Frage von slashling:Liebes Forum,
stundenlang habe ich über progressive, interlace, deinterlacing u.ä. gegoogelt und gelesen. Ich denke ein gutes Grundverständnis ist da. Letztlich ist mir die Antwort auf folgende Frage aber doch nicht ganz klar:
Sollte ich mein interlaced Ausgangsmaterial deinterlacen?
Hintergrund:
Ich habe eine Theateraufnahme geschnitten, welche vor ca. 4 Jahren mit drei Digitalkameras aufgezeichnet wurde. Das Ausgangsmaterial ist interlaced (720x576) mit bottom field first. Der Schnitt erfolgt mit Adobe Premiere Pro CS5.5. Die Ausgabe soll einerseits auf DVD oder Blu ray für TV und andererseits in Dateiform - bspw. als mp4 oder mkv für PC erfolgen.
Bei meiner Recherche bin ich teils auf Empfehlungen gestoßen, wonach man für TV (also DVD) bei interlaced bleiben sollte und bei Dateien (zum Abspielen auf PCs) deinterlacen sollte. Mir ist allerdings nicht ganz klar, ob diese Empfehlung noch zeitgemäß ist. Vor 10 oder 20 Jahren war es ja so, dass viele noch einen "klassischen" Ferseher (CRT) besaßen und somit von einem interlaced Ausgangsmaterial auch wirklich profitieren konnten. Heutzutage dürfte die Anzahl der Haushalte, welche noch CRTs besitzen, eher gering sein. Insoweit stellt sich für mich schon die Frage, ob nicht heutzutage (2016) grundsätzlich(!) ein Deinterlacing durchgeführt werden sollte (also auch für DVD bzw. Blu ray). Falls das zu bejahen ist, wäre die nächste Frage, ob eine Konvertierung von 50 Halbbildern in 50 Vollbilder (statt 25 Vollbilder) im Rahmen des Deinterlacings sinnvoll wäre? Ich würde so vermeiden wollen, beim Deinterlacingvorgang wesentliche Bildinformationen zu verlieren (50i zeigt ja einen Bewegungsverlauf mit 50 Bildern an während das bei 25p ja nur mit 25 Bildern der Fall ist, wenngleich bei doppelter Zeilenanzahl).
Bin gespannt auf Eure Einschätzungen hierzu.
Antwort von prime:
DVD -> 50i (da keine andere Wahl um 50 Bewegungsphasen zu erhalten)
Blu-Ray -> 720p50 oder 1080i50 (wie bei DVD)
MP4/MKV -> 50p (alternativ 25 wenn dir die Bewegungsphasen egal sind)
Antwort von beiti:
Für DVD auf jeden Fall interlaced lassen; das DVD-Format ist ja so angelegt.
Ob ein Upscale auf Blu-ray sinnvoll ist, möchte ich bezweifeln - aber wenn, dann würde ich auch hier bei Interlace (1050/50i) bleiben. Ein moderner Fernseher verarbeitet das sehr gut. Selbst Dateien, die der Fernseher via USB abspielen soll, würde ich daher interlaced lassen. Die lassen sich recht universell abspielen; Dateien in 50p verstehen etwas ältere Fernseher oft nicht.
Software, die aus 50i ein gutes 50p macht, findet man übrigens gar nicht so leicht. Das machen die Routinen der Fernseher in der Regel besser.
Lohnen kann sich das Deinterlacen, wenn es um Online-Video geht. Im Zweifelsfall würde ich mich dann jedoch mit 25p begnügen. 50p würde ich nur machen, wenn die Software es nachweislich gut kann, also ohne Zeilenflimmer-Effekte und dergleichen.
Antwort von Axel:
Bei meiner Recherche bin ich teils auf Empfehlungen gestoßen, wonach man für TV (also DVD) bei interlaced bleiben sollte und bei Dateien (zum Abspielen auf PCs) deinterlacen sollte. Mir ist allerdings nicht ganz klar, ob diese Empfehlung noch zeitgemäß ist.
Ist sie.
Vor 10 oder 20 Jahren war es ja so, dass viele noch einen "klassischen" Ferseher (CRT) besaßen und somit von einem interlaced Ausgangsmaterial auch wirklich profitieren konnten. Heutzutage dürfte die Anzahl der Haushalte, welche noch CRTs besitzen, eher gering sein. Insoweit stellt sich für mich schon die Frage, ob nicht heutzutage (2016) grundsätzlich(!) ein Deinterlacing durchgeführt werden sollte (also auch für DVD bzw. Blu ray).
