netLOUNGE-DV zur BERLINALE 2004 -- DIE DV-FILME
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jeder schweigt von etwas anderem

R: Marc Bauder, Dörte Franke
Land: Deutschland 2005
Drehformat: DV
Format: Digibeta, Farbe
Länge: 72 Minuten

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Jede Familie hat ein Geheimnis. Ihres liegt in einem Land, aus dem sie vor dem Mauerfall „freigekauft “ wurden und das heute nicht mehr existiert. Man sieht ihnen nicht an, daß sie einmal inhaftierte Staatsfeinde der DDR und später „freigekaufte “ Bundesbürger waren, genauso, wie die alte Grenze nur noch auf historischen Karten erkennbar ist. Aber die Vergangenheit ist noch da, sie findet mitten in ihrer Gegenwart statt. Denn sie hat nicht nur Spuren
in diesem Land, sondern vor allem in ihrem persönlichen Umfeld hinterlassen. [aus dem Panoramaprogramm]

INTERVIEW

Wie würden Sie die Ästhetik Ihres Films beschreiben?
Der Film hat eine Cine-Film verwandte Ästhetik, da wir mit dem Mini35 Adapter von P&S Technik gearbeitet haben. Das heißt die Bildästhetik ähnelt der eines 35mm Kinobildes. Die Tiefen(un)schärfe entspricht der des 35mm Negatives. Die durch den Adapter bedingte Arbeitsweise ist ein weiterer Faktor, der den filmischen Stil des Filmes Jeder schweigt von etwas Anderem geprägt hat. Um zu scharfen Bildern zu gelangen muss man einen erfahrenen Focus-Puller (Kameraassistenten) im Team haben. Außerdem muss Ton und Bild getrennt aufgezeichnet werden, was ebenfalls auch noch weitere Vorteile hat.

Warum entschieden Sie sich, diesen Film digital zu drehen -- nur aus finanziellen Gründen, oder gab es auch ästhetische Überlegungen?
Der Film wurde natürlich aus finanziellen Gründe im DV Format aufgezeichnet. Die Wahl des Mini35 Adapters von P&S Technik in Kombination mit der Canon XL 2 ist wiederum zwangsläufig dem Wunsch geschuldet, ein filmisch hochwertiges und ästhetisch anspruchsvolles Werk zu schaffen. Mit dem DV-Format geht zudem ein höheres Drehverhältnis hervor, welches aber nicht zwangsläufig zu besseren Ergebnissen führen muss.

Was war besonders daran, digital zu drehen (verglichen z.B. mit 16 oder 35mm)? War es für Sie das erste Mal, oder kannten Sie das Format schon?
Es ist nicht das erste mal, das ich mit einem digitalem Format gearbeitet habe, besonders war daran nur der Kampf mit der sehr beschränkten Auflösung und mangelhaften Farbtiefe einigermaßen erträgliche Bilder zu gestalten. Ein solches Ergebnis ist bedingt möglich, aber eben nur mit Hilfe einer aufwendig gestalteten Farbkorrektur. Nur in langwieriger Kleinarbeit gelangt man zu einem natürlichen Look. Besonders die Hauttöne lassen sich nur sehr schwer wiedergeben. Alles in allem bleibt man unzufrieden mit dem Endergebnis. Der Film kann mehr transportieren, nicht nur Informationen, sondern vor allem Gefühle!

Auf welchem digitalen Format wurde Ihr Film gedreht (MiniDV, DVCAM, HDV, HD etc.), und warum haben Sie gerade dieses gewählt?
Der Film Jeder schweigt von etwas Anderem wurde auf MiniDV aufgezeichnet. Eine HDV Kamera war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten noch nicht auf dem Markt. Außerdem war die Kombination des P&S Adapters mit einer DigiBeta zu teuer.

Welches Drehverhältnis hatte der Film?
1:10

Ein gutes Wort (oder zwei) über DV:
In nur sehr seltenen Fällen werden hervorragende Filme möglich, da sie durch das Arbeiten mit billiger Technik realisierbar werden. Entscheidend hierbei ist aber, daß das Thema und die Umsetzung zusammen gehen mit dem Format! In einem immer größerem Maße verhindert das Arbeiten mit billiger Technik aber die Entstehung und Entwicklung wichtiger und qualitativ hochwertiger Filmwerke, da es immer weniger finanzielle Mittel für solche Filme gibt. 'Machen sie das doch mit DV' ist ein oft gehörter Todesstoß für künstlerische und anspruchsvolle Produktionen. Leider wird zu oft vergessen, dass wir zwar über eine neue Aufzeichnungstechnik verfügen, diese aber mit Sicherheit nicht den Alleinanspruch des einzigen zu verwendenden Aufzeichnungsformates in sich hat.
Was nutzen uns billige Filme, wenn sie keine Kraft mehr haben, um im Kino zu leben?

Ein schlechtes Wort (oder zwei) über DV:
Wenn es diesen ganzen digitalen Quatsch nicht geben würde, könnte man sich endlich wieder auf das eigentliche konzentrieren, das Filmemachen! Heute geht sehr viel Energie und Arbeit dafür drauf, der Anstrengung gerecht zu werden, einen filmischen und ästhetisch hohen Eindruck aus all diesen Nullen und Einsen herauszukitzeln. Um das kurz hervorzuheben, das ist keine Selbstverliebtheit der Filmemacher, wenn man den Versuch unternimmt, das Wesen seiner Protagonisten sichtbar werden zu lassen. Es ist ein großer Gewinn, wenn der Zuschauer seinem Gegenüber auf der Leinwand in die Augen schauen kann!

[Die Fragen beantwortete der Kameramann Börres Weiffenbach]



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