Seite 1 von 1
[Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 13:10
von 7River
Hier ist mal ein Kurzfilmdrehbuch, das ich vor kurzem geschrieben habe.
Beschreibung: "Ein alter Mann verbringt den Großteil des Tages in seiner kleinen Wohnung. Obwohl er Familie hat, ist er vereinsamt. Einziger Lichtblick sind der Gang in den Park und das Füttern der Enten. Doch die Fütterung der Tiere wird nicht gern gesehen..."
Viel Spaß beim Lesen.
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 14:10
von -paleface-
Ich hab es mir komplett durchgelesen.
Muss aber leider sagen das es nicht unbedingt gut ist.
WARUM?
Einmal weil dort nichts neues steht. Es gibt nicht 1 Stelle im Buch wo ich gesagt hätte "das ist mal eine neue Idee".
Und dann...es ist einfach viel zu lang. Erst nach 9 Seite gibt es mal einen echten Konflikt.
Bis dahin lese ich nur "Leidensweg".
Es gibt einen Film mit Christian Bale "Rescue Dawn". Dort wird er gefoltert. Aber nur super kurz. dauert vielleicht 3 Sekunden.
Der Regisseur sagte dazu, das der Zuschauer sofort checkt was gerade sache ist. Warum also minutenlang meine Figur Leiden lassen.
Das ist aber bei dir.
Wie kann man das also jetzt umbauen.
Ich hole mal das raus aus deiner Geschichte was ich am spannendsten finde. "Ein Alter Mann will Enten füttern, aber hat Stress mit einem Ordnungshütter".
DAS ist deine Geschichte.
Wie baut man das auf:
Man zeigt erst den Opa und die Enten. der Zuschauer weiß nicht was seine BG-Story ist. Dann kommt der Beamte und es gibt einen Konflikt.
Vielleicht denkt sich der Opa immer wieder Dinge aus wie er die Enten füttern kann ohne erwischt zu werden. Die Sympathie mit dem Opa steigt von Aktion zu Aktion bei dem Zuschauer.
Am Ende aber gewinnt der Beamte...er erwischt ihn doch auf frischer Tat. der Opa bekommt Parkverbot oder irgendwie sowas.
Bis hier hin kann der Zuschauer voll mitempfinden.
SO...jetzt kommt aber der Twist. Der Beamte erfährt nun davon das der Opa alleine ist. Einfach nichts mehr hat.
Jetzt kommt die Entwicklung in beiden Figuren.
Der Zuschauer leidet auf einmal mit seiner Sympathie Figur und der Schurke wird auf Sympahtisch. Denn der Beamte schnappt sich den Opa, packt ihn ins Auto, fährt mit ihm ans Meer an eine Stelle wo 100000 Vögel sind und gemeinsam habe sie einen schönen Tag.
DANN hast du den Zuschauer eingepackt.
So....over and out!
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 14:29
von 7River
Erst einmal danke, dass Du es gelesen hast.
Ich glaube aber, Du möchtest davon was ganz anderes machen. Sicherlich, es passiert da nicht allzu viel, es geht halt mehr um eine Vereinsamung. Schön wäre es ja, wenn der Ordnungsamtler (im wahren Leben) mit ihm ans Meer fahren würde. Das wäre dann aber mehr ein Feel-Good-Movie.
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 15:14
von Darth Schneider
An 7 River
Danke fürs hochladen
Ich hab’s auch gelesen, mich hat das traurig gemacht, also ich kann nicht sagen das mir das gefällt, weil mir nichts gefällt was mich traurig stimmt. Aber es hat mich berührt, für mich funktioniert das. Ich könnte mir den Armen Mann genau vorstellen.
Ich finds Drehbuch gut, bin mir nur wegen dem Schluss nicht sicher, man könnte es auch dem Zuschauer überlassen....oder wenigstens noch die Vögel einmal zeigen, Vieleicht gibt es dort nur einen Vogel mehr, einer der wirklich heraussticht mit einer anderen Farbe......nein vergiss es dann haben wir wieder ein Happyend.
An paleface
Die meisten hervorragenden Bücher haben überhaupt kein Happy End.
Die meisten Hollywood Schinken schon, allerdings, etwas wirklich Neues sehe ich in Hollywood Filmen auch nicht, oder nur sehr, sehr selten.
Das Leben hat aber vielfach auch überhaupt kein Happy End.
Warum sollten dann Drehbücher immer nach dem gleich langweiligen Hollywood Scoolbook Muster aufgebaut sein ?
Das ist doch langweilig und heute keine Kunst mehr, oder besser gesagt, davon gibt es schon mehr als genug.
