Frage von deti:http://www.heise.de/ct/artikel/Scheibe- ... 62196.html
Deti
Antwort von Axel:
All das wundert mich nicht. In dem Kino, in dem ich arbeite, steht seit "Fantasia 2000" (damals noch 1k) schon immer ein Digitalprojektor, seit einigen Jahren sogar zwei, und die beiden groessten Saele werden damit bespielt.
Die alljaehrliche Veranstaltung "Kinderfilm im Kino - KiK" wird bei uns regelmaessig sehr gut angenommen. Viele Filme werden von 300-400 Kindern besucht. Die Kopien sind alter Schrott, bestehen nur noch aus Klebestellen (Jump-Cuts), Laufstreifen und sind verregnet. Die Digitaltonspur - falls vorhanden - hat sich so abgenutzt, dass nur noch ein rumpeliger Analogton (verkratzte Schallplatte) zu hoeren ist. Nach Filmende gehe ich gerne ins Foyer und hoere, wie begeistert der Film durch seinen Layer der Fehlerhaftigkeit aufgenommen wurde. Die Gesichter gluehen.
Wenn ich selbst die Chance habe, sehe ich mir einen Film in einem Programmkino an, das rein technisch gesehen seit ungefaehr dreissig Jahren ausgedient hat.
Damit stempele ich mich wohl selbst zum Kino-Nostalgiker. Ich bin trotzdem neuen Techniken gegenueber aufgeschlossen, sehe jedoch keinerlei Mehrwert darin, dieselbe BD-Scheibe (Ob von BD oder als JPEG2000 vom Server, das ist ein marginaler Unterschied) wie zuhause, nur inmitten Popcorn mampfender Debiler (auch das Arthouse-Publikum ist um so viel angenehmer) zu sehen. So geht das.
Mit den neuen Techniken (zumal 3D) werden aber nur alte Rezepte wieder aufgewaermt. Waere schoen, wenn man sagen koennte, die heutigen Kino-Macher seien Zwerge auf den Schultern von Riesen (Cameron selbst sagt das in einem Making Of ueber modernes Kino). Ich finde den Vergleich eine Anmassung: Hier reden keine Zwerge, sondern Kopflause.
Antwort von Kino:
Das Ergebnis überrascht mich auch nicht. Wenn ich mit einem 4kw-Kolben auf sechs Meter Leinwand projiziere, bringe ich die beste Festivalkopie zum Verblassen.
Dass der durch häufiges Abspiel entstehende Verschleiß nicht zwingend zu einer Beeinträchtigung des Filmerlebnisses führen muss, habe ich jüngst erfahren, als ich anlässlich des zwanzigsten Jahrestages des Mauerfalls eine kleine Filmreihe mit Sonnenallee, Good Bye Lenin und Das Leben der Anderen zeigte.
Gepaart mit dem nostalgischen Ambiente meines Hauses wurden alle Vorstellungen gut besucht und hinterließ zufriedene Besucher (klar, die Pixelzähler kamen erst gar nicht). Dennoch blutete mir das Herz, als ich den Zustand der Repertoirekopien bei Anlieferung erblickte. Hier leisteten die geschätzten Kollegen und Logistikdienstleister im Interesse einer schnellen Digitalisierung ganze Arbeit.
Antwort von pilskopf:
Also wir mussten gleich nach 1 Woche "das weisse Band" austauschen lassen weil die Kopie von so schlechtem Material war, dass nur noch der Analogton funktioniert der grausig war, Beschwerden waren programmiert, wir konnten den Film erst mal nur sehr leise zeigen weil der Ton sonst nur noch ein Rauschen hatte wenn jemand gesprochen hat. Ne DTS wird ja nicht mehr produziert oder nur noch selten, zumindest bei dem Film hätte das was gebracht aber die DTS gabs ja nicht, also musste ne neue Kopie gezogen werden. Duie Zweite läuft jetzt besser und hat bis jetzt keinen Verschleiß.
Irgendwie würde ich mich ja freuen wenns Digital wird, wobei dann halt andere Probleme auftauchen werden und man im Grunde einen Defekt des Digital Projetors nicht selbst beheben kann im Gegensatz zu einer 35mm Gurke, bei der der Projektionist mal schnell einen Keilriemen wechseln kann und den Kolben wechselt.
