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von andieymi » Do 23 Jan, 2020 16:52
An sich guter Film. Beeindruckend alle mal. Das Deakins-Paradigma: Bilder folgen Story ist hier allerdings auf seltsam-interessante Art durchbrochen, nicht unbedingt im Positiven. Das One-Take-Schema drückt sich da fast auf Bilder, ich hab mich die ganze erste Hälfte gefragt, ob es nicht ein besserer Film wäre, wenn sie Cuts erzählerisch könnten und (nennenswerter) auch Brennweiten wechseln. Das Theaterhafte einer einzigen gefühlten Brennweite vermeidet die permanente Bewegung gut, aber eben oft nicht ganz. Was gut funktioniert ist die Rückwärtsbewegung der Kamera, dass diese quasi sehr oft nur in die "Gehweg-Vergangenheit" der Charaktere blicken kann, tut der Story recht gut. Auch da ist das spannende, was hinter der nächsten Ecke wartet.
Man kommt dann rein, sucht(!) nicht mehr die Cuts - bei den ersten 4-5 ist so klar wo geschnitten ist, dass es dem informiertem Zuschauer eher auffällt, als dass man den immersiven One-Take kauft. Aber gut, all das fällt dem Durchschnittszuschauer eh nicht auf. Nur kennt man halt von Deakins normal keine Pans auf Objekte/Wände/Erdhaufen, die erzählerisch an Sinnlosigkeit nicht zu Überbieten sind, außer eben für den Selbstzweck da einen Cut setzen und verstecken zu können. Ist halt ein paar Mal in einem Film ok wenn's nicht auffällt, aber wenns ständig passiert merkt sogar der Durchschnittszuseher vmtl irgendwann, dass es da um keine storyrelevanten Objekte geht, beim 3. Erdhaufen.
Die Wahl von Gimbal vs. Steadicam ist die erste Hälfte der Films auch leider extrem suboptimal, die ersten 10-15min sind einzige technisch-jitterige Walk and Talks. Also genau da, wo ich im Idealfall die Technik am allerwenigsten spüren will. Ich glaube auch den Grund zu kennen, Handovers sind halt viel leichter als samt Steadicam-Operator, aber das entschuldigt halt auch nur schwer eine dauerhaft mikro-zuckende Kamera auf großer Leinwand.
Dass ein Deakins-Film mit auffallend Gimbal-schiefem Horizont im ersten Bild dann auch für Academy nominiert ist... Absicht geht anders.
Meiner Meinung nach trotzdem ein sehenswerter Film, auch wenn er den Stempel eines Experiments eigentlich nie loswerden kann.