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Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Fr 22 Jun, 2012 15:59
von Tobsn
Pianist hat geschrieben:Diese Schmierfinken sind gemeingefährliche Schwerverbrecher, die mit brutaler Gewalt gegen Fahrpersonal vorgehen, wenn sie entdeckt werden.
Mit Differenzierung hast Du es nicht so, oder? Es gibt zuhauf Leute, die ihre kreative Karriere mit Graffiti begonnen haben (ohne mit brutaler Gewalt gegen Wachpersonal vorzugehen). Erstaunlich, dass in einem Forum für Kreative eine derartige Abneigung gegen eines der interessantesten Kunst-Phänomene der vergangenen 30-40 Jahre herrscht. Graffiti hat die Typografie absolut bereichert und ist seit Jahren nicht mehr aus der Werbung (ja, auch filmisch) wegzudenken.

Zumal man sich darüber unterhält, das Menschen den öffentlichen Raum für sich gestalten. Nicht anderes macht das Kapital, dass mit Geld oder politischer Macht die Umwelt gestaltet. Letzteres eben auch nicht immer zur Freude aller! Werbung mag zwar bezahlt werden, micht kotzen die Schilder/Reklametafeln/Busse, die mit blödsinniger Werbung leidlich kreativer Agenturen meine Stadt verschandeln nicht weniger an. Nur weil dafür bezahlt wird, macht es die Sache für mich als Bürger nämlich nicht für fünf Pfennig besser!

T

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Fr 22 Jun, 2012 16:40
von thos-berlin
Es mag durchaus künstlerisch wertvolle oder einfach hübsche Graffities geben. Das ändert nichts an der Tatsache, daß die Sprayer im Regelfall ohne Genehmigung ihrer Kunst nachgehen und damit das Eigentum anderer ohne deren Zustimmung verändern. Auch direktes oder indirektes Gemeinschaftliches Eigentum gibt einzelnen noch lange nicht das Recht, sich über die anderen hinwegzusetzten, auch wenn die selbst Teil der Eigentümergruppe sind (oder sich so fühlen). Darüber kann sicher mancher Wohnungseigentümer ein Lied singen...

Ich würde es zwar nicht so krass wie Matthias formulieren, aber ich glaube kaum, daß Sprayer anderen Menschen die Rechte einräumen werden, die sie sich selbst nehmen, wenn es um ihr Eigentum gehen würde.

Außerdem ist der Großteil der Graffities - auch wenn bunt und schön - nichts weiter, als ein "Ich war hier und das ist mein Revier". Also nicht Kunst, sondern blanker Besitzanspruch und Angeberei.

Und schießlich setzen diese Leute sich und auch andere unnötigen Gefahren aus und dienen dabei auch noch als schlechtes Vorbild für Nachahmer.

Was das Beispiel der "belästigendern Werbung" angeht, so steht es jedermann frei, über die dafür vorgesehenen organisatorischen und rechtlichen Instanzen gegen die Werbung anzugehen. Allerdings ist z.B. bei Verkehrsunternehmen dann sicher mit nicht gewünschten Folgen zu rechnen, indem z.B: die Fahrpreise steigen müssen, um die Werbeiennhamen zu kompensieren. Auf jeden Fall gilt auch hier kein "Faustrecht".

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Fr 22 Jun, 2012 16:47
von weitwinkel
Pianist hat geschrieben:Diese Schmierfinken sind gemeingefährliche Schwerverbrecher, die mit brutaler Gewalt gegen Fahrpersonal vorgehen, wenn sie entdeckt werden.
ist das so?

unter gemeingefählichen schwerverbrecher habe ich mir immer
was anderes vorgestellt...
gut du arbeitest u.a. auch für die bahn, daher wirst du auch
deren sichtweise kennen...aber schwerverbrecher sind in meinen
augen was anderes.

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Fr 22 Jun, 2012 16:50
von Tobsn
Es ist erstaunlich wie viele Graffiti-Experten es hier im Forum gibt...

