cantsin hat geschrieben: ↑Mo 12 Jul, 2021 23:09
mash_gh4 hat geschrieben: ↑Mo 12 Jul, 2021 16:51
aber zum rumhacken ist es vermutlich eine hundertmal attraktivere bzw. aussichtsreichere hardware als bspw. all diese raspi-raw-video-spielereien.
Kannst Du mir das erklären? (Ernstgemeinte Frage.)
ich kann es gerne versuchen, obwohl ich mich natürlich nicht gerne in die rolle drängen lassen möchte, dieses konkrete produkt bzw. die damit verbundenen möglichkeiten völlig unrealistisch zu verherrlichen.
für mich steht es eher stellvertretend für eine größere klasse von geräten, von denen ich ja öfter spreche, wenn ich behaupte, dass wirkliche interessante alternativen für diese etwas anderen kameras, die andere eingriffsmöglichkeiten bieten bzw. mehr ähnlich mit unserer nutzung von computern aufweisen, nur aus dem consumer-massenmarkt heraus erwachsen können, weil es sonst wieder völig unbezahlbar wird od. gleich wieder vor jedem fremden zugriff abgeschottet wird.
aber bei derartigen billigen kameras, wo die hersteller ohnehin nicht sonderlich viel energien in die entwicklung stecken, gibt man sich meist auch keine große mühe, das ganze aufwendig vor neugierigen spielereien zu schützen.
[ich erleb das z.b. gerade mit diesen billugen fimi drohnen, die zwar in vielen belangen natürlich den dji-produkten nicht das wasser reichen können, aber dafür praktisch offen vor dir liegen und beliebige kreative eingriffe sehr einfach machen. das ist mir persönlich derart viel wichtiger als das bisserl mehr qualität auf seiten der etablierten platzhischen, dass ich dem aussenseiter hier den vorzug gebe. letztlich genügt das gebote dann meistens ohnehin -- was ja auch im bezug auf die hier diskutierte kamera der fall sein könnte...]
ob sich letztlich tatsächlich jemand der sache annimmt und daran herumzubasten beginnt, kann ich wirklich nicht vorhersehen.
sehr oft schon wurden ganz ähnliche möglichkeiten von niemandem genutzt.
cantsin hat geschrieben: ↑Mo 12 Jul, 2021 23:09
Aller Wahrscheinlichkeit nach kriegen wir hier ein verbasteltes Android-Gerät mit proprietär angebundener MFT-Kamera, ohne Sourcecode und API-Dokumentation, wie zuvor schon die ältere (in dem YouTube-Video besprochene) Yongnuo-MFT-Android-Kamera...
wie gesagt -- meiner einschätzung nach ist es hauptsächlich eine qualcomm snapdragon 660er plattform anwendung mit ganz wenigen kosmetischen zugaben durch yonGNUo.
das ist zwar aus sicht der open source interessierten nicht gerade eine optimale ausgangsbasis, weil qualcomm gewiss nicht zu den großen freunden und unterstützern der entsprechen freiheiten zählt, aber damit verhält es sich ja leider bei broadcom (=raspberry...) kaum nennenswert anders.
all diese SOC hersteller haben es der freien szene nie besonders leicht gemacht, obwohl sie ihrerseits von der popularität und praktischen bedeutung von linux u.co. ganz massiv profitieren.
cantsin hat geschrieben: ↑Mo 12 Jul, 2021 23:09
... und wie vor Jahren schon die eigentlich bahnbrechende Samsung NX1 APS C-Systemkamera, die ebenfalls ein komplettes Android inkl. Touchinterface unter der Haube hatte.
