iasi hat geschrieben:"Kunst" - das ist doch ehe ein Inhaltlich gestalterischer Aspekt.
Hat man digital aufgezeichnet, dann bekommt man eine identische Kopie, wenn man auf ein neues Medium überspielt - dies meinte ich.
naja -- in wahrheit ist das eine ziemlich komplizierte geschichte.
im gegensatz zu anderen hier, die ganz leichtfertig behaupten:
"da Kunst keine Wissenschaft ist", glaube ich schon, dass das fach der
Ästhetik existiert und im lauf seiner entwicklung auch recht bemerksenswerte antworten auf solche fragen hervorgebracht hat.
natürlich ist es keine Naturwissenschaft, und sie hat es daher auch nicht mit den dortigen formen der gesetzmäßigkeit zu tun, aber das sollte man wohl besser nicht als kriterum der ausgrenzung heranziehen, sonst müsste man wohl dem größten teil des universitären betriebs seine wissenschaftlichkeit absprechen.
in der hinsicht ist es viel spannender, zu rekapitulieren, wie sich diese wissenschaft erst verhältnismäßig spät in eigenständiger weise herausgebildet hat. im gegensatz zu anderen fächern, war nämlich die beschäftigung mit
dem schönen in der antike nicht besonders weit vorangeschritten. es gab noch keine trennung zwischen kunst im engeren sinne und anderen handwerklichen fähigkeiten -- beides war einfach nur "techne" (->technik) -- und das zentrale angestrebte schönheitsideel war im wesentlich auf eine möglichst naturgetreue
nachbildung (mimesis) beschränkt. eine entwicklungsstufe, die einiges mit dem gemein haben dürfte, was gewissermaßen auch hier im forum noch heute als
common sense durchgehen dürfte -- also: möglichst hohe frameraten, bittiefe, sensorgröße und zumindest RAW aufzeichnung! :)
in der neuzeit hat sich in dieser hinsicht aber dann doch ganz wesentliches getan!
wirf z.b. einen blick in walter benjamins berühmten aufsatz:
"Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit". eine arbeit, die gerade die lichtspieltheater als paradigmatisches beispiel für ein anderes kunstverständnis ins zentrum rückt. ich persönlich würde zwar diesen bahnbrechenden text heute wohl eher gemeinsam mit dem
"kulturindustrie"-kapitel aus der "Dialektik der Aufklärung" lesen, damit nicht alles unwidersprochen bleibt und vor allen dingen auch der bogen zurück, zu jener noch viel einschneidenderen gedankliche wende, wie sie vor allem in immanuel kants "analytik des schönen" in der "kritik der urteilskraft" begründet wurde, einbezogen wird bzw. indirekt durchleuchtet.
natürlich macht's überhaupt keinen sinn, in diesem rahmen hier mit anspielungen auf solch schwer verdauliche dicke bücher herumzuschmeißen. davon hat niemand was! man kommt sich damit höchstens selbst völlig lächerlich vor. ;)
für die einen sind es halt einfach die basics, ohne die man über solche fragen gar nicht erst weiter zu diskutieren braucht, und für die anderen überflüssiger humbug, um den sie sich auch in zukunft nicht großartig kümmern werden.
jedenfalls macht's schon einen gewissen unterschied, ob man ausgehend von solchen theoretischen hintergründen bloß zw. "original" und "fälschung" unterscheidet, oder eben auch ganz andere zusammenhänge der freiheit, reproduzierbarkeit, arbeitsteiliger herstellung und technisch-instrumenteller nutzung und rezeption in die betrachtung einbezieht...
dass natürlich auch ausgewiesene kunstkenner und -liebhaber nicht unbedingt immer der selben meinung in slochen fragen sein müssen -- avantgardistischer gesinnte geister und die jüngerschaft eines nikolaus harnoncour nur in seltensten fällen ähnliche ansichten vertreten werden --, liegt ohnehin auf der hand. auch für's praktische kreative schaffen ist es nicht unbedingt gleich eine große hilfe und unmittelbare leitschnur, wenn man mit diesen hintergründen ansatzweise vertraut ist. trotzdem: ganz ohne dieses rüstzeug kommt man wohl nicht sehr weit, wenn man plausible antworten auf derartige fragen sucht.