T

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Fr 22 Jun, 2012 16:58
von NEEL
carstenkurz hat geschrieben: Stimmt nunmal nicht. Der Grund, warum der Film 'verboten' wurde liegt darin, dass hier ein eindeutiges populistisches/kommerzielles Interesse im Unterschied zu einem berechtigten journalistischen Interesse gesehen wurde, und daher die Verwendung von nicht genehmigtem Bildmaterial eben untersagt wurde.
- Carsten
Ist Dir eigentlich klar, was Du damit sagst?

Sobald ein kommerzielles Interesse besteht - was bei jedem hauptberuflichen Journalisten bestehen dürfte - darf die Zensur greifen?

Diese Formulierung ist so windelweich, daß sie auf alles und jeden übertragen werden kann.

Dieses Gericht übt mit lächerlicher wie auch problematischer Begründung Zensur aus und verstößt damit gegen die Verfassung. Ich hoffe sehr, daß es ein Berufungsverfahren gibt, in welchem ein kompetenteres Gericht über den Fall entscheiden kann - auch wenn dies vielen selbsternannten Regelverstehern hier im Forum nicht schmecken dürfte;-)

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Fr 22 Jun, 2012 17:21
von B.DeKid
Also Ich versteh einfach die Macher dieses "Filmchen" nicht.

Warum - wenn Sie merkten das man Ihnen ans Bein pinkelt , nicht wie üblich das Material auf Szene Portalen einfach veröffentlichen.

Durch den regulären Absatz der DVD wäre man eh nicht reich geworden.

Die Intressenten an dem / zu dem Thema wissen doch eh wo Sie Ihre Vorlagen, Ideen etc finden. (?!?)

....................

Was Ihr hier nun diskutiert sind wie gesagt 2 verschiedene Paar Schuhe!

A) Dokumentarische Arbeit
B) Quasi Anleitung zu Straftaten

Ist doch logisch das hier die Anwälte eines Unternehmen welches "betroffen" ist , reagieren müssen.

Somit verspüre Ich persl. kaum Verlangen danach mich hier aufzuregen.

Die Richter haben Pro für die Firma gestimmt und Contra gegen die Zweifelhafte Ideologie der nennen wir sie mal Video Künstler.

In meinen Augen durchaus richtig diese entscheidung.

..................

Was mich hingegen eher stört ist , das hier Kunst und Sachbeschädigung in einen Topf geworfen wird.

Das sollte wohl eher zu denken geben.

MfG
B.DeKid

PS: Ja Ich kenn mich in der Szene relativ gut aus!

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Fr 22 Jun, 2012 17:32
von Tobsn
B.DeKid hat geschrieben:PS: Ja Ich kenn mich in der Szene relativ gut aus!
Sicher?

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Fr 22 Jun, 2012 18:03
von NEEL
In Deutschland gibts halt für jede schwachsinnnige Regelung einen Bereitwilligen, der sie Dir erklärt.

In der DDR wurde ganz sachlich der Nutzen der Zensur erklärt, in der BRD der Nutzen von Eigentum.

Freidenkende Filmer sollten sich durch das Urteil nicht beindrucken lassen. Reine Techniknerds müssen den neuen Zensur-Regeln allerdings beflissen folgen;-)

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Fr 22 Jun, 2012 18:37
von carstenkurz
NEEL hat geschrieben: Ist Dir eigentlich klar, was Du damit sagst?

Sobald ein kommerzielles Interesse besteht - was bei jedem Journalisten
Ich würde Dir vorschlagen, Du spekulierst nicht einfach wild rum, sondern liest die Urteilsbegründung. Der Film ist eben nicht als journalistischer Beitrag gewertet worden. Dass jemand damit Geld verdient oder verdienen könnte ist nicht das Kriterium, das dort angewendet wird. Und auch Journalisten haben nicht per se das Recht, gegen Persönlichkeits- oder Urheberrechte zu verstoßen.

Auch hier: Übertrag das ganze mal in deinen persönlichen Bereich. Da würdest Du auch drauf Wert legen, dass man das Rumschnüffeln in deiner Privatsphäre und das Verkaufen auf Bild's erster Seite nicht als geschütztes journalistisches Interesse deklarieren kann.

Das Gericht ist hier schlicht konsequent auch der bekannten Rechtsprechung im Bereich Panoramafreiheit gefolgt. Die Aufnahmen wurden nicht von ausserhalb des Geländes angefertigt - dann wären sie zulässig gewesen, sondern ohne Drehgenehmigung AUF dem Gelände des Klägers. Dass die Aktionen, die gefilmt wurden, illegal waren, spielte dabei überhaupt keine Rolle, jedenfalls für das Gericht.