Ein moderner Fernseher kann mit Interlace von Haus aus sehr gut und, äh,
qualitätsschonend umgehen, denn erstaunlicherweise ist Interlace auch für HD noch ein gültiger
Standard. Selbst mit den ausgefuchstesten Deinterlacing-Verfahren - und da gibt es massive Unterschiede! - könntest du nicht erreichen, geschweige denn toppen, was ein moderner Fernseher aus deinem original "i"-Video zaubert.
Falls das zu bejahen ist,
... ist es ja wie gesagt nicht, aber für Computer und Web sieht die Sache anders aus.... wäre die nächste Frage, ob eine Konvertierung von 50 Halbbildern in 50 Vollbilder (statt 25 Vollbilder) im Rahmen des Deinterlacings sinnvoll wäre? Ich würde so vermeiden wollen, beim Deinterlacingvorgang wesentliche Bildinformationen zu verlieren (50i zeigt ja einen Bewegungsverlauf mit 50 Bildern an während das bei 25p ja nur mit 25 Bildern der Fall ist, wenngleich bei doppelter Zeilenanzahl).Das ist hier die Frage. Eine Bildhöhe von 576i entspricht 576p bei statischer Kamera ohne Bewegung des Motivs. Ohne Bewegung nützt dir aber auch die bessere Bewegungsauflösung durch die 50 Phasen nichts. Mit Bewegung hast du effektiv >288 Zeilen echte Auflösung. Je mehr Bewegung, umso drastischer sinkt sie, da hilft auch kein Zwischen-den-Zeilen-Lesen. Man will jedenfalls einen Deinterlacer, der nicht einfach jedes zweite Halbbild wegschmeißt und die fehlenden Informationen ohne weitere Referenz interpoliert. Man will einen (suchen) >adaptiven Deinterlacer.
Soll der nun 25p (die spatiale Information aus dem zweiten Halbbild wird ins Vollbild eingerechnet, die Bewegungsinformation wird verworfen) oder 50p (die spatiale Information wird für das andere Feld gemittelt, die Bewegungsinformation bleibt erhalten) erstellen?
Wäre früher keine Frage gewesen. Man wollte ja weg vom sauberen
kontinuierliche-Bewegung-Video-Look. Heute sieht die Sache womöglich anders aus und kann durchaus kontrovers diskutiert werden. Ein anderer Aspekt ist, ob 50fps auf einem Computer ruckelfrei laufen. Nicht etwa wegen der Datenflut, sondern wegen der
Frequenz des Computerdisplays. K.A., ob der Link noch aktuell ist, aber danach wären 60Hz "typisch".
Müssten denn nicht 25p auf 60 Hz Monitoren ebenso ruckeln wie 50p?
Da ist wohl was dran. Aber die LFR (LowFrameRate)-Fans sind Ruckeln eher gewöhnt ;-)))
Ich selbst bin ziemlich unempfindlich für Mikro-Ruckler, andere stören sie. Einen Direktvergleich zwischen 25p und 50p siehst du hier:
Das Video demonstriert auch (die 25p wurden durch Bildverdopplung erzeugt), dass Bewegungsunschärfe einen sehr großen Einfluss auf den Look&Feel hat. Und die wird beeinflusst durch relative Belichtungszeit (a.k.a.
shutter).
Antwort von beiti:
Irgendwas ruckelt auf dem PC-Monitor immer. Sogar mit 60 fps (was ingesamt das Optimum darstellt) bleiben noch gelegentliche Microruckler.
Aber je geringer die Abstände zwischen Quell- und Ziel-Zeitpunkt der einzelnden Frames sind, desto weniger fällt das Ruckeln auf. Daher ruckelt 50p auf dem PC-Monitor sichtbar weniger als 25p - und überraschenderweise sogar weniger als 30p, obwohl Letzteres den "Vorteil des ganzzahligen Teilers" hat.
Antwort von TheBubble:
Einen Direktvergleich zwischen 25p und 50p siehst du hier:
Allerdings nur, wenn mindestens der 720p50 Stream abgespielt wird. Die geringenen Auflösungen dieses Videos werden nur in 25p angeboten - da sieht man natürlich keinen Unterschied.
