Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Sa 18 Jul, 2020 20:40
von Riki1979
Liebe Audiofreaks,
eine ehemalige Sängerin (die mittlerweile 90 Jahre alt ist) hat mir heute ihre allererste Schallplatte geschenkt:
Eine Schellackplatte, die mit 33 Umdrehungen pro Minute abgespielt werden muss (was mit meinem Plattenspieler leider nicht möglich ist, da er nur die moderneren Vinylplatten abspielt).
Welche Plattenspieler könnt Ihr mir zur Überspielung der Aufnahmen in den Computer empfehlen?
Und wie reinigt man eine solche Schellackplatte am besten?
20200718_202514.jpg
Vielen Dank im Voraus...
Ricardo!
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Sa 18 Jul, 2020 22:44
von K.-D. Schmidt
Eine Schellackplatte, die mit 33 Umdrehungen pro Minute abgespielt werden muss
Du meinst wohl 78 Umdrehungen pro Minute. 33 U/min machen die moderneren (großen) Scheiben, 45 U/min die Single-Scheiben.
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Sa 18 Jul, 2020 23:10
von dosaris
Riki1979 hat geschrieben: ↑Sa 18 Jul, 2020 20:40
Und wie reinigt man eine solche Schellackplatte am besten?
recht gut bewährt hatte sich zum Reinigen "damals" eine Mischung aus ca 30% isoprop mit LeitungsWasser und einigen Tropfen Spülmittel.
Zum Abspülen 30% Isoprop mit demineralisiertem Wasser mischen (ohne SpüMi, stattdessen einige Tropfen EssigEssenz.
Immer in Rillenrichtung kreisförmig wischen, nie quer dazu.
Im Idealfall mit Pressluft etwas trocknen.
Es gab sogar Schallplatten-Waschmaschinen für die freaks.
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Sa 18 Jul, 2020 23:19
von Bluboy
Isopropanol/ destiliertes Wasser 60/40 ist zum Nassabspielen.
ABER: einmal Nass, immer Nass ;-((
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Sa 18 Jul, 2020 23:39
von klusterdegenerierung
Die wohl beste Methode ist, leihe Dir in einem Hifi Laden eine Plattenwaschmaschine, kauf Dir ein paar Flaschen Rotwein und mach Dir ein schönes Wochende.
Guten Film einlegen, Platten in die Maschine und wenn Du Deine 3 Flaschen Rioja durch hast, sind die Platten sauber.
Aber niemals Nass abspielen, ist der letzte Mist.
Bezahlbare aber gute Turntables bekommst Du hier:
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: So 19 Jul, 2020 08:45
von Frank Glencairn
Auf keinen Fall mit nem normalen Plattenspieler versuchen, der ruiniert die Platte. Entweder ein Grammophon, oder einen Tonabnehmer wie ihn Rüssel gepostet hat. Bis in die 60er Jahre hinein, hatten viele Plattenspieler (vor allem die kleinen tragbaren) einen Kopf mit 2 Nadeln, den man einsprechend umstellen konnte - findet man of auf Flohmärkten für kleines Geld.
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: So 19 Jul, 2020 23:38
von Blackbox
Vielleicht auch ne Möglichkeit:
erst gründlich reinigen, dann einen Secondhand Laden finden, der ein Grammophon hat, und dort fragen ob für nen Kaffeekassentaler im Hinterraum per Mikro und Recorder 'stilvoll' eine Aufnahme gemacht werden kann.
Setzt natürlich voraus, dass wenig bis keine Nebengeräusche vorhanden sind. Grammophone sind aber bei ziemlich naher Abnahme vor dem Schalltrichter erstaunlich laut und haben 'Charme' - gerade auch für vocals.
Aber vorher nochmal klären, ob die Platte wirklich für Grammophon geeignet ist.
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Mo 20 Jul, 2020 08:46
von ruessel
der ein Grammophon hat, und dort fragen ob für nen Kaffeekassentaler im Hinterraum per Mikro und Recorder 'stilvoll' eine Aufnahme gemacht werden kann.
Ich habe das digitalisieren von Schellack mal in den frühen 90er Jahren professionell gegen Geld gemacht und viele Techniken ausprobiert. Ich habe auch echte Raritäten aus der ganzen Welt bekommen, so z.B. KZ Aufnahmen von einem bekannten Holländischen Künstler (Glasplatten, sind immer Einzelstücke, sind nun im Museum ausgestellt). Wenn es richtig gut werden soll:
1. Platte nass reinigen, auch mit ein wenig Fettlöser, danach gründlich mit Bürste und warmen (Spüli)Wasser schruppen. Platten waren oft OHNE Hülle Jahrzehnte auf Dachböden.... da gelten kräftigere Reinigungsmaßnahmen. Zum Schluss mit destillierten Wasser spülen (bei mir ist das Wasser sehr Kalkhaltig).
2. Immer abtasten, mit der richtigen Nadel und Auflagegewicht. Grammophon holt bei weiten nicht den ganzen gespeicherten Klang.