Es ist im Übrigen auch niemand bestraft worden. Nur die öffentliche Wiedergabe des Materials, oder auch, der beanstandeten Teile des Films, wurde untersagt. Hätten die sich schlauer angestellt oder sich früher mit der Rechtsprechung beschäftigt, hätten die das vielleicht anders aufziehen können. Grundsätzlich wäre die öffentliche Darstellung der gleichen illegalen Aktionen dann erlaubt gewesen. Keine Zensur.

Klar, das tut den Guerilla-Shootern weh, aber daran erkennt man halt auch die naive Selbsteinschätzung derjenigen, die das romantisierende Wörtchen für sich in Anspruch nehmen. Echte Guerillas müssen eben konsequenterweise auch in den Untergrund gehen statt sich öffentlich feiern zu lassen.


- Carsten

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Sa 23 Jun, 2012 02:23
von dienstag_01
@carstenkurz
Mir ist da etwas noch nicht ganz klar, deshalb meine Frage: Du verwehrst dich ja so vehement gegen wilde Spekulationen, gestehst im selben Absatz aber U-Bahnen Persönlichkeitsrechte zu (oder sind es die Gleisanlagen). Wie darf ich dass verstehen? Bisher war mir nur bekannt, dass ICEs Namen tragen. Weisst du da mehr?
Hilf mir!
;)

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Sa 23 Jun, 2012 03:14
von carstenkurz
Verzweifelter Versuch, originell sein zu wollen?


Natürlich haben U-Bahnen keine Persönlichkeitsrechte. Würde ihnen auch nicht viel nutzen, denn sie könnten weder klagen noch jemanden dazu bevollmächtigen.
Ich habe auch nirgendwo geschrieben, dass im konkreten Fall Persönlichkeitsrechte zu einem Verbot der öffentlichen Auswertung des Films geführt haben.

Die hatten keine Drehgenehmigung auf dem Gelände, ganz einfache Sache. Und das Gericht hat halt keinen journalistischen Anspruch erkennen können, der einen Dreh OHNE Drehgenehmigung gerechtfertigt hätte. Es hätte Möglichkeiten gegeben, ohne Drehgenehmigung auszukommen oder diese Szenen nicht zu verwenden.

Alles was es da zu verstehen und nicht misszuverstehen gibt steht klar verständlich hier drin:

https://www.slashcam.de/news/single/Eig ... -9952.html



- Carsten

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Sa 23 Jun, 2012 03:55
von dienstag_01
carstenkurz hat geschrieben:Natürlich haben U-Bahnen keine Persönlichkeitsrechte.
Diese Bestätigung hatte ich insgeheim erhofft ;)

Wenn sich jetzt noch die Aussage der Zeitschrift Die Welt, dass die BVG laut Katasteramt scheinbar gar keine Eigentumsrechte an den Gleisanlagen hat, als typische journalistische Ente entpuppt, dann bin ich immerhin bereit zuzugeben, gar nich so doof, die Berliner Gerichte, üben Zensur aus, aber nenne es nicht so. Zumindest merkts der eine oder ander nicht.
Wenn es aber wahr seien sollte, dann merken es alle und auch der carstenkurz - bestimmt ;)

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Sa 23 Jun, 2012 05:00
von r.p.television
Das Urteil ist peinlich.
BVG, MVG, Deutsche Bahn oder was auch immer sind asoziale, diletantische Amateurvereine, die sich in ihrem alltäglichen Versagen stets ihrer Verantwortung entziehen, aber ansonsten gerne juristisch aus allen Kanonen feuern.