Gruss Boris
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 15:56
von -paleface-
Ich habe nicht gesagt das wir ein Happy-End brauchen.
Man kann den Film auch mit dem Tod enden lassen. Aber dann brauch es trotzdem mehr. Die Kurve von dem Drehbuch geht halt einfach nur nach unten bist Tod.
Ein Drehbuch brauch aber ein auf und ab.
Es müssen auch kleine Gute Dinge in seinem Leben passieren, damit man sie ihm später nehmen kann.
Das zweite Telefonat ist ein gutes Beispiel...das funktioniert. Weil ich ihn vermutlich im Bild dann kurz lächeln sehe, weil er sich freut...aber danach wird es ihm genommen.
Das ist eine gute Stelle.
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 16:17
von Darth Schneider
Moby Dick und der alte Mann und das Meer, haben auch kein auf und ab sondern nur ein stetiges ab. Das funktioniert auch. Kafkas Bücher sind auch ein ständiges abwärts und null aufwärts, das funktioniert auch.
Gruss Boris
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 16:41
von Framerate25
Hm....ich finde das Drehbuch absolut!
Grund: Man kann das Thema der sozialen und altersbedingten Verarmung nicht oft genug ansprechen. Und dafür ist das Drehbuch absolut gut geeignet. Es baut ein Thema auf, läßt es durch die Alltagswiederholungen festigen und ich bekam eine Vorstellung wie tief diese Einsamkeit geht. Das hintergründige Forschen nach den Gründen der zerrütteten Familienverhältnisse usw.
Wie einem langsam die letzten Stützen (Entenfüttern) des eigenen Seins, die kleinen Lichtblicke genommen werden. Bis der Horizont so dunkel wird, das die Lebensgeister und die Aufgabe zu leben, schwindet - final.
Und dazu kann das Drehbuch gar nicht gleichmäßig genug sein. Denn solche Schicksale haben wir jeden Tag mehrfach.
Ich hoffe Du bekommst das umgesetzt und teilst es hier. Würde mich sehr freuen.
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 17:06
von Darth Schneider
Kubrik zum Beispiel hat ja mit 2001 ja auch gezeigt das langsame Storys sehr wohl funktionieren können, Fellini genauso in seinen Meisterwerken genau so, wie Tati auch in seinen Filmen. Von den zahlreichen ganzen französischen Beziehungs Dramas, wo in eineinhalb Stunden absolut nix passiert fange ich hier gar nicht an zu schreiben.....
Gruss Boris
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 17:06
von -paleface-
Darth Schneider hat geschrieben: ↑Mo 05 Feb, 2018 16:17
Moby Dick und der alte Mann und das Meer, haben auch kein auf und ab sondern nur ein stetiges ab.
Das Stimmt nicht.
Alte Mann und das Meer.
Negativ: Er fängt nichts
Positiv: Er schmiedet einen Plan
Positiv: Er fängt einen Fisch
Negativ: Er verletzt sich dabei
Negativ: Er ist total kaputt
Positiv: Er kann den Fisch töten und freut sich das der Fisch Geld einbringen wird.
Negativ: Das Blut zieht Haie an
Positiv: Er kann einen Hai töten
Negativ: Er verliert seine Harpune
Positiv: Er kann trotzdem 3 weitere Haie töten
Negativ: Die Haie holen seine Beute
Positiv: Er erreicht das Land
Negativ: Er bekommt Depressionen
Positiv: Seine Aktion hat sein leben verändert. Die Menschen sehen ihn anders an. Seine Zukunft wird vermutlich besser verlaufen.
Also....bitte!
Filme müssen ein hoch und ab haben. Sonst sind sie langweilig!
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 17:12
von Darth Schneider
Ich könnte dir jetzt auch das Drehbuch von da oben so analysieren, natürlich kommt es dann auch auf die Umsetzung drauf an, was der alte Mann der das spielt dann halt daraus macht.
Was auch immer, dem einen gefällt das Drehbuch nicht, dem anderen schon....es ist doch auch Geschmackssache. Die Geschmäcker lassen sich nicht mit Drehbuchkurven und Story Anlyse, analysieren, die sind einfach verschieden. Sonst gäbe es ja keine teuren Filme die floppen.
Abgesehen davon, in, Der Alte Mann und das Meer spürt der Mann schon am Anfang des Filmes das er nie mehr an Land zurück kehren wird. Im Buch isses so.
Gruss Boris
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 17:22
von -paleface-
Ich wollte auch nur meine Meinung dazu geben. Klar kann er das so verfilmen. Ich halte ihn nicht von ab.
