wp hat geschrieben:Nochmals: Du brauchst _unbedingt_ eine externe Sucherlupe über dem Display. Ohne Sucherlupe bleibt alles Fokussieren genau das beknackte Ratespiel, das du beschrieben hast.
Unterm Strich bleibt das manuelle Fokussieren mit DSLRs und ihren Foto-Objektiven
ein etwas nerviges Gebrezel und Gefrickel;
DSLRs sind halt in erster Linie Fotoapparate, deren Objektive entsprechend funktionsgerecht konstruiert sind,
mit relativ kurzen Fokus-Verstellwegen (damit der Autofokus im Foto-Betrieb ordentlich Gas geben kann).
Beim szenischen Drehen mit viel Zeit
oder mit entsprechendem (auch nicht ganz billigem) Aufgerigge
lässt sich das manuelle Fokussieren an der DSLR schon irgendwie hinbekommen,
aber Spaß an der Arbeit sieht für mich doch anders aus …
Insofern bin ich immer dezent erstaunt über etwa manche Messereportage-Videos
im Netz von durchaus reputierlichen Websites,
deren Produzenten zur DSLR griffen (sogar für Interviews, bei diesem hektischen Betrieb!) –
diese Videos weisen gerne auch ein wunderschönes Bokeh und eine »filmische« DoF auf,
aber oft und genauso gerne ist der Fokus auch komplett verseibelt.
Resultat:
Null Punkte in der Pflicht, zur Kür kommt es da gar nicht mehr …
Zumindest in ENG-/Run’n Gun-Situationen empfinde ich da
eine dedizierte Videocam als deutlich angenehmer, allein vom Handling her,
von der »beabsichtigten« Funktionssicherheit her gesehen sowieso –
es gibt da halt Szenen, die kannst Du nur einmal einfangen,
und schon geht es weiter, zum nächsten Messestand
(das Beispiel lässt sich leicht übertragen auf Veranstaltungen aller Art mit viel Bewegung,
ergo: mit permanenter Verlagerung der Schärfeebene) –
auf den Kameramenschen nimmt da keiner Rücksicht,
das muss einfach klappen, die Leute vor der Kamera sind ja auch unter Adrenalin …
Bei Videocams hingegen ist das Bild fast immer scharf, ja, auch der Hintergrund – et alors?
Dafür ist das Risiko sehr gering, eine wichtige Aufnahme komplett zu verbaseln.
Oft lasse ich sogar den Autofokus durchlaufen (da bin ich Schwein),
halte aber dafür die Kamera stabil, ohne hektisch am Fokus-Ring rumzukurbeln und mir Wackler einzufangen.
Ausschussquote bisher, nach drei Jahren: selten über fünf Prozent.
Bei einem später zwischengeschnittenen Pack-/Product-Shot kannst Du immer noch schnell
auf manuellen Fokus umschalten (per mechanischem Schalter)
und die Schärfeebene nachjustieren.
Klappt erstaunlich gut, besonders im SW-Modus mit Focus-Peaking ;-)
Zudem würde mich als Zuschauer bei einem Messe-Interview
vor allem die Aussage des Befragten interessieren,
nicht die künsterlisch ambitionierte, millimeterfeine Schärfeebene –
wenn die nämlich nicht sitzt, dann ist die ganze Aufnahme für die Tonne …
Das Experiment »DSLR und manuelles Schärfeziehen bei ENG-Einsätzen«
habe ich schon vorletztes Jahr beendet – geht gar nicht.
Es sei denn, eine zweite Kamerafrau/ ein zweiter Kameramann läuft völlig stressbefreit mit
und hat alle Zeit der Welt, das Setting vorzunehmen …
Solche Aufnahmen lassen sich dann in der Tat wunderschön reinschneiden,
vom Farbabgleich mal abgesehen, dat is ok noch ’n beten Arbeit …
Grundsätzlich, bei szenischen Drehs oder viel Zeit:
DSLR und manueller Fokus können klappen, erfordern aber nervigen Aufwand.
Bei Reportageeinsätzen spricht alles klar für eine dedizierte Video-Cam.
Dennoch wünsche ich dem TO viel Glück und Erfolg bei seinen weiteren Projekten – und Langmut!