Antwort von Olaf Kringel:
Liebes Forum,
stundenlang habe ich über progressive, interlace, deinterlacing u.ä. gegoogelt und gelesen. Ich denke ein gutes Grundverständnis ist da. Letztlich ist mir die Antwort auf folgende Frage aber doch nicht ganz klar:
Sollte ich mein interlaced Ausgangsmaterial deinterlacen?
Hintergrund:
Ich habe eine Theateraufnahme geschnitten, welche vor ca. 4 Jahren mit drei Digitalkameras aufgezeichnet wurde. Das Ausgangsmaterial ist interlaced (720x576) mit bottom field first. Der Schnitt erfolgt mit Adobe Premiere Pro CS5.5. Die Ausgabe soll einerseits auf DVD oder Blu ray für TV und andererseits in Dateiform - bspw. als mp4 oder mkv für PC erfolgen.
Bei meiner Recherche bin ich teils auf Empfehlungen gestoßen, wonach man für TV (also DVD) bei interlaced bleiben sollte und bei Dateien (zum Abspielen auf PCs) deinterlacen sollte. Mir ist allerdings nicht ganz klar, ob diese Empfehlung noch zeitgemäß ist. Vor 10 oder 20 Jahren war es ja so, dass viele noch einen "klassischen" Ferseher (CRT) besaßen und somit von einem interlaced Ausgangsmaterial auch wirklich profitieren konnten. Heutzutage dürfte die Anzahl der Haushalte, welche noch CRTs besitzen, eher gering sein. Insoweit stellt sich für mich schon die Frage, ob nicht heutzutage (2016) grundsätzlich(!) ein Deinterlacing durchgeführt werden sollte (also auch für DVD bzw. Blu ray). Falls das zu bejahen ist, wäre die nächste Frage, ob eine Konvertierung von 50 Halbbildern in 50 Vollbilder (statt 25 Vollbilder) im Rahmen des Deinterlacings sinnvoll wäre? Ich würde so vermeiden wollen, beim Deinterlacingvorgang wesentliche Bildinformationen zu verlieren (50i zeigt ja einen Bewegungsverlauf mit 50 Bildern an während das bei 25p ja nur mit 25 Bildern der Fall ist, wenngleich bei doppelter Zeilenanzahl).
Bin gespannt auf Eure Einschätzungen hierzu.
...ups, (sorry hatte da grade etwas zu getippselt aber!) da klinke ich mich lieber aus und überlasse das Feld den interlaced und frame/shutter Profis.
Gruß,
Olaf
Antwort von beiti:
Hier noch der Vollständigkeit halber meine Streifentest-Videos in unterschiedlichen Frameraten.
(Auch hier gilt natürlich: Man muss sie auf 720p schalten, um die höheren Frameraten zu sehen.)
Vielleicht sollte man noch anmerken, dass das Abspielergebnis keineswegs auf allen 60-Hz-Monitoren gleich ist. Es hängt auch stark von der verwendeten Abspielsoftware ab, von der Grafikkarte und deren Treiber sowie ganz allgemein von der Systemkonfiguration.
Bei mir ist es z. B. so, dass auf den beiden PCs mit Intel-Grafik die 60-fps-Videos fast perfekt laufen. Als ich noch eine Nvidia-Grafikkarte hatte, lief es noch nicht so rund. Auch auf meinem Tablet und Smartphone habe ich noch keine ruckelfreie Wiedergabe erlebt, egal mit welcher Video-Framerate.
Heute würde ich sagen: Mit 60 oder 59,94 fps hat man unterm Strich die höchste Chance, das es auf PCs ruckelfrei läuft - aber Garantie dafür gibt es keinweswegs.
Antwort von Olaf Kringel:
Streifentests sind immer gut zur Veranschaulichung.
Zur Komplettierung wäre evtl. noch ein 24p Test interessant gewesen.
Da hätte man noch die in DE notorischen 24p Stolperer sehen können.
Ansonsten wirklich klasse.
Gruß,
Olaf
Antwort von fsm:
wow, danke für die teststreifen, für mich überraschend das 60p bei mir merklich besser ankommt als 50p, schieb ich jetzt mal auf meine 60Hz des monitors.
Antwort von beiti:
Zur Komplettierung wäre evtl. noch ein 24p Test interessant gewesen. Hab mal noch die fehlenden Varianten zu YouTube hochgeladen.
(Ursprünglich hatte ich alle Varianten nur auf meiner eigenen Seite gezeigt, aber die basiert noch auf Flash. YouTube konnte damals noch keine hohen Frameraten.)