Was ich bei digital selbst nicht weiß, kann man den Film zurück spulen? (Auf die Funktion freu ich mich dann). :D Oder ist das auch wieder so digital programmiert, dass man dazu keione Berechtigung hat? Wir hatten mal eine 3D Testvorstellung für den Verleihchef Katzenberg bei uns im Haus. Dafür haben die extra eine Silberleinwand gezogen die auch bis heute noch hängt (Arrg!). Der film konnte fast nicht gestartet werden weil die Zugriffs Codes gefehlt haben. Da konnte nicht mal der Katzenberg helfen.
Zumindest wird es ein paar hausgemachte Fehler nicht mehr geben. Dass z.B. zu einer Premiere das Verleiherlogo nicht weggeschnitten wurde oder Akt 7 als Akt 5 in den Film gesetzt wurde und das bei einer Premiere.
Unsere 8 Säale sind aber alle noch analog und ich freu mich jedes mal wenn der Projektionist funkt "Film ist vom Teller geflogen, dauert 20 Minuten". :D
Antwort von domain:
Dass der durch häufiges Abspiel entstehende Verschleiß nicht zwingend zu einer Beeinträchtigung des Filmerlebnisses führen muss, habe ich jüngst erfahren....
Die internen Rauschfilter des Gehirnes sind ja wirklich phänomenal. Die ersten paar Sekunden sieht man voll die Kratzer und den Staub und hört mehr Noise als Signal im Ton, aber wenn der Inhalt fesselt wird sehr schnell alles Störende eliminiert und es folgt die reine Konzentration auf das Wesentliche.
Antwort von Axel:
Die internen Rauschfilter des Gehirnes sind ja wirklich phänomenal. Die ersten paar Sekunden sieht man voll die Kratzer und den Staub und hört mehr Noise als Signal im Ton, aber wenn der Inhalt fesselt wird sehr schnell alles Störende eliminiert und es folgt die reine Konzentration auf das Wesentliche.
Nicht nur das. Digitales Kino ist immer noch Kino, ist immer noch "Film", solange der Zusammenhang abgedunkelter Raum - projiziertes Licht - fluechtige Eindruecke - Uebergroesse des Entwurfs -, bestehen bleiben und bewusst bleiben. Das freiwillige Sich-Einlassen des Betrachters auf ein Thema ist hoeher zu werten als die Perfektion der Show. Und darueber hinaus: Ist die Show
zu perfekt, gibt es nur noch die Ueberwaeltigung des Zuschauers. Und die muss jedesmal die vorherige "Benchmark" uebertreffen, sonst stellt sich Langeweile ein. Zum Glueck haben auch moderne Filme noch etwas behalten vom Ursprung des Kinos, dem Jahrmarkts-Vergnuegen, dem etwas unernsten Spiel mit dem Licht. Ich hoffe, das wird es auch weiter geben.
Zu guter Letzt ist es egal, ob wir den Inhalt eines Buches durch ein papierenes Druckerzeugnis, ein Hoerbuch oder ein E-Book aufnehmen. Den Nostalgikern ihre 25 Baende Brockhaus mit Goldschnitt, die schnell veralten, hier ist jede konservative Haltung laecherlich. "Es ist egal" heisst aber auch: Bloss weil ein Film technisch viel besser ist als ein fuenfzig Jahre aelterer, kann er trotzdem sehr viel schlechter sein (und ist es oft). Und umgekehrt, wenn ein Film allein durch den "Zahn der Zeit" voellig im Arsch ist, greift der "interne Rauschfilter des Gehirns", der "Inhalt fesselt" weiterhin.
Antwort von joe11:
Mich überrascht das Experiment nicht.
Die Reihenfolge in Sachen Auflösung war in den 80ern:
Kino, TV, Computer, Video.
Inzwischen ist es mit HDTV und BR so:
Computer, Video, Kino, TV
Mit dem zukünftigen UHDTV und 4k-Kino könnte daraus werden:
Computer, TV, Kino, Video
Möglicherweise werden diese vier Medien irgendwann die gleiche Auflösung spendiert bekommen.
Nachtrag: Die ersten Autos waren langsamer als Pferde. Selbst mit einem lahmen Gaul hätte diese noch überholen können.