Wer mal trotz ordentlichem Zeitpuffer wegen eines technischen Zugausfalls 2 Stunden auf offener Strecke stehenbleibt, in Sichtweite aber eine Strasse inklusive Taxistand sieht, dann aber nicht aussteigen darf und deshalb seinen Transatlantikflug inklusive aller Anschlussflüge verpasst und zudem eine gebuchte Nacht im Hotel, wird schnell merken dass man nur freche 4 Euro irgendwas an maximaler Vergütung bekommt. Die Klage wegen Freiheitsberaubung kann man sich getrost schenken weil solche Amateure wie die Bahn da juristische Rückendeckung unglaublichster Güte hat. Der einzige Bereich der wirklich professionel ist.
Wen ein Taxi einen technischen Ausfall erleidet und man deshalb einen Flug verpasst, muss das Unternehmen die Mehrkosten zahlen. Ein Megaunternehmen wie die Deutsche Bahn nicht. Ein Witz. Oder auch nicht. Sie wär längst megapleite.

Aus dieser Sichtweise ist das Urteil peinlich pedantisch. Die Bahn begeht täglich soviel Vertragsbrüche, da sollte so ein Hausfriedensbruch auf der Gegenseite auch mal drin sein. Und das ist kein Stammtischgeschwätz. Ich hatte aufgrund einer Doku Einsichten in Klagen gegen die Bahn. Das waren alles krasse Sachen mit schweren Personenschäden (Bahnschranke versagte, Amputationsverletzung ohne Selbstverschulden) und die Bahn zahlt erst in allerletzter Instanz. Oder vergleichsweise harmlose Fälle bei denen Nahverkehrszüge aufgrund defekter, extrem quietschender Bremsen mit etwa 110 Dezibel nachts durch Wohngebiete ballern und es wird wochenlang nichts dagegen unternommen. Mach das mal als Privatmann mit Deinem PKW.

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Sa 23 Jun, 2012 07:45
von handiro
Es gab doch schon vor dem Urteil eine Diskussion hier, bei der sich einige als Grafitti Fans geoutet haben. Ich glaube ohne den Film gesehen zu haben, es ging um gewisse Tendenziöse Färbungen in dem Film, ob man Grafitti gut findet oder nicht...
Die Sprayer als Helden darstellen oder nicht? DAS wird meiner Ansicht nach der Knackpunkt sein.

Das Urteil ist genauso peinlich wie tausend andere auch. Jeden Tag fällen Richter Urteile bei denen man sich fragen kann ob da noch jemand richtig tickt. Nennt sich "unabhängige" Justiz.

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Sa 23 Jun, 2012 19:10
von Pianist
weitwinkel hat geschrieben:ist das so?
Ja, sonst hätte ich es nicht geschrieben. Rede mal mit Zugfahrern oder Wagenreinigern, die sowas erlebt haben.

Matthias

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Sa 23 Jun, 2012 20:05
von PeterLanister
Also, hält man sich an die Regel Gebäude zu Filmen, die nicht auf dem Grundstück stehen, wo ich die Kamera aufstelle.

Hier kann man erkennen, dass nicht nur die Politik in einer realitätsfernen Blase lebt, sondern die Richter eben auch. Wer zu lange in tristen Gerichtsgebäuden arbeitet, hat wohl eine verminderte Denk-Leistung zu erwarten!

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Sa 23 Jun, 2012 21:08
von r.p.television
PeterLanister hat geschrieben:Also, hält man sich an die Regel Gebäude zu Filmen, die nicht auf dem Grundstück stehen, wo ich die Kamera aufstelle.

Hier kann man erkennen, dass nicht nur die Politik in einer realitätsfernen Blase lebt, sondern die Richter eben auch. Wer zu lange in tristen Gerichtsgebäuden arbeitet, hat wohl eine verminderte Denk-Leistung zu erwarten!
Ich denke der Richter hatte gar nicht den gesetzlichen Spielraum um ein anderes Urteil zu fällen.
Deshalb muss ich auch meine eigene Aussage zwei Posts vorher korrigieren:
Weniger das Urteil ist peinlich als das Bemühen der BVG, so eine Klage zu erheben. Wer tagtäglich mit soviel Inkompetenz und Vertragsbrüchen glänzt, sollte mal den Ball flach halten.

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Do 15 Nov, 2012 14:03
von handiro

Re: Eigentum trumpft -- Gericht untersagt Filmverbreitung

Verfasst: Do 15 Nov, 2012 14:51
von carstenkurz
Interessante Koinzidenz - am gleichen Tag, an dem die Berufung Erfolg hat, wird eine großangelegte Razzia gegen Sprayer durchgeführt?


- Carsten