ästhetik Ihres Films beschreiben?
Bei freedom2speak handelt sich um eine dokumentarische Collage. Dadurch, dass verschiedene Filmemacher unterschiedliches Material zusammengetragen haben (unter dem Thema "Krieg, Medien und Manipulation"), verzahnen sich Interviewpassagen mit Kurzfilmen, Animationen und Nachrichtenbildern. Entprechend deckt der Film auch sämtliche, zumindest einen großen Teil der möglichen unterschiedlichen Qualitäten, die derzeit mit digitaler Aufnahmetechnik möglich sind: von abgefilmten Großleinwänden über Ein-Chip-Mini-DV, Drei-Chip-Mini-DV, DV-Cam, Beta oder direkt am Computer generiertes Material. Der Collage-Charakter und eine im Schnitt gefundene Formklammer macht letztlich die Gesamt-Ästehtik des Filmes aus. Und sicherlich ist all dem Material die Spontanität seiner Enstehung anzusehen.
Warum entschieden Sie sich, diesen Film auf DV zu drehen -- nur aus
finanziellen Gründen, oder gab es auch ästhetische Überlegungen?
freedom2speak ist eine spontane Initiative, bei der es darum geht, flexibel und schnell Meinungen und Emotionen einzufangen bzw. abzubilden. Zudem ist es ein dokumentarisches Non-Budget-Format. Da wäre es sicher vermessen, auf etwas anderes als auf digitalen Material zu drehen. Und: die Qualität von DV ist mittlerweile ausreichend, um auch anspruchvolle Sehgewohnheiten nicht zu verschrecken. Insofern war es keine wirkliche Entscheidung für DV, es war einfach normal.
Im Fall freedom2speak kam noch hinzu, dass wir uns zum Ziel setzten, innerhalb von 12 Tagen das gesammelte Material in einem geschnittenen Film sichtbar zu machen. Da war DV natürlich die optimale Lösung. Erstens konnte jeder, der wolllte, Beiträge ohne großen Aufwand beisteuern, wir konnten das gesammelte Material sofort im Computer weiter bearbeiten und montieren. Während der Berlinale 2003, als wir aufgrund der eskalierenden Irak-Krise die Idee für den Film hatten, trugen über 100 Filmemacher das Material zusammem, in einem Umfang von ca. 25 Stunden. Unser Ziel war es, einen repräsentativen rough cut, der die Meinungs- und Stimmungslage zum Irak-Krieg reflektiert, am letzten Festivaltag auf einer Sonderveranstaltung zu screenen - was wir auch geschafft haben. Ausgehend von dieser Erfahrung, schnell, flexibel und über Netzwerke zu produzieren, sind wir nach Istanbul und Cannes gefahren, um die Aktion dort weiterzuführen und einen kompletten Film zu bekommen: freedom2speak v.2.0, der dieses Jahr offiziell in der Sektion PANORAMA / DOKUMENTE zu sehen ist. Die Bedingungen in Cannes und Istanbul waren natürlich komplett anders - entsprechend mußten wir unser Konzept anpassen. Diese Konzeptanpassung technisch zu bewätligen ist mit DV überhaupt kein Problem gewesen. Selbst als wir einmal keine Kamera hatten, sind wir einfach in ein Kaufhaus gegangen, haben eine DV-Kamera gekauft und am nächsten Tag wieder umgetauscht. Versuch das mal mit ´ner Beta oder gar einer 35mm-Mühle.
Was war besonders daran, auf DV zu drehen (verglichen z.B. mit 16
oder 35mm)? War es für Sie das erste Mal, oder kannten Sie das Format
schon?
Für mich persönlich gesprochen, war es eine extrem neue Erfahrung. Innerhalb des Projektes bin ich nach Istanbul gefahren, um dort auf dem Filmfestival Interviews zum Thema zu führen. Ich hatte eine Ein-Chip-Sony PC9 dabei, eine Kamera so groß wie eine Dose Corned Beef. Dazu ein externes Aufsteckmikro. Dadurch war ich natürlich extrem flexibel, brauchte kein Team um mich herum, konnte immer sofort an Ort und Stelle agieren und reagieren. Gerade wenn es darum geht, an öffentlichen Orten zu drehen, nimmt diese kleine Einheit doch sehr viel von der Befremdung, die Filmaufnahmen auf die Umgebung normalerweise mit sich bringen. Ich glaube, auf diese Art sehr oft an intimere Momente herangekommen zu sein, als dass mit einem klassischen Team (also mindestens zusätzlichen Kamera- und Tonmann) möglich gewesen wäre. Die Möglichkeiten und die Qualität der Aufnahmen sind so natürlich sehr eingeschränkt, auch und gerade was den Ton angeht. Ein sogenanntes "sendefähiges" Resultat zu erhalten, ist sehr schwer mit dieser "Sparta-Ausstattung". Für ein offenes Format wie freedom2speak jedoch war es optimal. Unser Motto lautete "ready2shoot" - und das haben wir getan.