Trotzdem hat sich für keine dieser Kameras jemals eine Hackkultur entwickelt - einfach weil die ganzen Hardware- und Softwareschnittstellen oberhalb des Basis-Android proprietär sind, und jedes neue Modell im Prinzip erfordert, die ganze reverse engineering-Arbeit wieder von vorne zu beginnen.
ich würde dieses problem gefühlsmäßig ein bisserl anders erklären:
ein kernproblem besteht sicher darin, dass ein großteil der typischen handy-hacker, ähnlich wie fast alle programmierer im web- und video-umfeld, sich maximal auf den obersten ebenen der anwendungsgestaltung austoben, aber leider nur ganz wenige von ihnen sich wirklich auf anspruchsvollere herausforderungen der systemprogrammierung und hardwarenahen entwicklung einlassen.
android ist zwar in dieser hinsicht eine ganze gute ausgangsbasis, weil sehr vieles wenigstens offen dokumentiert und und in form von schnittstellen klar spezifiziert vorliegt bzw. mit relativ geringen einstiegshürden zugänglich ist, aber so richtig motivierend und frei ist das dortige entwicklungsgeschehen, das alleine von einem großen hersteller diktiert wird, natürlich auch nicht.
aber wie gesagt, wenn man eingermaßen ökonomisch an die sacher herangehen will bzw. mit wenig manpower und entwicklungsressoucen auskommen muss, ist es sicher sinnvoller, sich hier umnzusehen, als irgendwas weltbewegendes von grund auf neu zu erschaffen od. aber an technisch völlig ungenügendem spielzeug herumzubasteln.
cantsin hat geschrieben: ↑Mo 12 Jul, 2021 23:09
Man müsste - wenn ich mich nicht täusche - also für die Yongnuo-Kamera AFAIK erstmal à la LineageOS ein freies Android auf die Kamerahardware kriegen und dann versuchen, über reverse engineering eigene Kameratreiber zu schreiben und darüber die Kamera möglichst an das Android Camera API2 anbinden.
naja -- zuerst muss man einmal überhaupt einen entsprechenden zugriff auf das eigentliche system erhalten, was bei der derartigen abgeschlossenen consumer-devices -- android hin od. her -- oft gar nicht so einfach ist.
dann kann man schauen, wie die kamera tatsächlich angebunden bzw. ins system eingebettet ist. in dem punkt getrau ich mich aber wirklich wetten abzuschließen, dass das in mehr oder weniger der selben weise wie mit kleineren handy sensoren umgesetzt wurde, weil es derart ganz sicher am einfachsten und billigsten realisierbar ist. darauf aufbauend kann man sich dann darum kümmern, die paar freien anwendungen, die es bereits bisher zum filmen auf android geräten gibt, ggf. noch ein wenig zu erweitern, um die möglichkeiten dieses geräts noch ein klein wenig besser auszuschöpfen od. eben tatsächlich irgendwas neues schreiben, dass bspw. möglichst direkt die raw-video-daten zugänglich macht...
ausgeschlossen ist das alles nicht -- die camera2 HAL schnittstelle, zeigt zumindest ziemlich eindeutig die richtung der notwendigen reverse engineering aktivitäten, falls die bestehenden zugriffsmöglichkeiten nicht ausreichen sollten.
yonGNUo wird es vermutlich sogar ziemlich gleichgültig sein, wenn sich jemand für diese technischen feinheiten interessiert. qualcomm dürfte einem da schon weit eher in die quere kommen od. es einem zumindest nicht ganz einfach machen.
es ist halt ungefähr so wie mit den reverse engineering bemühungen rund um div. WLAN chips, wo ja selbst die hersteller der betreffenden microprozessoren entsprechende IPs zukaufen und keine informationen darüber rausrücken dürfen, aber auf umwegen dann manchmal doch -- so wie es gegenwärtig gerade in der nutcracker challenge passiert -- entsprechende aufklärungsbemühungen innerhalb der freien szene aktiv unterstützen.
cantsin hat geschrieben: ↑Mo 12 Jul, 2021 23:09
Ich sehe da doch einen erheblichen Entwicklungsaufwand für ein Gerät, das in westlichen Ländern nur schwierig erhältlich sein wird, von seinem Hersteller ähnlich schlecht gepflegt werden wird wie andere typische chinesische Gadget-Smartphones auch, und das maximal zwei Jahre lang auf dem Markt sein wird.
