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CINEMA DIGITALE d`ITALIA:
DOPO MEZZANOTTE

von Robert Lößl

Dopo Mezzanotte von Davide Ferrario hat es in sich: Eine bezaubernde Liebesgeschichte, hervorragende Schauspieler, eine Independent-Finanzierung, auf HD-gedreht, eine Liebeserklärung an das Kino und zu guter letzt eine zweite, selbstreflexive Ebene über das eigene Medium: Film. Aber der Reihe nach.



Zunächst zur Geschichte: Der schüterne, wortkarge Martino arbeitet als Nachtwächter in der Mole, dem Filmmuseum von Turin. Hier hat er sich eine eigene Traumwelt erschaffen, die sich aus dem Stummfilm-Repertoire des Museums speist - vor allem Buster Keaton hat es ihm angetan. Sein Leben gerät gehörig durcheinander als eines Nachts die schöne Amanda (absolut bezaubernd: Francesca Inaudi) auf der Flucht vor der Polizei Unterschlupf im Museum sucht. Film und Realität vermischen sich. Es beginnt eine Dreiecksgeschichte zwischen Martino, Amanda und ihrem Freund Angelo.

Mit Dopo Mezzanotte hat Davide Ferrario eine wunderbare Liebeserklärung an die Leidenschaft verfilm: Die Leidenschaft der Kinos und die Leidenschaft der Liebe gehen hier Hand in Hand, sind miteienader verwoben. In bester italienischer Tradition (wie erinnern uns an Cinema Paradiso) wird das Kino selbst zum Thema gemacht und erzählt sich und die Geschichte seiner Protagonisten quasi selbst.

Spannend ist der Einsatz von HD Technik in diesem Film aus mehreren Gründen. Zum einen konnte Ferrario nach eigenen Angaben diesen Film nur aus zum großen Teil eigenen Mitteln finanzieren, weil er HD benutzt hat, was mittlerweile billiger zu sein scheint als 35mm. Dies ist durchaus bemerkenswert, weil damit das Kosten-Pendel das erste Mal zu Gunsten von HD ausschlägt. Das war im letzten Jahr noch nicht der Fall.



Zweitens ist der Einsatz von HD deshalb interessant, weil sich in diesem Film das älteste Filmmaterial (Stummfilm) mit dem modernsten (HD) in einen Dialog über die Geschichte des Filmemachens begibt, der quasi auf der materiellen Ebene des Films selbst stattfindet. Trotzdem muss auch gesagt werden, dass HD immer noch meilenweit von der visuellen Qualität von Negativ-Filmmaterial entfernt ist. Die Kälte von HD steht bei diesem Film durchaus im Kontrast zur erzählten Geschichte, die ein wärmeres Filmbild verdient hätte. Aber hierin zeigt sich letztlich auch: Eine gute Geschichte, hervorragende Schauspieler und eine gute Regie wissen mit jeder Filmtechnik zu überzeugen – auch mit HD ...

Den Zuschauerreaktionen nach sollte der Film keine Probleme haben, einen Verleih zu finden. Zu wünschen ist es ihm allemal. Bitte unbedingt anschauen.

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