Antwort von Olaf Kringel:
wow, danke für die teststreifen, für mich überraschend das 60p bei mir merklich besser ankommt als 50p,
schieb ich jetzt mal auf meine 60Hz des monitors.
...so ist es.
@beiti: perfekt!
Danke für Dein Bemühen.
Ich habe Deinen post mal gemarkert.
Kann man immer mal sinnvoll bei diversen frames Fragen verlinken, denn Bilder sagen bekanntlich mehr als viele Worte :)
Prima Sache.
Gruß,
Olaf
Antwort von beiti:
Hier noch der Link zum Download aller Streifentests als ZIP.
http://fotovideotec.de/streifentest/streifentest_hd.zip
Antwort von slashling:
Wow, ich bin wirklich beeindruckt von der wertvollen, schnellen und umfangreichen Hilfe in diesem Forum!
Ich habe auf der Basis Eurer Hinweise weiter intensiv herumprobiert. Bezogen auf DVD werde ich wohl in der Tat 50i nehmem. Bezogen auf die Dateiform (für iPad, PC, TV über USB-Schnittstelle oder NAS mit HDMI-Schnittstelle an TV) hat sich für mich 50i in der Tat nicht bewährt. Auf dem PC sehe ich Kammartefakte und auf dem TV hatte ich sporadisch heftigen Motion Judder (möglicherweise beachtet der Fernseher die bottom field Kennzeichnung in der Datei nicht; obwohl dann doch eher von einem stetigen Motion Judder auszugehen wäre, zumindest überall wo Bewegung ist?!). Folglich wäre 25p vermutlich eine Option. Wofür ich mich jetzt aber entschieden habe, ist ein Deinterlacing von 50i auf 50p (um keine Fields zu verlieren). Glücklicherweise habe ich feststellen dürfen, dass das mit meinem Adobe Premiere Pro CS5.5 durch entsprechende Wahl in den Exporteinstellungen möglich ist. Das Resultat habe ich auf allen oben genannten Ausgabekanälen geprüft und bin sehr zufrieden damit - keine Probleme mehr.
Danke nochmals an alle - Ihr habt mich sehr viel weiter gebracht!
Antwort von beiti:
Wofür ich mich jetzt aber entschieden habe, ist ein Deinterlacing von 50i auf 50p (um keine Fields zu verlieren). Glücklicherweise habe ich feststellen dürfen, dass das mit meinem Adobe Premiere Pro CS5.5 durch entsprechende Wahl in den Exporteinstellungen möglich ist. Das Resultat habe ich auf allen oben genannten Ausgabekanälen geprüft und bin sehr zufrieden damit - keine Probleme mehr. Würde mich interessieren, wie gut Premiere das macht. Die Programme, die ich getestet habe (Edius sowie diverse Einsteigerprogramme), waren beim Deinterlacing von 50i nach 50p eher unbefriedigend. Am augenfälligsten war immer das Zeilenflimmern, das sich an scharfen horizontalen Linien (z. B. Unterkante von Titelschriften) ergab. Wenn man sich das 50p-Resultat hinterher einzelbildweise anschaut, sieht man auch immer das "Hüpfen" der Zeilen zwischen den Bildern.
Die annehmbarsten Resultate habe ich noch mit dem Yadif-PlugIn für AviSynth erzielt, aber das wäre mir auf Dauer zu umständlich.
Antwort von slashling:
Also ich war sehr zufrieden - sowohl mit dem Abspielergebnis als auch bei Betrachtung der einzelnen Bilder (jedes Bild zeigt eine Bewegung; es werden also NICHT die Bilder einfach zwei Mal genommen um von 25p auf 50p zu kommen; das Deinterlacing gefiel mir auch bei der Einzelbildbetrachtung sehr gut). Wie das mit Zeilenflimmern ist kann ich allerdings nicht 100%ig sagen, da ich eine Theateraufnahme schneide - da hat man das Problem vermutlich ohnehin nicht so stark.
Antwort von slashling:
So - inzwischen hatte ich in der Tat auch Zeilenflimmern. Ich habe das gelöst, indem ich in Adobe Premiere Pro CS6 jedes einzelne Clip mit der rechten Maustaste angeklickt habe, dann "Halbbildoptionen" und dort "Zeilenflimmern reduzieren". Das Ergebnis ist durchaus zufriedenstellend.