ja -- dem kann ich nicht widersprechen!
das sehe ich im grunde ähnlich...
wenn es sich wenigstens um xiaomi od. einen ähnlich ernstzunehmenden hersteller handeln würde, hätte das ganze gleich ein völlig anderes gewicht.
so ist es aber zumindest interessant, dass es bereits der dritte verbesserte anlauf dieses herstellers ist -- also, dass man die sache dort im gegensatz zu den großen konkurrenten nicht gleich aufgegeben hat, weil die entwicklung vermutlich ohnehin keine sonderlich großen summen verschlingen dürfte, und im gegensatz zu den prestigeträchtigeren herstellern auch der erwartungsdruck der öffentlichkeit und der börse eine nicht ganz so erdrückende rolle spielen dürfte.
cantsin hat geschrieben: ↑Mo 12 Jul, 2021 23:09
Während beim Raspberry Pi, auch wenn der eigentlich in jeder Hardware-Hinsicht das ungünstigere System ist (hoher Stromverbrauch, geringe Rechenpower für Bild-Signalverarbeitung, deutlich geringere Qualität des Sensors/Kameramoduls), das Betriebssystem und die Schnittstellen offen sind, sich Hacks wie CinePi vergleichsweise einfach realisieren lassen und keine oder nur wenige Anpassungen brauchen, wenn neue Generationen der Raspi-Hardware erscheinen.
ich hab ja nichts gegen raspis und all die leute, den auf diese weise die ersten schritte im hardwarenahen computer-basteln ein wenig leichter zugänglich und und schmackhaft gemacht wird, aber für diesen zweck halt ich diese lösung einfach für derart inadäquat, dass ich gar nicht viel worte darüber verlieren will.
realistische bzw. angemessene werkzeuge auszuwählen, gehört einfach unabdingbar dazu, wenn man einer solchen herausforderung tatsächlich näher kommen will.
cantsin hat geschrieben: ↑Mo 12 Jul, 2021 23:09
Wenn ich da die Geschichte des Fairphone-Projekts sehe, das in seinem Ziel eines lange nutzbaren Smartphones immer wieder dadurch zurückgeworfen wurde, dass Google mit jeder neuen Android-Major Release die Unterstützung nur weniger Jahre alter SoCs streicht und höhere Hardware-Mindestanforderungen stellt, kann ich Deinen Optimismus nicht teilen.
naja -- das fairphone halte ich in vielerlei hinsicht leider für eine ähnlich überflüssige prestige- und luxusangelegenheit, wie mit dem besitz des neuesten und teuersten iphone modells protzen zu müssen.
das pine-phone, das in der postmarketos-feature-matrix mittlerweile bereits deutlich heraussticht, finde ich dieser hinsicht schon wesentlich interessanter, obwohl es eben ganz objektiv betrachtet wirklich nur ein höchst mittelmäßiges gerät darstellt.
ich selbst verwende jedenfalls am liebesten 2-3 jahre alte einstige xiaomi spitzenmodelle, die mittlerweile von den freien lösungen ganz gut unterstützt werden, recht günstig zu erstehen sind und qualitativ noch immer beeindruckende ergebnise liefern -- also eben ungefähr das, was ich mir auch im bezug auf auf kameras wünschen würde bzw. am hier konkret diskutierten fall so spannend finde:
erschwingliche massenware, die man einfach nur in etwas abgewandelter form nutzt, um ihnen andere qualitäten zu entlocken.
wirklich problematisch an diesem raschen altern deratiger geräte ist ja eher der umstand, dass man wirklich kein gerät am netz hängen haben sollte, bei dem die software nicht mehr aktualisiert wird.
diesbezüglich hat das projekt-treble tatsächlich eine massive verbesserung gebracht -- wenn auch nicht unbedingt im hinblick auf die herstellerseitigen support, aber eben doch im rahmen der freien lösungen, die nun viel problemloser einen großteil der längerfristigen softwarepflege abdecken können.