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 17:27
von Darth Schneider
An paleface
Ich respektiere durchaus deine Meinung ja auch. Ich denke einfach zu einem guten Drehbuch kann auch mehr dazu gehören, als eine Geschichte die nach dem immerselben Schema geschrieben wird. Schliesslich verlaufen die echten Geschichten von Menschen ja auch nicht nach dem „Wie schreibe ich ein Drehbuch“ Schulbuch.
Überigens, ich mag deine Kurzfilme und Clips, toll gemacht, Hut ab.
Gruss Boris
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 17:37
von 7River
Danke für Eure Kommentare.
Alles ist natürlichen Geschmacksache. Jedenfalls finde ich die vielen Meinungen hier sehr interessant. Ich verstehe auch, dass manche die Story zu langweilig finden. Eigentlich soll hier nur auf die Vereinsamung von alten Leuten aufmerksam gemacht werden. Darum auch der Titel und der Verlauf.
Die Idee kam mir, als ich des Öfteren ältere Leute in der Stadt, an einer bestimmten Stelle an einem Gewässer, wo auch zwei Schilder stehen, beobachtete, wie sie dort mit Freude die vielen Enten fütterten.
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 18:56
von Framerate25
Kleine erlebte Geschichte,
als ich noch in Nürnberg tätig war, fuhr ich jeden Tag morgens zur selben Zeit mit der U-bahn. Mit mir, jeden einzelnen Morgen, ein älterer Herr so um die 75 mit Mantel, Hut und Aktentasche. Er wirkte immer sehr teilnahmslos und introvertiert. Das beobachtete ich fast ein ganzes Jahr. Bis ich irgendwann ihn einfach angesprochen habe. Auf meine Frage, wo er jeden Morgen hinfährt, kam ganz überraschend die schlichte und ehrliche Antwort: Junger Mann, ich bin lange schon in Rente und allein. Ich fahre morgens seit meiner Rente mit der U-bahn und hole mir anschließend meine Zeitung am Kiosk. So habe ich zutun!
Hat mich nachdenklich gemacht. So möchte ich nicht enden. Andere Menschen auch nicht. Deswegen vielleicht gut durch solche Filme, etwas wach zu rütteln.
Also, das Drehbuch findet real statt! Es zeigt Bereiche des Lebens.
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 19:17
von -paleface-
Meine Nachbarn sind ähnlich.
Jeden Morgen machen sie das Tor zu ihrer Einfahrt auf.
Im Winter wird früh aufgestanden und Schnee geschübt.
Aber seit ich hier wohne (6Jahre) hatten die noch nie Besuch.
@Framerate25 Du sagst du willst nicht so werden....ich glaube du wirst es gar nicht merken.
Vermutlich bist du irgendwann der schrullige Typ mit der Videokamera, der alles filmt und vom Zaun ruft das 4K die einzig wahre Auflösung ist.
Für dich normal....für andere dann doch wieder plemplem.
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 19:20
von Framerate25
-paleface- hat geschrieben: ↑Mo 05 Feb, 2018 19:17
Vermutlich bist du irgendwann der schrullige Typ mit der Videokamera, der alles filmt und vom Zaun ruft das 4K die einzig wahre Auflösung ist.
Für dich normal....für andere dann doch wieder plemplem.
Mit ner gesunden Portion Lebenshumor betrachtet könntest Du recht haben. Es passiert vieles schleichend im Leben, und -PENG- ehe man sich versieht ist man der Oberspieser vor dem Herren, beispielsweise.... ;-))
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 19:43
von MLJ
@7River
Ich habe dein Drehbuch gelesen und finde es sehr gut auch wenn es noch viel mehr Spielraum für mehr Dramaturgie hat. Von mir auf alle Fälle ein fettes "Daumen hoch", auch für den Mut sich so einem Thema zu widmen, Respekt.
Cheers
Mickey
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 20:03
von 7River
Danke, Mickey. Ja, am Drehbuch könnte man noch was verbessern. Stimmt.
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 20:47
von sanftmut
Ich finds gut.
Danke fürs Zeigen.
Re: [Drehbuch] Abseits
Verfasst: Mo 05 Feb, 2018 22:25
von wabu
Ich finde es sehr melancholisch - und es ist gut darstellbar für eine no Budget Produktion.
Oder auch um sich mal an einer Geschichte zu versuchen.
Da ich im 72. Lebensjahr bin mache ich mir keine Sorgen ob das meine Zukunft sein kann.
Für die jungen Menschen: Im Alter fährt man sinngemäß die Ernte seines Lebens ein.
Um so zu leben wie der Protagonist - da fängt die Lebensgeschichte viel früher an. Carpe Diem