Welche Kamera und Schnittsoftware haben Sie verwendet? Welches Format haben Sie genau verwendet (MiniDV, DVCAM..)?
Wie gesagt: unterschiedliche Formate, da das Material von unterschiedlichen Filmemachern und zu unterschiedlichen Drehbedingungen und persönlichen Vorlieben zusammengetragen wurde. Inwieweit beim endgefertigten Film dann noch jemand zuordnen kann, was welches Format ist, vermag ich nicht zu beantworten. Ich seh die Unterschiede in der Regel jedenfalls nicht. Allerdings hat der Cutter des Filmes, Markus C.M. Schmidt, die Qualitätsunterschiede und -makel der unterschiedlichen Aufnahmeverfahren am avid xpress DV und später am avid adrenalin begradigt - zum Teil unter groben Flüchen und mit sehr hohem technischem Aufwand, der dann auch am Profi-Avid nicht mehr unbedingt zu leisten ist. Es gibt also nicht nur Vorteile der Nachbearbeitung von DV, was u.U. zu einem Kostenfaktor wird, den man gerne unterschlägt. Gerade die Tonqualität lässt oft sehr zu wünschen übrig, auch mit aufwändiger Nachbearbeitung ist da oft wenig zu machen.
Welches Drehverhältnis hatte der Film?
Dafür gibt es bei freedom2peak keine Erkenntnisse. Aber reichlich.
Hätten Sie im nacherein vielleicht doch lieber ein anderes Format
gewählt (welches)?
Unsere Erfahrung ist, dass eine gute Drei-Chip-Mini-DV vollkommen ausreichend ist, v.a. im dokumentarischen Bereich-solange man auf guten Ton achtet. Und wie gesagt, auch Ein-Chip-Material kann ok sein. Andererseits: wenn man die Qualtität von DV-Cam (mit grossen Optiken) oder DigiBeta so billig und kompakt wie Mini-DV haben könnte, dann her damit.
Da Sie schon auf DV drehen - würden Sie auch andere
Distributionsmöglichkeiten als die heute etablierten in Betracht ziehen?
Wenn ja, welche?
Zunächst einmal kann das Fernsehen sich mittlerweile ruhig herablassen, DV-Material als sendefähig zu erachten, zumindest bei bestimmten inhaltlichen Formaten. Da wird sicher noch viel blockiert, weil eine radikale Demokratisierung der Filmherstellung bestimmten Interessen widerspricht. Man läßt dann dann zwar etablierte Größen wie Dominik Graf oder Doris Dörrie ran, um in DV zu machen. Ob diese "Experimente" aber Signalwirkung haben oder doch nur eine Alibifunktion - das müßte diskutiert werden. Wobei man auch klipp und klar sagen muss: DV ist nicht der Heilsbringer, und auch kein ästhetischer Ersatz zu 16 oder 35 mm. Es ist eine zusätzliche Möglichkeit, sich kreativ auszudrücken, und sicher sind diese Möglichkeiten noch lange nicht ausgereizt, auch technisch nicht. Interessant ist dabei vor allem: inwiefern ist DV kinofähig? Und inwiefern kann das Internet als Distributionskanal für DV dienen? Und hier geht es, um sich als massenwirksames Kommunikationmittel etablieren zu können, letztlich darum, ob über diese Distibutionskanäle die Filme refinanzierbar sind. Ansonsten ist v.a. das Internet als Distributionsmöglichkeit nicht wirklich interessant. Es sei denn, es handelt sich um ein non-profit-project, wie es bei freedom2speak der Fall ist. Auf unserer Website www.freedom2speak.net kann man sich auch entsprechend viele kleine goodies anschauen.
Ein gutes Wort (oder zwei) über DV:
schnell, flexibel, billig, ästhetisch interessant
Ein schlechtes Wort (oder zwei) über DV:
noch immer zu teuer, noch immer nicht kompakt genug, ästehtisch begrenzt, tonqualität schlecht
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