3. Mit 16 oder 33 Umdrehungen abtasten, später in Software wieder beschleunigen.
4. Niemals am alten Plattenspielereingang anschließen, Schelllack wurde noch ohne RIAA Kennlinie geschnitten (ab ca. 1950 gibt es Ausnahmen). Linearen Mikrofonverstärker benutzen.
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Mo 20 Jul, 2020 12:09
von Riki1979
[Zuerst einmal vielen lieben Dank für die Antworten!
Anbei noch einmal ein paar Fotos von dem guten Stück...
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20200720_114940.jpg
Habe bei Ebay folgenden Plattenspieler gefunden und warte noch auf Antwort vom Verkäufer, ob er Platten mit dieser Geschwindigkeit auch abspielt:
So er diese Platten denn abspielt und ich ihn bestelle: Was für ein Kabel bräuchte ich, um ihn per Cinch mit meinem Vorverstärker zu verbinden?
LG, Ricardo!
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Mo 20 Jul, 2020 13:44
von dosaris
ruessel hat geschrieben: ↑Mo 20 Jul, 2020 08:46
...
3. Mit 16 oder 33 Umdrehungen abtasten, später in Software wieder beschleunigen.
ja
kann funktionieren, aber schlecht:
proportional zur Drehzahlreduktion verschwinden auch die tiefen frequenzen der Aufnahme.
Sooo langsam ( 1/5 bei 16 rpm) kann kein Abtaster den Rillen folgen.
Auch nach dem folgenden Speedup bleiben die Tiefen verloren.
Stattdessen wird das Rumpeln des Plattenspielers in den nutzbaren Bassbereich hochtransponiert,
während dies sonst im Rumpelfilter gedämpft würde.
Außerdem holt man sich so höherfrequentes Rauschen in den Hörbereich der Scans.
Die muss man vor dem speedup erst rausfiltern.
Grundsätzlich brauchen die alten Schellackplatten Abtastnadeln mit viel größerem Radius.
Derartige Nadeln sind mir für die üblichen Magnetsysteme nicht bekannt,
gibt's vermutlich auch nicht.
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Mo 20 Jul, 2020 15:31
von ruessel
Was für "Tiefen" bei Schelllack?
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Do 23 Jul, 2020 23:16
von Riki1979
Zuerst einmal vielen lieben Dank für die Antworten und Tipps!
Welche Effekte und Parameter würdet Ihr nun z.B. bei Audacity oder Audition verwenden, um die Aufnahme gut klingen zu lassen? Wie würdet Ihr denn z.B. das Knacken und Knistern entfernen bzw. verringern?
Vielen Dank im Voraus!
Ricardo!
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Do 23 Jul, 2020 23:22
von srone
da du sowas wohl öfters machst, würde ich dir empfehlen, spezielle plugins a la waves oder izotope rx7 ins auge zu fassen, die können weitaus mehr und lassen sich einfacher bedienen.
lg
srone
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Do 23 Jul, 2020 23:32
von Riki1979
da du sowas wohl öfters machst, würde ich dir empfehlen, spezielle plugins a la waves oder izotope rx7 ins auge zu fassen, die können weitaus mehr und lassen sich einfacher bedienen.
Was könnte man denn diesbezüglich mit iZotope RX7 machen? Und vor allem: Mit welchen Parametern würde man denn ein gutes Ergebnis hinbekommen?
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Do 23 Jul, 2020 23:39
von srone
da brauchst du "keine" parameter, lass das entsprechende plug-in den track analysieren und du machst das feintuning, ist nicht billig, aber extrem wirkungsvoll, da können die standard plug-ins von audition oder audacity definitiv nicht mithalten, schau doch mal ob du eine testversion bekommst und probiers aus.
lg
srone
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Fr 24 Jul, 2020 02:30
von Bluboy
Als Erstes würde ich ein Video drüberlegen, und das typische am Schellack nur wenig entfernen
sonst wird das nämlich das teuerste MP3 aller Zeiten.
Re: Fragen zur Restaurierung alter Schellackaufnahmen...
Verfasst: Di 28 Jul, 2020 18:40
von Riki1979
Jetzt noch ein Anliegen:
Ich hatte mir ja diese Nadel hier bestellt: https://www.dienadel.de/ersatznadel-78e ... -353636430.
Doch nach einer Seite klingt der Sound verzerrt. Und ich habe auf anderen Internetseiten gelesen, dass bei Schellackplatten für jede Seite eine neue Nadel erforderlich ist.
Gilt dies nur für Grammophonnadeln oder auch für die von mir bestellte?
Sollte letzteres der Fall sein: Gibt es nicht auch langlebigere Nadeln, mit denen ich auf meinem Lenco LS-50 die Schellackplatten abspielen kann?
Wie würde es denn z.B. mit der untersten auf dieser Seite aussehen?
[https://www.pickupnaalden.com/deutsch ... 00-3_7449]